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Nr. 083: IHK-Vollversammlung: Unternehmen und Landesregierung tauschen sich offen zur wirtschaftlichen Lage aus

12. Dezember 2024 / Eine schonungslose Bestandsaufnahme der Wirtschaftslage in den Kreisen Siegen-Wittgenstein und Olpe war das vorherrschende Thema der jüngsten Sitzung der IHK-Vollversammlung in Siegen. Der Staatssekretär und Amtschef der Staatskanzlei NRW, Dr. Bernd Schulte, war der Einladung der IHK Siegen gefolgt und ging ausführlich auf das Stimmungsbild aus der regionalen Wirtschaft ein. Die Region büße auf breiter Basis an Wettbewerbsfähigkeit ein, brachte es IHK-Präsident Walter Viegener in seiner Einführung auf den Punkt. Hierbei sparte er nicht an Kritik, insbesondere an der Bundespolitik: „Wir haben in den letzten Monaten ein Chaos sondergleichen erleben müssen. Es wurde gestritten wie bei den Kesselflickern, getroffene Einigungen wurden am nächsten Tag über den Haufen geworfen und am selben Tag parallel zu Gipfelgesprächen mit der Wirtschaft eingeladen! Was wir aber brauchen, ist eine Bundesregierung, die handelt – und zwar schnell!“

Einige weitere heimische Unternehmer zeigten im Anschluss mit klaren Worten auf, worunter ihre Wettbewerbsfähigkeit aktuell besonders leidet. So vermisste Frieder Spannagel (Gontermann GmbH) den „politischen Mut für große Entscheidungen“. Eine spürbare Entlastung bei den Energiekosten sei dringend notwendig. Zudem brauche es eine bessere Schulbildung: „Betriebe müssen Menschen mittlerweile nachschulen, weil diese nicht rechnen können!“

Für Reinhard Quast (Otto Quast GmbH & Co. KG) ist die Lage in der Baubranche vor allem durch hohe Zinsen und Baukosten sowie eine Vielzahl bürokratischer Hürden geprägt, die zu viel zu langen Genehmigungsverfahren führten: „Tempo ist die Pest des Verfahrens!“ Bund und Land brächten regelmäßig neue Bauvorschriften auf den Weg, die gut gemeint seien, aber im Ergebnis vor allem eines erreichten: Stillstand. Eckehard Hof (Berge-Bau GmbH & Co. KG) hob die Jahrzehnte dauernden Planungszeiten im Straßenbau hervor, während Peter Dornseifer (Dornseifer Grundstücks- und Beteiligungs GmbH & Co. KG) über die Folgen der Bürokratie in der Lebensmittelbranche berichtete und beispielhaft politische „Schnellschüsse“ anführte, die am Ende stets scheiterten. „Die Aussagen finden ihre Bestätigung in den Ergebnissen der jüngsten Konjunkturumfrage: Es gibt deutlich weniger betriebliche Investitionen und zugleich mehr Unternehmen, die konkret über eine Standortverlagerung nachdenken“, unterstrich IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Thilo Pahl.

Dr. Bernd Schulte zeigte Verständnis für die drastischen Lageschilderungen und sagte zu, die Beispiele mit nach Düsseldorf zu nehmen. Die Belastungen träfen die Unternehmen zu einer Zeit genereller großer Unsicherheit, in der die globale Ordnung aus den Fugen gerate. Deutschland schaue auf einen langen wirtschaftlichen Aufschwung mit sprudelnden Steuereinnahmen zurück. In der Folge habe sich eine „Vollkaskomentalität“ ausgebreitet. „Es wurde die Illusion geschaffen, der Staat könne die Bürger vollständig von Risiken abschirmen. Damit wurden kaum erfüllbare Erwartungen aufgebaut!“ Gleichzeitig seien wichtige Investitionen, beispielsweise in die Infrastruktur, in Forschung und Entwicklung oder in die Bildung ausgeblieben.

Energiekosten, Steuerbelastung, Arbeitskosten und Bürokratielasten seien aus Sicht des Landes wesentliche Stellschrauben, um mehr Wettbewerbsfähigkeit zu erreichen. Ausführlich ging der gebürtige Sauerländer auf das Thema ein, das sich wie ein roter Faden durch die Beiträge der Unternehmensvertreter zog: die überbordende Bürokratie. Im Bereich der Verfahrensbürokratie sieht Dr. Schulte das Land auf einem guten Weg. „Wir treiben die Digitalisierung von Prozessen voran und beschleunigen Abläufe etwa mittels ‚Genehmigungsfiktion‘: Der Antrag gilt als genehmigt, wenn die Behörde nicht fristgerecht über ihn entscheidet.“

Schwieriger gestalte sich der Abbau bürokratischer Standards. Gemeinsam mit Verbänden, Kammern und weiteren Akteure sammele das Land laufend konkrete Beispiele für den Bürokratieabbau, die derzeit geprüft würden. „Für eine spürbare Bürokratieentlastung bedarf es einer breiten politischen Allianz, denn mit dem Wegfall von Regelungen entfällt häufig auch ein konkreter Schutz.“

Eine Hauptursache für die Bürokratiebelastungen liege im fehlenden Vertrauen der Politik in die Wirtschaft, hob Dr. Christopher Grünewald (Grünewald Papier GmbH & Co. KG) hervor: „Immer mehr Regelungen bedeuten immer weniger Freiräume. Das hemmt jede Entwicklung.“ Maik Rosenberg (aquatherm GmbH) ergänzte: „Auch bei den Unternehmen ist das Vertrauen in die Politik geschwunden. Wer kein Vertrauen hat, investiert nicht.“ Die Botschaft griff Dr. Schulte auf und bekräftigte seine feste Überzeugung: „Wenn Politik ideologiefreier und pragmatischer handelt, wird die Wirtschaft unmittelbar profitieren!“

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Ansprechpartner

Dr. Thilo Pahl

Tel: 0271 3302 300
Fax: 0271 3302 400
E-Mail

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