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Nr. 013: IHK-Blitzumfrage zur Siegener Schullandschaft: Siegener Unternehmen votieren klar für den Erhalt der Haupt- und Realschulen

Aus Sicht der deutlichen Mehrheit der Siegener Unternehmen (86 %) sollten die drei Haupt- und Realschulen im Stadtgebiet erhalten bleiben. 13 % sprechen sich dagegen aus. 85 % der Betriebe sind der Auffassung, dass gerade Haupt- und Realschulen ihre Schüler gezielt auf die betriebliche Ausbildung vorbereiten und diese Schulformen einen wichtigen Beitrag für die Fachkräftesicherung in der Region leisten. 14 % der befragten Firmen teilen diese Aussage nicht. Das sind zentrale Ergebnisse einer Blitzumfrage der Industrie- und Handelskammer Siegen bei 211 Siegener Unternehmen. Das Meinungsbild der Siegener Unternehmerschaft ist klar: Ein Schulsystem, das allen Begabungen gerecht wird, sollte demnach beibehalten werden. Die Sorge ist groß, dass es zukünftig noch schwieriger werde, die Ausbildungsplätze mit geeigneten Schulabgängern zu besetzen. „Die erwarteten Nachteile für die betriebliche Erstausbildung sind offenkundig. Wenn für alle Schüler der Weg zum Abitur geöffnet wird, werden auch immer mehr den Versuch unternehmen, diesen Abschluss zu erzielen. Es ist bis heute nicht erkennbar, dass diese jungen Menschen anschließend in nennenswertem Umfang in der betrieblichen Erstausbildung landen“, bilanziert IHK-Hauptgeschäftsführer Klaus Gräbener. 

78 % der an der Umfrage mitwirkenden Betriebe befürchten, dass durch die Beschränkung auf zwei Schultypen – Gesamtschule und Gymnasium – der Trend zur Akademisierung verstärkt wird. „Die Veränderung in nur noch zwei Schultypen birgt die Gefahr, dass Eltern sowie vor allem Lehrer noch stärker den akademischen Weg als erste Wahl in Betracht ziehen“, lautet einer von zahlreichen Hinweisen der Unternehmen hierzu. 77 % der befragten Unternehmen sind der Meinung, dass sich die Vorbereitung auf den Berufseinstieg hierdurch nicht verbessern wird. 

„Selten erhielten wir bei einer von uns durchgeführten Umfrage derart viele begleitende Kommentare“, erläutert Klaus Gräbener. „Auch wenn sich die Unternehmen für die Beibehaltung der Haupt- und Realschulen aussprechen, bedeutet dies jedoch nicht, dass sie sich pauschal gegen den Schultyp Gesamtschule positionieren.“ Vielmehr hegten sie Zweifel an einer hinreichenden Ausstattung zur praktischen Umsetzung des Gesamtschulansatzes. „Eine Gesamtschule ist grundsätzlich eine gute Sache, allerdings wird das Konzept nur selten wirklich erfolgreich umgesetzt, da es nicht nur an Lehrkräften generell, sondern auch an Sonderpädagogen aller Art zur Unterrichtsbegleitung mangelt“, gibt ein Unternehmer zu bedenken. Ein weiterer Betrieb mahnt, dass eine Diskussion, die sich nur um die Schulform drehe, nicht zielführend sei. Vielmehr müsse mehr in die Schülerbetreuung und in vielfältige Angebote investiert werden. 

Begabungsdifferenziertes schulisches Angebot wichtig

„Jugendliche haben unterschiedliche Begabungen. Um auf diese zielgerichtet eingehen zu können, wünschen die Unternehmen offenkundig eine große Vielfalt unterschiedlicher Schulformen“, betont IHK-Geschäftsführerin Sabine Bechheim. Die IHK-Blitzumfrage zeigt: 76 % der Betriebe sehen bei einer Beschränkung ausschließlich auf Gesamtschulen und Gymnasien die Gefahr, dass die Schüler nicht ihren individuellen Entwicklungsbedarfen entsprechend gefördert werden: Leistungsstärkere könnten hinter ihren Möglichkeiten bleiben, Leistungsschwächere dagegen überfordert werden. „Eine Aufgabe der Vielfalt an Schulformen macht nur dann Sinn, wenn eine hinreichende Binnendifferenzierung im Angebot der verbleibenden Schulformen gesichert ist“, unterstreicht Sabine Bechheim. So sind immerhin 41 % der befragten Unternehmen davon überzeugt, dass für die Schüler eine Verbesserung der individuellen Leistungen auch bei einer Beschränkung auf zwei Schultypen möglich ist, wenn das schulische Angebot genügend ausdifferenziert ist. Das klare Votum der Unternehmen für den Erhalt der drei Haupt- und Realschulen fuße auf der Erfahrung, dass dies in der Praxis nicht hinreichend umgesetzt werde, berichtet die IHK-Geschäftsführerin. 

Die hohe Beteiligung an der Umfrage – 17,6 % der befragten 1.200 Unternehmen haben geantwortet – und die Fülle an differenzierten Kommentaren zeigen aus Sicht der IHK, wie sehr das Thema die Siegener Unternehmen bewegt. Der Siegener Lehrstellenmarkt hat hierbei für die Region eine herausgehobene Bedeutung. Klaus Gräbener: „Siegen geht schulpolitisch den Weg, den andere Kommunen bereits gegangen sind. Allerdings ist die Dimension eine andere: 41 % der neu eingetragenen Ausbildungsverhältnisse im Kreis Siegen-Wittgenstein entfallen auf die Krönchenstadt. Daher ist eine Positionierung der Wirtschaft in dieser schulpolitischen Diskussion notwendig. Es geht uns nicht darum, eine Schulform gegen die andere auszuspielen. Vielmehr wollen wir die Sorgen und Erfahrungen der Unternehmen in die Diskussion einbringen.“ So klagten viele Betriebe über unzureichende Mathematik- oder Deutschkenntnisse junger Bewerber. Lediglich 19 % der Unternehmen gehen jedoch davon aus, dass sich die Kenntnisse durch eine Beschränkung auf zwei Schultypen mit der Möglichkeit eines Abiturabschlusses verbessern würden. 80 % glauben dies nicht. 

Die Hoffnung der Siegener Unternehmen ist groß, dass der Ratsbeschluss wieder zurückgenommen wird. 78 % der Unternehmen erwarten, dass der eingeleitete Bürgerentscheid erfolgreich sein wird und somit die Achenbacher Hauptschule, die Realschule Auf der Morgenröthe und die Realschule Am Oberen Schloss bestehen bleiben. IHK-Geschäftsführerin Sabine Bechheim: „Eine klare Botschaft an die Politik: Sollte es aufgrund des Anmeldeverhaltens der Eltern zukünftig auf ein ‚Zwei-Säulen-Modell‘ hinauslaufen, müssen vor allem die Gesamtschulen sowohl finanziell als auch personell so ausgestattet werden, dass sie den Ansprüchen – sowohl der Schülerinnen und Schüler als auch der Eltern und der Wirtschaft – gerecht werden.“

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Ansprechpartner

Sabine Bechheim

Tel: 0271 3302-200
Fax: 0271 3302400
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