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Nr. 067: Wirtschaft in Südwestfalen tritt auf der Stelle – IHKs fordern wirtschaftspolitischen Aufbruch statt Ankündigungen

3. November 2025/ Die südwestfälische Wirtschaft kommt weiterhin nicht vom Fleck. Der regionale Konjunkturklimaindex stagniert bei 87 Punkten (Frühjahr: 88). Das zeigt die gemeinsame Konjunkturumfrage der drei Industrie- und Handelskammern Siegen, Hagen und Arnsberg, an der sich 1.265 Unternehmen mit mehr als 100.000 Beschäftigten beteiligt haben. Der Herbst-Einbruch wie in den vergangenen Jahren bleibt damit zwar aus. Der angekündigte Herbst der wirtschaftspolitischen Reformen kommt aber noch nicht bei den Unternehmen an. Lage- und Erwartungswerte bleiben negativ. Die Lageeinschätzungen fallen mit einem Saldo von minus 17 Punkten deutlich schlechter aus als die Erwartungen (Saldo -8 Punkte). Insgesamt fehlen der südwestfälischen Wirtschaft aktuell eine erkennbare Entwicklungsdynamik sowie neue Impulse, um die voranschreitende Rezession zu stoppen.

„Die regionale Wirtschaft kämpft an zu vielen Fronten zugleich: Schwache Inlandsnachfrage, hohe Arbeits- und Energiekosten und die marode Infrastruktur sind dafür nur einige Beispiele“, erklärt Ralf Stoffels, Präsident der SIHK zu Hagen. In der Industrie beurteilen mehr als 40 % der Unternehmen die Geschäftslage als schlecht, nur knapp ein Fünftel sieht Besserung am Horizont. „In der Industrie verharren die Exporterwartungen im negativen Bereich – die USA fallen als verlässlicher Handelspartner aus, umso mehr braucht Europa einen starken Binnenmarkt und weitere Freihandelsabkommen“, betont Stoffels. Die exportorientierte Industrie meldet weiterhin eine schwache Auslandsnachfrage: Nur 17 % der Betriebe rechnen mit steigenden Exporten, 29 % mit Rückgängen.

Walter Viegener, Präsident der IHK Siegen, bringt es auf den Punkt: „Das industrielle Herz Südwestfalens schlägt noch – doch der Druck steigt und steigt: Der von der Bundesregierung ausgerufene ‚Herbst der Reformen‘ ist bei den Unternehmen bislang nicht angekommen. Bleiben konkrete Maßnahmen aus, droht nicht nur ein weiterer Vertrauensverlust, sondern es drohen auch verpasste Chancen. Jetzt braucht es entschlossenes Handeln: Die Stromsteuer senken, Netzentgelte reduzieren, Genehmigungsverfahren deutlich beschleunigen. Nur so gelingt die Wende, damit wir Unternehmen Investitionen und Arbeitsplätze in der Region sichern können.“

Im Baugewerbe zeigt sich dagegen eine leichte Entspannung. In keiner anderen Branche wird die aktuelle Geschäftslage so positiv bewertet. Mehr als ein Drittel der Betriebe spricht inzwischen wieder von einer guten Geschäftslage. Die Investitionsbereitschaft und die erwarteten Beschäftigtenzahlen der Baubranche nehmen hingegen wieder ab.

Während die Dienstleistungsbranchen in weiten Teilen robust aufgestellt sind, bleibt im Groß- und Einzelhandel die Stimmung äußerst düster. Jeweils etwa ein Drittel der regionalen Groß- und Einzelhändler bewertet seine aktuelle Geschäftslage als schlecht und blickt zugleich pessimistisch in die Zukunft. Anhaltende Konsumzurückhaltung, hohe Beschaffungskosten und der Personalmangel bremsen die Entwicklung aus verschiedenen Seiten.

Andreas Knappstein, Präsident der IHK Arnsberg, warnt: „Auf der einen Seite fehlt die Nachfrage - Handel und personenbezogene Dienstleistungen spüren die Zurückhaltung der Verbraucher weiterhin deutlich. Auf der anderen Seite fehlt Personal. Der Fachkräftemangel ist und bleibt eine wesentliche Wachstumsbremse – quer durch alle Branchen. Wir brauchen echte Perspektiven für den Arbeitsmarkt: Zielgerichtete Qualifizierung aus der Arbeitslosigkeit, bessere Erwerbsanreize, moderne Zuwanderung und digitale Verfahren, die Ankommen und Arbeiten beschleunigen.“

Die Umfrage bestätigt Knappsteins Befund eindrücklich: Der Fachkräftemangel wird in den Branchen, die vermehrt eine gute Geschäftslage melden (Baugewerbe, Dienstleistungen, Verkehrsgewerbe), als größtes Hemmnis für die wirtschaftliche Entwicklung genannt. Damit einher geht die Befürchtung, dass der Fachkräftemangel mit einer konjunkturellen Belebung in anderen Branchen – etwa in der Industrie – wieder zunimmt und zu einem ernstzunehmenden Engpass für die wirtschaftliche Entwicklung Südwestfalens wird.  Gesamtwirtschaftlich liegt weiterhin die Sorge über die schwache Inlandsnachfrage mit 66 % an der Spitze der Risikoliste. Dahinter folgen wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen und steigende Arbeitskosten (jeweils 61 %). Auch Energiepreise und Rohstoffkosten belasten weiterhin jedes zweite Unternehmen. Die Risiken kumulieren in einem Umfeld, das von vorsichtigem Kostenmanagement und verhaltenen Zukunftsinvestitionen geprägt ist.

Nur 17 % der Betriebe planen höhere Investitionen, 38 % rechnen hingegen mit Kürzungen. Bei der Beschäftigung erwarten 32 % eine sinkende Mitarbeiterzahl, während lediglich 8 % einen Personalaufbau planen. Gleichzeitig ist die Finanzierungslage kritisch: Seit einem Jahr bewertet fast die Hälfte der Unternehmen ihre finanzielle Situation als problematisch, jedes sechste Unternehmen berichtet von Liquiditätsengpässen, rund ein Fünftel von sinkendem Eigenkapital. Die Reserven bei vielen Unternehmen schwinden – und damit die Möglichkeiten, diese langwierige wirtschaftliche Schwächephase zu überstehen.

Die Präsidenten sehen Südwestfalen damit als Spiegelbild der gesamtdeutschen Lage: Viele Betriebe stehen noch solide da, doch der Mut für neue Projekte schwindet. Von der Bundesregierung erwarten die IHKs zügig ein deutliches Signal für Aufbruch und Entlastung – durch geringere Steuer- und Abgabenlast, weniger Bürokratie, verlässliche Energiepreise und eine Fachkräftestrategie, die in der Praxis greift. „Jetzt entscheidet sich, ob Vertrauen zurückkehrt“, betonen Viegener, Stoffels und Knappstein gemeinsam. „Südwestfalen ist bereit, in Zukunft und Wachstum zu investieren – wenn der wirtschaftspolitische Reformstau endlich aufgelöst wird.“

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Ansprechpartner

Stephan Häger

Tel: 0271 3302-315
Fax: 0271 3302400
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