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Nr. 068: „Perspektive statt Pessimismus“: Prof. Dr. Hubertus Bardt (IW) analysiert Zustand der Wirtschaft

4. Oktober 2024/ „Es gibt viele kleine Hebel, mit denen wir besser werden können. Wir sind ein innovationsstarkes Land. Hieraus können wir etwas machen!“ Prof. Dr. Hubertus Bardt zeigte in seinem Vortrag „Perspektive statt Pessimismus – kommt die Wirtschaft aus der Krise?“ vor rund 80 Unternehmensvertretern in der IHK angesichts der schwierigen konjunkturellen Lage Deutschlands einige hoffnungsvolle Lichtblicke auf. Wahrlich keine einfache Aufgabe, vor die der Geschäftsführer des Instituts der deutschen Wirtschaft sich von den einladenden Arbeitgeberverbänden Siegen-Wittgenstein und der IHK Siegen gestellt sah.

Als Kernproblem machte der renommierte Volkswirt die seit mindestens sechs Jahren anhaltende, faktische „Seitwärtsbewegung“ der deutschen Wirtschaft aus. „Problematisch an einer solch langanhaltenden Stagnation ist, dass sie das Investitionsgeschehen dämpft.“ Die Zahlen zeigten: Das Baugewerbe sacke seit 2021 weg, und auch die Bruttowertschöpfung beim verarbeitenden Gewerbe entwickle sich nach einer kurzen Erholung im vergangenen Jahr wieder zurück. Prognosen in die Zukunft berücksichtigen verschiedene Faktoren. Während sich die Leitzinssenkung positiv auswirke, bringe die starke globale Vernetzung Deutschlands derzeit Probleme: Läuft es in der Weltwirtschaft schlecht, wirke sich das unmittelbar aus. Und hier macht sich bemerkbar, dass die globale Industrieproduktion nach wie vor schwächelt. Hinzu komme, dass trotz rückläufiger Inflation das Preisniveau hoch liege. „Kurzum: Konsum und Export fallen als Nachfragetreiber aus!“, fasste der Fachmann zusammen.

Nicht nur zeigt die Industrieproduktion keine gute Entwicklung, auch die Prognosen fallen verhalten aus. Für die Gesamtwirtschaft sagen Experten für 2025 ein Wachstum von 1 % vorher, in der Industrie von 1,5 bis 2 %, vor allem die Folge einer Erholung der Weltwirtschaft und der Leitzinspolitik. Damit jedoch sei noch nicht aufgeholt, was in den zurückliegenden Monaten an Wachstum verloren gegangen sei. Handelsbarrieren, etwa durch höhere US-Zölle, stellten zudem ein beträchtliches Risiko dar und könnten das Wachstum in den kommenden Jahren um 1,2 % mindern. Sollte China reagieren, sei mit einem weiteren Rückgang zu rechnen.

„Die langfristige konjunkturelle Stagnation ist jedoch ein Indiz für bestehende strukturelle Probleme“, betonte Prof. Dr. Hubertus Bardt. „Wir beobachten eine über Jahre hinweg schwache Investitionsentwicklung. Besonders problematisch ist, dass ausländische Direktinvestitionen in Deutschland eingebrochen sind: ein Zeichen dafür, dass man nicht glaubt, dass man in Deutschland gutes Geld verdienen kann!“

Der Blick auf die industrielle Standortqualität in Deutschland zeige rückläufige Trends in den meisten Kategorien. „Bei allem, wo wir gut sind, sind wir schlechter geworden!“ Ein wichtiger Schlüssel, um Potenziale zu heben, sei der Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI). Mit ihr könne der altersbedingte Verlust an Arbeitsvolumen abgefedert und ein Beitrag zur Bruttowertschöpfung von 330 Mrd. € geleistet werden. Zudem gelte es, Potenziale im Bereich der Innovation, der digitalen Geschäftsmodelle und der Bildung zu nutzen. Mit der energieintensiven Industrie, der in der Transformation steckenden Automotivebranche und einem auch durch überbordende Bürokratie „in der Breite frustrierten Mittelstand“ machte der Referent drei große Problemfelder aus, die anzugehen seien.

„Wir können uns mit einer Konzentration auf unsere Stärken aus der Schwäche herausbewegen, wenn wir Änderungen in den Betrieben, aber auch in der Gestaltung der wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen vornehmen. Dazu müssen wir das, was wir gut können, mit den gesellschaftlichen Anforderungen an Veränderung kombinieren!“ Ziel müsse etwa sein, die Industrie stärker mit Erneuerbaren Energien zusammenzubringen.

In seiner Begrüßung zu Beginn der Veranstaltung hatte bereits Christian F. Kocherscheidt, Vorsitzender der Arbeitgeberverbände, einen Paradigmenwechsel angemahnt: Während in Deutschland lange öffentlich über den richtigen Weg diskutiert werde, schlafe der Wettbewerb nicht. „China und Indien haben uns in einigen Bereichen bereits überholt. Und Amerika ist auch nicht mehr der Partner, auf den man sich wirtschaftlich, militärisch oder außenpolitisch bedingungslos verlassen kann.“ Gefordert sei jetzt eine neue Haltung des Anpackens.

Auf die provokante Frage aus dem Publikum, weshalb Unternehmen überhaupt standorttreu bleiben sollten, hatte Mark Georg (Heinrich Georg GmbH Maschinenfabrik) eine klare Antwort: „Wir haben nach wie vor eine duale Ausbildung, um die uns andere Staaten beneiden, zukunftsgerichtete Start-ups, eine Universität vor Ort, wir profitieren von einem sicheren politischen Umfeld und befinden uns im Herzen Europas! Wir sollten nicht auf die Politik warten. Es liegt vielmehr an uns selbst, was wir aus unserer Zukunft machen!“

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Dr. Thilo Pahl

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