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Presswerk Struthütten: Die Umform-Experten aus dem Süden

Text: Andrea Schumacher-Vogel, Fotos: Carsten Schmale

PWS – diese drei Buchstaben, die für die Presswerk Struthütten GmbH stehen, sind im südlichen Siegerland längst zu einem Synonym für Innovationen, Wachstum und Stärke avanciert. Ein sichtbares Indiz für dieses Stück erfolgreicher regionaler Industriegeschichte: die großen, modernen Produktionshallen im Struthüttener Wiesengrund mit ihrer prägenden grau-blauen Fassade. Sie sind Sinnbild für die Kraft, auch nach Schicksalsschlägen weiterzumachen. „Wir sind heute stärker und innovativer denn je“, betont Daniel Jud, 33-jähriger PWS-Gesellschafter und Geschäftsführer des metallverarbeitenden Familienunternehmens in vierter Generation. Die Kernkompetenz der Firma liegt in der hochtechnologischen Umformung von Edelstahl für komplexe Abgasanlagen.

Stillstand gibt es hier nicht: An den vier nah beieinander liegenden Produktionsstandorten in der Gemeinde Neunkirchen mit rund 20.000 m² Produktions- und Nutzfläche herrscht im Zwei-Schicht-Betrieb ständig emsige Betriebsamkeit. Immer in Aktion: der große stahlblaue Traktor mit Anhänger, der den internen Nachschub mit Material und Produktteilen sowie die Anbindung an das neue Logistikzentrum sicherstellt. „Die Basis unseres Betriebs ist eine ehemalige Ziegelschmiede, in der mein Urgroßvater Rudolf Schneider im Jahr 1939 die Firma ‚Schneider und Flick? gründete und ab 1959 Stanzteile produzierte“, blickt Daniel Jud zurück. Bereits 1988 etablierte PWS Robotertechnik – ein Zeichen für die weitsichtige Entwicklung.

Die Erfolge spiegeln sich auch in Zahlen wider: Die Verantwortlichen konnten den PWS-Umsatz in den letzten Jahren verdoppeln. In der Gründerzeit war der Werkzeugbau im Fokus. Auch wenn sich in den letzten acht Dekaden viel verändert hat: Dem Thema Metallverarbeitung ist PWS bis heute treu geblieben, auch nach dem Großbrand im Dezember 2016, bei dem es glücklicherweise keine Verletzten zu beklagen gab. „Wie Phönix aus der Asche“ entstand dort, wo die Brandkatastrophe eine ganze Produktionshalle mit vollautomatischer Schweißanlage vernichtete, dank Investitionen in Millionenhöhe und großartiger Teamleistung das moderne Werk 3. „Ohne unsere 190 Mitarbeiter, auf die ich mich immer verlassen kann, hätte es die tolle Entwicklung von PWS in den vergangenen Jahren nicht gegeben. Die Beschäftigten sind die Basis unseres Erfolges“, konstatiert Daniel Jud, der 2015 als 29-Jähriger die Nachfolge seines verstorbenen Vaters angetreten hatte.

Eine große Skulptur aus Cortenstahl erinnert im Wiesengrund heute an den Brand, der nicht nur das äußere Bild eines der größten Arbeitgeber in Neunkirchen veränderte, sondern auch seine „inneren Werte“. Denn im neuen Werk 3 entstand unter anderem eine Hightech-Anlage zur Produktion komplexer Abgasnachbehandlungssysteme für Dieselmotoren-Katalysatoren – sogenannter SCR-Module (Selective Catalytic Reduction). Diese Systembauteile, bei denen das Abgas mittels Harnstoffeinspritzung nachbehandelt wird, um eine Reduzierung von Stickoxid (NOx) zu erreichen, produziert PWS nach Kundenvorgaben meist für sogenannte OEMs, also Erstausrüster der Automotive-Branche. Diese Zukunftstechnologie erfordert den Einsatz und die Verarbeitung hochlegierter Stähle – eine Kernkompetenz, bei der die bestens aus- und weitergebildeten, vielfach zertifizierten PWS-Fachleute ihr Know-how in wertschöpfenden Hauptprozessen wie Stanzen und Umformung durch Tiefziehen einbringen können.

Zur Vielfalt der PWS-Wertschöpfungskette gehört die Verarbeitung verschiedenster Materialien wie Titan, Aluminium, ferritischem und austenitischem Edelstahl, unlegiertem Stahl und Nickel-Chrom-Eisen-Legierungen. Zum Portfolio gehören auch Fertigungsverfahren wie MAG-, WIG-, Laser- und Widerstandsschweißen, Kleben, Montieren sowie 2D- und 3D-Laserschneiden, die auf hochmodernen Anlagen umgesetzt werden. Das Technologienetzwerk umfasst zudem Oberflächentechnik, Wärmebehandlung, Metallurgie, Löten und Glühen sowie die werkseigene Herstellung von Draht- und Rohrbiegeteilen. Der Vorteil: PWS genießt bei seinen meist langjährigen Kunden aus verschiedenen Automotive- und Non-Automotive-Branchen hohes Vertrauen und gilt oftmals als Referenzunternehmen. Die spezifischen Aufgabenstellungen seiner Kunden kann der Mittelständler durch zielführende Projektierung, flache Hierarchien, strukturierte Organisation und fehlerminimierendes Qualitätsmanagement lösen.

„Wir sind nicht die größten Zulieferer. Also müssen wir besonders flexibel sein und qualitativ ausgereifte Produkte liefern“, erklärt Daniel Jud seine Erfolgsstrategie. Dazu gehört auch, mehr als 80 % aller benötigten Betriebsmittel in Eigenfertigung herzustellen sowie eine hauseigene Konstruktions-, Werkzeugherstellungs- und Prototypenabteilung vorzuhalten, die in Handarbeit maximale Erkenntnisse einer späteren Serienumsetzung liefert. Das Familienunternehmen ist langjähriger Spezialist bei der Verwendung und dem präzisen Handling der kompliziert zu verarbeitenden Leichtbauwerkstoffe Aluminium und Titan – zwei Hightech-Metallen für die zukunftsorientierte Batterie- und Akkugehäuseherstellung, die speziell in Leichtbau- und Hybridfahrzeugen zum Einsatz kommen.

„Als Dienstleister liegt unsere Stärke in der Vielfalt unserer Produkte, Materialien und Möglichkeiten sowie unseren breit aufgestellten Geschäftsfeldern in Symbiose mit höchsten Qualitätsstandards und Innovationen“, tritt der PWS-Chef den komplexen Qualitätsanforderungen seiner Kunden mit Optimismus entgegen. Als Entwicklungspartner steht das Team seinen Kunden von der ersten Produktidee bis hin zur Serienreife zur Seite. Stärke durch Vielfalt – das lässt sich auch an der Kundenliste namhafter deutscher und europäischer Spitzenunternehmen sowie der Umsatzaufteilung ablesen: Kunden aus der Automobil-Branche machen rund 25 % des PWS-Umsatzes aus. Dazu gehören etablierte Automobil- und Lkw-Konzerne, System- und Komponentenlieferanten sowie regionale Partner. Des Weiteren produziert die Presswerk Struthütten GmbH zahllose Spezialteile für die Hersteller von Baufahrzeugen und Traktoren, Lastkraftwagen, Transportern und Schienenfahrzeugen. Namhafte Firmen für Heiztechnik, Maschinenbau oder Sonderanwendungen zählen ebenfalls zu den renommierten Kunden. Das neue Logistikzentrum in einer naheliegenden ehemaligen Kupferhütte macht dank einer ausgeklügelten, digitalen Kommissionierung und eines aufwendigen, sicheren Logistikkonzeptes einen fehlerfreien, weltweiten Versand der Produkte möglich.

„Technische Neuerungen und Innovationen sind für uns ein Muss. Bei dieser kontinuierlichen Entwicklung setzen wir auf die Balance aus der Erfahrung unserer etablierten Kräfte und der Kreativität unseres Facharbeiter-Nachwuchses“, versichert Jud. Derzeit weiß das Unternehmen zwölf Auszubildende in seinen Reihen. Sie erwerben in der werkseigenen Lehrwerkstatt die für den Job bedeutenden Kompetenzen. „Facharbeitermangel können wir so vermeiden. Ich bin seit 33 Jahren im Unternehmen“, betont der Geschäftsführer lächelnd. Daniel Jud ist in dem Familienunternehmen, das früher seine Eltern leiteten, großgeworden. Ein lockerer, kollegialer Umgangston mit allen Mitarbeitern und hohe Präsenz gehören genauso zu seiner Philosophie wie eine offene Kommunikation. Der junge Unternehmer verkörpert aber auch noch eine langjährige Leidenschaft: den Trial- bzw. Enduro-Motorsport. Im vergangenen Jahr machte er die PWS Offroad GmbH in unmittelbarer Nähe zum neuen Logistikzentrum zu einem Teil von PWS. „Eine spannende, lehrreiche Gründungszeit“, bekennt er. Auch hier setzte er auf Vielfalt: Im neuen Offroad-Shop und in der dazugehörigen Werkstatt vertreibt, optimieren und reparieren PWS-Offroad-Mitarbeiter Jens ter Jung, langjähriger erfolgreicher Trialfahrer, und sein Team Trial-Motorräder, E-Bikes, Trial-Bikes, Kids-Bikes und Zubehör. Sie führen aber auch Fahrwerkumbauten bei Offroad-Fahrzeugen durch. Das Areal der PWS Offroad GmbH, das auch ein großes Trainings-Gelände umfasst, war 2019 Schauplatz der Deutschen Trial-Meisterschaften und ist Heimat des erfolgreichen PWS-Trial-Rennteams.

Daniel Jud fungiert gemeinsam mit seiner Mutter Sabine Jud als Gesellschafter und Geschäftsführer. Ihre gemeinsame Strategie: „Unsere Stärke als Familienunternehmen mit überschaubarer Größe beruht darauf, dass sich hier jeder Mitarbeiter mit Ideen, Kreativität, Loyalität und Engagement einbringen kann.“ Ein Wir-Gefühl, das man sieht, denn die Marke PWS mit ihrem blauen Logo tragen fast alle Mitarbeiter auf ihrer Arbeits- und Freizeitkleidung. Die beiden Geschäftsführer sind sich einig: „Ohne den Rückhalt unserer Mitarbeiter wäre die vielfach schicksalhafte Historie des Presswerks nicht so positiv verlaufen. So aber haben wir alle mitgeschrieben an einer echten Erfolgsgeschichte im Süden.“

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Ansprechpartner

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