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Nr. 042: Wohnraum nicht zu Lasten von Betrieben schaffen: IHK befürchtet „Nebenwirkungen“ durch neues Wohngesetz

1. Juli 2025/ „Wir brauchen in vielen Bereichen mehr Tempo. Dazu gehört auch, den Wohnungsbau schneller voranzubringen und Wohnraum zu schaffen. Aber dies darf nicht zu Lasten von bestehenden Industrie- und Gewerbebetrieben geschehen.“ Dr. Thilo Pahl, Hauptgeschäftsführer der IHK Siegen, sieht im Regierungsentwurf für das „Gesetz zur Beschleunigung des Wohnungsbaus und zur Wohnraumsicherung“ Licht und Schatten. Zum einen sei ausreichender, geeigneter Wohnraum mittlerweile ein zentraler Standortfaktor, um Fachkräfte zu gewinnen. Zum anderen könnte dieses Beschleunigungsgesetz Gewerbe- und Industriegebiete durch Heranrücken von Wohnbebauung jedoch in ihrer Nutzbarkeit einschränken. Dr. Thilo Pahl: „Das wäre fatal: In der aktuell schwierigen konjunkturellen Situation müssen sich die Rahmenbedingungen durchgreifend verbessern und dürfen nicht noch weiter Hemmnisse aufgebaut werden.“

Die IHK zeigt sich besorgt, dass die im Gesetzentwurf vorgesehene einseitige Bevorzugung des Wohnungsbaus das Gleichgewicht zwischen Wohnen, Arbeiten und Versorgung einerseits sowie der Verfügbarkeit von Gewerbeflächen andererseits gefährdet. Der stellvertretende IHK-Hauptgeschäftsführer Hans-Peter Langer betont: „Sinnvoller als Sonderregelungen ausschließlich für den Wohnungsbau wäre eine umfassende Reform des Baurechts: Kommunen sollten besser planen können und Verfahren müssen einfacher werden.“ Je länger etwa Baugenehmigungsverfahren dauerten, desto mehr sinke die Bereitschaft, zu investieren. Wichtig seien klare Abwägungskriterien, die Nutzungskonflikte vermieden. Darüber hinaus müssten Lärmschutzregelungen so angepasst werden, dass ein verträgliches Nebeneinander von Wohnen und Gewerbe ermöglicht werde. Um bauen zu können, benötigten Investoren vor allem klare, praxisnahe und rechtssichere Rahmenbedingungen.  

Bestandsschutz für Betriebe stärken

Die geplante Änderung im Baugesetzbuch erlaubt Dachaufstockungen in angespannten Wohnungsmärkten auch ohne Bebauungsplanänderung. Das beschleunigt den Bau und ermöglicht dringend benötigten zusätzlichen Wohnraum. Allerdings könne auch hierdurch Gewerbe verdrängt werden, befürchtet Stephan Häger vom Referat Raumordnung und Planung der IHK Siegen. Denn die Wohnnutzung erhöhe die Anforderungen an den Immissionsschutz, was die Betriebe in ihrer Tätigkeit einschränken könne. „Um das zu verhindern, braucht es klare Prüfkriterien, transparente Verfahren unter Beteiligung der Wirtschaft. Ein wichtiger Baustein wäre, die Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) flexibler und praxistauglicher zu gestalten und den Bestandschutz der Unternehmen zu stärken.“

Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) weist zudem auf eine geplante Sonderregelung hin, die Wohnnutzung in Gewerbe- und Industriegebieten zulässt. Aus Sicht der IHK schafft die Regelung kaum wirksame Entlastung, gefährdet dafür schlimmstenfalls wichtige Gewerbeflächen. Wohnnutzung sollte nur in Mischgebieten erlaubt sein. „Andernfalls entsteht nur weitere Konkurrenz um die knappen Flächenressourcen. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass Betriebe verdrängt und durch strenge Immissionsschutzauflagen eingeschränkt werden“, unterstreicht Hans-Peter Langer.

Kritisch sieht die IHK auch die geplante Verlängerung einer Sonderregelung um weitere fünf Jahre bis Ende 2030: Diese ermöglicht es den Ländern weiterhin, die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten genehmigungspflichtig zu machen. Dieser Umwandlungsschutz erschwert aus Sicht der Kammer den Erwerb von Eigentumswohnungen. „Gerade in Zeiten, in denen Baukosten hoch sind und die Zahl fertiggestellter Neubauten gering ist, sind Bestandswohnungen eine wichtige Alternative“, betont Dr. Thilo Pahl. „Die Regelung jedoch hemmt Investitionen, behindert energetische Sanierungen und hält die Wohneigentumsquote niedrig. Sie sollte aus Sicht der gewerblichen Wirtschaft entfallen. Weniger ist manchmal sehr viel mehr!“

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Ansprechpartner

Stephan Häger

Tel: 0271 3302-315
Fax: 0271 3302400
E-Mail

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