PDF wird generiert
Bitte warten!

Nr. 069: „Teufelskreis muss durchbrochen werden“: IHK sieht Erfolge beim Bürokratieabbau in Gefahr

4. Oktober 2024/ „Trotz verzweifelter Anstrengungen, Bürokratie abzubauen, hemmen immer wieder neu erwachsene bürokratische Lasten unternehmerisches Handeln und machen diese Bemühungen zunichte. Es ist ein Teufelskreis, der unbedingt durchbrochen werden muss.“ Dr. Thilo Pahl, Hauptgeschäftsführer der IHK Siegen, sieht im kürzlich beschlossenen Vierten Bürokratieentlastungsgesetz (BEG IV) grundsätzlich einen richtigen Ansatz. In mehr als 25 Gesetzen werden hier „Schriftformerfordernisse" abgeschafft und digitale Lösungen eingeführt bzw. akzeptiert – beispielsweise im Nachweisgesetz oder bei den Aushangpflichten im Arbeitszeitgesetz. Auch die Ausstellung von elektronischen Arbeitszeugnissen wird mit dem BEG IV möglich. Zudem werden Unternehmen durch die Verkürzung von Aufbewahrungsfristen für steuerliche Belege entlastet, wenngleich die Verkürzung nur zwei Jahre umfasst.

Diesen Fortschritten stünden jedoch viele neue Belastungen gegenüber, die auch auf die Unternehmen in den Kreisen Siegen-Wittgenstein und Olpe zukämen, betont der Hauptgeschäftsführer. Insbesondere immer neue Berichtspflichten bremsten die Unternehmen aus und sorgten vielerorts für Kopfschütteln, wenn beispielsweise eigens Personal eingestellt werden müsse, um die Dokumentationsanforderungen zu erfüllen. Heimische Unternehmen berichteten von teilweise weit mehr als 1.000 Rechtspflichten, die zu berücksichtigen seien. Mitarbeiter müssten regelmäßig geschult werden, weil sich rechtliche Vorgaben kontinuierlich veränderten; nicht selten müssten Berater beauftragt werden, unterstreicht Dr. Thilo Pahl.

Belastungen entstehen längst in der Breite der Wirtschaft durch die „Trickle-down-Effekte" des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes. Die Vorgaben gelten formal bislang nur für Betriebe ab 3.000 Beschäftigten. Tatsächlich betroffen ist aber auch der Mittelstand in der Breite: Denn diese Unternehmen werden von den größeren bei der Erstellung der Nachweisberichte einbezogen. Nach Einschätzung der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) werden allein hierdurch Entlastungen an anderer Stelle in vielen Fällen mindestens aufgehoben. Ein weiteres aktuelles Beispiel ist die nationale Umsetzung der EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung: Schätzungen der Bundesregierung zufolge werden Unternehmen hiermit bundesweit jährlich mit 1,6 Mrd. € belastet werden.

„Kostenloses Konjunkturprogramm“

„Am Ende bleiben den Betrieben immer weniger Ressourcen für den eigentlichen Unternehmenszweck. In Zeiten, in denen die Wettbewerbsfähigkeit des exportorientierten hiesigen Mittelstands enorm unter Druck steht, ist das eine verheerende Situation“, betont der Hauptgeschäftsführer und verweist auf die aktuellen Prognosen der Wirtschaftsforschungsinstitute. Demnach zeichnet sich auch in diesem Jahr kein Wachstum des deutschen Bruttoinlandsproduktes (BIP) ab. Neben hohen Energiekosten und hohen Steuern sowie dem Fach- und Arbeitskräftemangel gehört die weiter zunehmende Bürokratie zu den größten Belastungen und stärksten Investitionshemmnissen für die deutschen Unternehmen. Dr. Thilo Pahl: „Ein spürbarer Abbau von Bürokratie würde in dieser Lage wie ein kostenloses Konjunkturprogramm wirken. Betriebe würden entlastet und der Standort konkurrenzfähiger – im Grunde genau das, was wir brauchen!“

Mehr als die Hälfte der Bürokratielasten in Deutschland hat ihren Ursprung in der europäischen Gesetzgebung. Deshalb müsse auch hier Entbürokratisierung Top-Aufgabe sein, damit Unternehmen von entbehrlichen oder nicht sinnvollen Pflichten entlastet werden könnten. Bereits im März 2023 hatte sich die EU-Kommission dem Abbau von Bürokratie und der „Besseren Rechtsetzung" verpflichtet. Erste konkrete Vorschläge dazu stehen auf der Agenda der neuen Kommission. Zudem wurde eigens ein Kommissar vorgeschlagen, der ausdrücklich für eine „Vereinfachung“ von Berichtspflichten und eine einfachere Implementierung von EU-Gesetzen verantwortlich ist.

„Wichtig ist, dass bei den Betrieben vor Ort möglichst schnell Entlastungen ankommen, die in Summe auch als solche wahrgenommen werden. Andernfalls droht das Vertrauen in die Ernsthaftigkeit der politischen Anstrengungen in diesem Feld Schaden zu nehmen“, verdeutlicht Dr. Thilo Pahl.

Seiten-ID: 4688

Seiten-ID4688

Ansprechpartner

Dr. Thilo Pahl

Tel: 0271 3302 300
Fax: 0271 3302 400
E-Mail

Zum Seitenanfang springen