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Nr. 029: Aussichten wieder optimistischer, Investitionsneigung fehlt jedoch Dynamik

12. Mai 2023/ „Die Stimmung der heimischen Wirtschaft hellt sich etwas auf. Der extreme Pessimismus der vergangenen zwölf Monate schwindet merklich. Von einem spürbaren Aufschwung ist allerdings noch nichts zu spüren. Die scharfe Zinswende der Zentralbanken bremst das Wirtschaftswachstum. Die weltwirtschaftliche Gemengelage bleibt fragil. Stabile Verhältnisse fühlen sich anders an.“ Mit diesen Worten kommentiert IHK-Präsident Walter Viegener die Ergebnisse der neuesten IHK-Konjunkturumfrage, an der sich 496 Unternehmen mit mehr als 36.000 Beschäftigten aus Industrie, Bauwirtschaft, Handel und Dienstleistungsgewerbe in den Kreisen Siegen-Wittgenstein und Olpe beteiligten. 

Der Konjunkturklimaindex – er ergibt sich aus Lagebeurteilung und Erwartung – steigt um fünf Punkte auf einen Wert von 107. Damit liegt er erstmals seit einem Jahr wieder über dem Mittelwert der letzten 20 Jahre (105). Während die aktuelle Geschäftslage etwas schlechter bewertet wird als noch zu Jahresbeginn, steigen die Zukunftserwartungen in nahezu allen Wirtschaftszweigen. 32 % der Unternehmen berichten von guten Geschäften, 15 % von schlechten. Walter Viegener: „In weiten Teilen sind die Auftragsbücher noch ordentlich gefüllt. Daher schätzt ein Großteil der befragten Unternehmen die aktuelle Geschäftslage weiterhin zufriedenstellend ein. Etliche Firmen leiden jedoch nach wie vor unter den anhaltend hohen Energie- und Rohstoffpreisen. Viele der energieintensiven Betriebe sehen derzeit kein Land.“ 

Im Gast- und Dienstleistungsgewerbe sowie in der Industrie überwiegen erstmals seit mehr als einem Jahr wieder die Unternehmen, die eine positive wirtschaftliche Entwicklung in den kommenden Monaten erwarten. Vor allem sind hierfür das Abflauen der Energiekrise, die verbesserte Materialverfügbarkeit und die etwas bessere Verbraucherstimmung ursächlich. Gleichzeitig steht die Wirtschaft jedoch von vielen Seiten unter Druck. IHK-Hauptgeschäftsführer Klaus Gräbener: „Eine Klimapolitik mit der Brechstange, die anhaltend hohe Inflation, eine zu hohe Steuerlast sowie der Fachkräftemangel blockieren einen dynamischen und wirklich wahrnehmbaren Aufschwung. Hinzu kommt eine überbordende Bürokratie, die den Unternehmen immer mehr Lasten aufbürdet. Breiter Optimismus ist daher in der heimischen Wirtschaft gegenwärtig Mangelware. Wir sind noch lange nicht über den Berg!“

Waren die sprunghaft gestiegenen Energiekosten noch bis Jahresbeginn das alles überschattende Thema, legen die Arbeitskosten, der Fachkräftemangel und die Verkehrsinfrastruktur in der Risikobewertung deutlich zu und erreichen Rekordwerte. Klaus Gräbener: „Bereits ein Drittel der heimischen Unternehmen stuft die Verkehrsinfrastruktur als wirtschaftliches Hemmnis ein. Das ,neue Deutschlandtempo‘, das der Kanzler wahrgenommen haben will, ist in den Firmen im Sieger- und Sauerland sowie in Wittgenstein jedenfalls noch nicht angekommen. Es hilft nichts, allein LNG-Terminals schneller zu bauen, wenn man für Ortsumgehungen nicht selten ein halbes Jahrhundert benötigt.“ Der Transport von Produkten und Dienstleistungen wird für die heimischen Unternehmen immer zeitaufwendiger und teurer. Was das langfristig für die Wettbewerbsfähigkeit unseres Wirtschaftsstandortes bedeutet, lasse sich leicht an fünf Fingern einer Hand abzählen. Auch daran drohe die Energiewende zu scheitern. Klaus Gräbener: „Bis sich ein Windrad dreht, benötigen wir sieben Jahre Planungszeit und danach bis zu 80 genehmigungspflichtige Schwertransporte über Straßen und Brücken, bei denen es sich in weiten Teilen um Sanierungsfälle handelt. Anders ausgedrückt: Wer in Nordrhein-Westfalen 1.000 Windräder aufstellen will, benötigt bis zu 80.000 Schwertransporte. Wie die ohne funktionstüchtige Verkehrswege ans Ziel kommen sollen, erschließt sich einem bei nüchterner Betrachtung nicht wirklich!“ 

Beschäftigungspläne rückläufig – Investitionsneigung stagniert 
Die Beschäftigungsneigung der Unternehmen aus Siegen-Wittgenstein und Olpe ist im Frühjahr leicht rückläufig. Nach dem deutlichen Anstieg zu Jahresbeginn halten sich nun die Unternehmen, die eine Zu- oder eine Abnahme der Belegschaft erwarten, die Waage. Walter Viegener: „Leider treten auch die Investitionsabsichten beinahe auf der Stelle. Zwar wollen 25 % der Betriebe in den kommenden Monaten ihre Investitionen steigern, aber 21 % der Firmen kündigen eben auch Absenkungen an. Hier hätte ich mir deutlich mehr Dynamik gewünscht. Denn nur wer an seine Produkte und seinen Standort glaubt, der investiert!“

Lageeinschätzung in der Industrie verhaltener – Blick in die Zukunft aussichtsreicher 
Die Industrieunternehmen aus Siegen-Wittgenstein und Olpe bewerten ihre Geschäftslage etwas negativer als noch zu Jahresbeginn. 28 % melden gute Geschäfte und 17 % schlechte. Die Spitzenauslastung der Produktion bleibt aber auf einem passablen Niveau. Walter Viegener: „Der in weiten Teilen der Industrie weiterhin gute Auftragsbestand und die hohe Auslastung sind erfreulich, bei den Neuaufträgen fehlt jedoch vielfach die entscheidende Dynamik. Das bereitet uns wirklich Sorgen.“ Weiterhin melden mehr als 30 % rückläufige Auftragseingänge sowohl aus dem In- als auch aus dem Ausland. Jedoch steigt die Hoffnung der Industrieunternehmen auf eine Trendwende. Erstmals seit mehr als einem Jahr überwiegen die optimistischen Zukunftserwartungen. Die Stimmung innerhalb der Industrie ist wie zu Jahresbeginn äußerst heterogen. Während die Lage im Maschinenbau erfreulich positiv ist, bleibt die Situation in der besonders energieintensiven Metallerzeugung und in Teilen der Automobilzulieferbranche angespannt und ernst. 

Lage im Bausektor ordentlich – Zukunftsaussichten aber äußerst pessimistisch
Die aktuelle Geschäftslage im Bausektor ist aufgrund des dicken Auftragspolsters ordentlich. Die positiven Einschätzungen überwiegen deutlich. Jedes zweite Bauunternehmen meldet eine aktuell gute Geschäftslage. Nur 8 % melden schlecht laufende Geschäfte. Der Blick in die Zukunft macht jedoch Sorgen, denn hier sind die pessimistischen Stimmen klar in der Überzahl. Stephan Häger, Leiter des Referates Konjunktur, Arbeitsmarkt und Statistik: „Die Entwicklung in den verschiedenen Baubereichen wird zunehmend unterschiedlicher. Der Tiefbau und das Ausbaugewerbe melden weiterhin hohe Auftragseingänge. Im Wohnungsbau sind dagegen die Auftragseingänge aufgrund des Zinsanstieges, der stark gestiegenen Materialkosten und des geringeren verfügbaren Einkommens deutlich rückläufig.“ Neben dem akuten Fachkräftemangel belasten zudem Forderungsausfälle die Branche. Für bereits mehr als 16 % stellt dies eine finanzielle Belastung dar. 

Lage im Groß- und Einzelhandel stagniert
Im regionalen Großhandel bleiben sowohl die Lagebeurteilung als auch die Zukunftserwartungen unverändert. Innerhalb der Branche ist der produktionsnahe Großhandel deutlich zufriedener mit den laufenden Geschäften als der konsumnahe Großhandel.

Die Lagebeurteilung des regionalen Einzelhandels bleibt auf dem Niveau des Jahresbeginns. 33 % der Händler bewerten ihre derzeitige Geschäftslage als gut, 14 % als schlecht. 35 % konnten in den vergangenen Monaten ihre Umsätze steigern. Die Ertragslage hat sich hingegen verschlechtert. Stephan Häger: „Zwar hat sich die Konsumstimmung ein Stück weit verbessert, sie bleibt aber verhalten. Mit den hohen Lebensmittelpreisen und Energiekosten ist das verfügbare Einkommen der Konsumenten für den übrigen Einzelhandel deutlich geschrumpft. Insbesondere der Kfz- und Modeeinzelhandel melden ein zurückhaltendes Kaufverhalten. Aber auch im Bereich Möbel und Einrichtungsgegenstände bleibt die Konsumneigung niedrig.“ Die Zukunftserwartungen sind im Vergleich zum Jahresbeginn etwas optimistischer. Die Hoffnung wächst, dass die Aussichten auf höhere Einkommen auch den Konsum beleben werden.

Gastgewerbe deutlich optimistischer 
Während im regionalen Dienstleistungsgewerbe die Lagebeurteilung unverändert bleibt, ist der Blick in die Zukunft etwas optimistischer als zu Jahresbeginn. Insbesondere die unternehmensnahen Dienstleister berichten von guten Geschäften. Im Gastgewerbe hat sich hingegen die Stimmung deutlich aufgehellt. Die Betriebe berichten überwiegend von steigenden Umsätzen und zufriedenstellenden Geschäften, wobei der Gastronomiebereich im Vergleich zum Beherbergungsbereich deutlich zurückhaltender bewertet wird. Allerdings belasten die hohen Energiekosten die Branche stark.

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Ansprechpartner

Stephan Häger

Tel: 0271 3302-315
Fax: 0271 3302400
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