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Nr. 085: A45, Route 57, Bahnstrecken und Schwertransporte: Offener Austausch heimischer Unternehmen mit NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer

30. November 2022 / „Die Unternehmen bekommen keine Fachkräfte mehr, Auszubildende brechen ihre Lehre ab, wir haben mit Materialmangel und fehlendem Frachtraum zu kämpfen. Der volkswirtschaftliche Schaden durch die Vollsperrung der A45 beläuft sich auf mindestens 1 Mio. € – pro Tag!“ Eindringlich warb Walter Viegener bei NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer um Unterstützung in verkehrspolitischen Fragen. Gemeinsam mit einer Delegation von zehn Unternehmern aus dem heimischen Wirtschaftsraum und dem Kreisverbandsvorsitzenden des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) stattete der Präsident der IHK Siegen dem Minister einen Besuch ab, um mit ihm über die drängendsten Verkehrsfragen ins Gespräch zu kommen. Das beherrschende Thema: die A45. Ihm sei von Anfang klar gewesen, was die Vollsperrung für die Region bedeute, bis hin zu Existenzsorgen in den Betrieben, betonte Oliver Krischer: „Es ist eine Besonderheit des südwestfälischen Wirtschaftsraumes, dass verkehrliche Ausweichmöglichkeiten kaum bestehen. Hinzu kommt der unzureichende Zustand der Schienenverbindungen.“

Die Landesregierung bekenne sich bewusst zur Grundausrichtung, dem Erhalt der Infrastruktur absolute Priorität vor dem Aus- und Neubau einzuräumen. „Die Herausforderung des 21. Jahrhunderts besteht darin, die Infrastruktur des 20. Jahrhunderts zu ertüchtigen.“ Die Zuständigkeit für den Neubau der Rahmede-Talbrücke liege bei der Autobahn GmbH des Bundes. Das Land arbeite konstruktiv mit dem Bundesministerium für Digitales und Verkehr, der Autobahn GmbH sowie dem Bürgerbeauftragten und Bürgermeister der Stadt Lüdenscheid zusammen. Mit Hochdruck und in Absprache mit dem Bund würden die Schäden an den Umleitungsstrecken der Rahmede-Talbrücke so gut wie möglich behoben. Aus Sicht von Minister Krischer eine Daueraufgabe: „Das nachgelagerte Straßennetz kann den Autobahnverkehr nicht einfach aufnehmen, ohne immer wieder Schaden zu nehmen. Sonst bräuchten wir keine Autobahn!“ Eine zentrale Frage sei, die gesamte Region vom Durchgangsverkehr und insbesondere vom Schwerverkehr zu entlasten.  

Michael Kröhl, Leiter Logistik der Krombacher Brauerei Bernhard Schadenberg GmbH & Co. KG und Vorsitzender des IHK-Verkehrsausschusses, warnte hierbei vor weiteren Verteuerungen für die Betriebe. „Seit einem Jahr sagt uns niemand etwas dazu, wie der Wirtschaftsraum entlastet werden soll, der nicht nur jetzt, sondern in den nächsten Jahren mit dem immensen Wettbewerbsnachteil durch die Sperrung kämpfen muss!“ Klaus-Dieter Wolf, Geschäftsführer des Behälterbauunternehmens Robert Josef Wolf GmbH & Co. KG, wies ergänzend darauf hin, dass Kunden zunehmend nicht mehr fragten, wie ein Produkt gefertigt werde, sondern nur noch, wie es transportiert werden solle. Man habe sich für einen Nachteilsausgleich für die Region den „Mund fusselig geredet“ und auch konkrete Vorschläge unterbreitet, ohne jemals aus offizieller Stelle eine aussagekräftige Antwort erhalten zu haben, bestätigte auch IHK-Hauptgeschäftsführer Klaus Gräbener. Oliver Krischer zeigte Verständnis für die Lage der Betriebe und versprach, sich hierüber mit der NRW-Wirtschaftsministerin auszutauschen und auch auf Bundesebene entsprechende Gespräche zu suchen. 

Route 57 läuft im Planverfahren weiter

Beim Thema Route 57 machte der Minister deutlich, dass es sich um ein beschlossenes Verkehrsprojekt des Bundes handele, das im Planverfahren weiterlaufen werde. „Gleichwohl sollte allen Beteiligten klar sein, dass die Planungen angesichts der Komplexität voraussichtlich noch viel Zeit in Anspruch nehmen.“ Die Route 57 umfasst Straßenbauvorhaben in einer naturräumlich sensiblen und topografisch anspruchsvollen Region. Damit gehen besondere umweltfachliche und technische Anforderungen an die Planung einher, die es sorgfältig abzuarbeiten gilt.  Zuvor hatte Christian F. Kocherscheidt das zentrale Ziel der Route 57 erläutert: Es gelte, die besonders industriell geprägte Region Wittgenstein an die Kreisstadt Siegen anzubinden. Es fehlten Mitarbeiter, zunehmend müsse auch um Fachkräfte außerhalb Wittgensteins geworben werden. „Wir können uns nicht erlauben, nochmal jahrzehntelang auf die Ortsumgehungskette zu warten“, stellte Ingo Degenhardt, DGB-Kreisverbandsvorsitzender Siegen-Wittgenstein, klar. „Hier muss im Vordergrund stehen, den Standort zu sichern und die Beschäftigung zu erhalten. Wenn es um die Verkehrsinfrastruktur oder die Fachkräftesicherung geht, stehen Wirtschaft und Gewerkschaften deshalb Schulter an Schulter zusammen!“ Gemeinsam habe man etliche Resolutionen und Initiativen auf den Weg gebracht, „ganz bewusst auch zur Route 57, die gleichermaßen ökonomischen, sozialen und ökologischen Zielen dient!“ 

Dirk Pöppel wies hierzu auf die fatalen Umweltfolgen des jahrelangen Stop-and-go-Verkehrs in den Ortslagen hin. Mit der Route 57 ließen sich auch beträchtliche Mengen an CO2 einsparen. Der Geschäftsführer der REGUPOL BSW GmbH berichtete aus eigener Erfahrung, dass erst im vergangenen Jahr zwei vielversprechende Nachwuchskräfte wegen der schlechten Verkehrsanbindung ihre Ausbildung abgesagt hätten. „Um es klar zu sagen: Wir fühlen uns als Menschen zweiter Klasse. Während auf hessischer Seite der Landesgrenze etliche Ortsumgehungen realisiert wurden, tut sich hier nichts. Wir fühlen uns gnadenlos vergessen.“ Die Bahnverbindung, auf der zwischen Bad Berleburg und Siegen vor 100 Jahren bereits die Dampflok lediglich zehn Minuten langsamer unterwegs gewesen sei als der heutige Zug, sei keine ernsthafte Alternative. Die Menschen seien hier schlichtweg auf das Auto angewiesen. 

Weiteres Thema neben dem Ausbau der Ruhr-Sieg-Strecke und der Siegstrecke waren die schwierigen Rahmenbedingungen für Schwertransporte, die unter anderem für die Energiewende eine wichtige Rolle spielen. Peter Bender, Spedition Bender GmbH, kritisierte die „längst aus dem Ruder gelaufene Bürokratie“: „Wir stellen hier seit Jahren keine Verbesserungen fest, stattdessen sehen wir uns mit einem Wahnsinn an zum Teil absurden Regelungen konfrontiert!“ Oliver Krischer versicherte, dass mit Hochdruck daran gearbeitet werde, die Abläufe zu vereinfachen. „Die Aufgabe ist allerdings auch angesichts des Zustandes der Straßen keine einfache.“ 

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