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Frauen in Führungspositionen: Ein Gewinn für Unternehmen

Text: Monika Werthebach, Fotos: Carsten Schmale (4), Werkfotos (3)

Längst vorbei sind die Zeiten, in denen Unternehmertum als ein vorrangig männliches Privileg galt. Die Politik fordert und fördert die Chancengleichheit für Frauen in Führungspositionen. Auch in der Region finden sich immer mehr weibliche Kräfte in den Chefetagen – ob als Gründerin, durch beruflichen Aufstieg oder als Nachfolgerin in traditionsreichen Familienbetrieben.

Die gesellschaftliche Akzeptanz von Frauen in Führungspositionen ist eine Errungenschaft vergangener Jahrzehnte, an der couragierte Unternehmerinnen wie Käte Ahlmann großen Anteil hatten. Die Stahlfabrikantin gründete 1954 gemeinsam mit 30 Gleichgesinnten ein Netzwerk speziell für Frauen in der Wirtschaft. Unter dem Namen „Vereinigung von Unternehmerinnen“ gewann der Zusammenschluss rasch Mitglieder und entwickelte sich innerhalb weniger Jahre zu einem etablierten und international vernetzten Wirtschaftsverband, der heute als Verband deutscher Unternehmerinnen (VDU) agiert.

Auch zuvor hatte es bereits erfolgreiche Geschäftsfrauen gegeben. Doch diese markierten aufgrund vorherrschender gesellschaftlicher Rahmenbedingungen eher Einzelfälle. Ein prominentes Beispiel ist Margarete Steiff. Als an den Rollstuhl gefesselte Frau setzte sie sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gegen alle Widerstände durch und legte den Grundstein für ein Unternehmen, das bis heute einen ausgezeichneten Ruf genießt. Die von ihr erfundenen Teddybären haben mehrere Generationen von Kindern begleitet. Heutzutage haben es Frauen einfacher als damals. Dennoch sind sie in den Führungsriegen weiterhin deutlich unterrepräsentiert. An mangelndem Know-how kann es kaum liegen, denn keine Generation zuvor hatte leichteren Zugang zu Bildung. Demzufolge sind Frauen so gut qualifiziert wie nie zuvor. Sich beruflich zu verwirklichen und dabei Beruf und Familie zu vereinbaren, ist für viele Normalität. Zudem haben schon die Mütter und Großmütter der heute 20- bis 30-Jährigen einen Beruf ausgeübt. Sie halten folglich ihre Töchter zu einer qualifizierten Ausbildung an. Auch die Rahmenbedingungen sind für die Frauen der heutigen Generationen besser als noch vor einigen Dekaden. Längst ist es selbstverständlich, sich von einer Ärztin behandeln zu lassen, sich von einer Rechtsanwältin beraten und vertreten zu lassen oder an der Universität die Vorlesung einer Professorin zu besuchen. Zu keiner anderen Zeit hat es mehr Unterstützung und Förderprogramme für Frauen gegeben. Mit gezielten Initiativen für Gründerinnen und der Unterstützung weiblichen Unternehmergeistes folgt auch das Bundeswirtschaftsministerium dem Leitbild der Sozialen Marktwirtschaft, das soziale Gerechtigkeit als Grundstein für die Teilhabe aller am Wohlstand begreift. Zudem hat sich das Frauenbild der meisten Männer – und damit der Partner, Mitarbeiter oder Kollegen – zum Positiven gewendet.

In vielen traditionellen Familienbetrieben ist es inzwischen selbstverständlich, die Töchter oder Schwiegertöchter für eine Nachfolge in der Geschäftsleitung vorzubereiten. Als Unternehmerinnen schaffen und erhalten Frauen Arbeitsplätze und übernehmen Verantwortung. Hätte sich beispielsweise Daniela Damm nicht dazu entschlossen, das Familienunternehmen Reinhold Damm Galvanik GmbH & Co. KG in Attendorn trotz herber Schicksalsschläge weiterzuführen, wäre ihr nicht nur die eigene Existenzgrundlage abhandengekommen. Sie hätte auch die langjährigen Mitarbeiter entlassen müssen. Die gelernte Werkzeugmacherin hatte ursprünglich keine Karriere als Unternehmerin im Sinn, als sie in den Familienbetrieb einheiratete. Solange die Kinder klein waren, half sie stundenweise im Büro aus, hatte aber nur wenig Einblick in das operative Tagesgeschäft, das ihr Mann und dessen Vater führten.

Die Situation änderte sich schlagartig, als ihr Mann im Jahr 2005 völlig unerwartet verstarb. Von heute auf morgen musste sie über die Geschicke des Unternehmens entscheiden. Die beiden Töchter waren damals gerade einmal acht und elf Jahre alt und brauchten ihre Zuwendung mehr als zuvor. Unterstützung erhielt Daniela Damm von ihrem Schwiegervater, der sie ermutigte, in die Geschäftsführung einzusteigen. Er wies sie in die wichtigsten Vorgänge ein. Viel Zeit blieb ihm dafür allerdings nicht, dann bereits ein Jahr später erlag er einer schweren Erkrankung. Auf sich allein gestellt, führte die Geschäftsfrau den Betrieb weiter, bis 2010 ein durch Kurzschluss ausgelöster Großbrand die gesamte Produktion vernichtete. „An diesem Punkt habe ich tatsächlich gezweifelt, ob ich weitermachen soll“, erinnert sich Daniela Damm. Es sei ohnehin schwierig genug gewesen, Betrieb und Familie unter einen Hut zu bringen. Die Unternehmerin spürte jedoch eine große Verantwortung für die Mitarbeiter, die ihr in den schwierigen Jahren zuvor loyal zur Seite gestanden hatten. „Ich konnte die Leute doch nicht einfach auf die Straße setzen“, erklärt sie rückblickend. Nach monatelanger Bauzeit lief die Produktion wieder an. Glücklicherweise hielten auch die meisten Kunden Damm Galvanik die Treue. Seither sitzt die Geschäftsführerin fest im Sattel. Sie findet bei den zumeist männlichen Geschäftspartnern Anerkennung. Das war allerdings nicht immer so: „Als Frau musste ich mir die Akzeptanz hart erarbeiten, indem ich mich beispielsweise auf Verhandlungen immer extrem akribisch vorbereitet habe – stets mit dem Anspruch, dem Gegenüber einen Schritt voraus zu sein. Mit diesem Vorsprung und meinem inzwischen detaillierten technischen Wissen überrasche ich die meisten Männer und kann umso besser punkten.“

Bei den derzeit 15 Mitarbeitern hat sich die Geschäftsfrau vor allem durch ihre zupackende Art großen Kredit erworben, denn sie ist sich nicht zu schade, den „Blaumann“ anzuziehen und in der Produktion anzupacken, wenn dies erforderlich ist. Auch bei privaten Sorgen der Beschäftigten hat sie ein offenes Ohr: „Ich habe ein gutes Gespür für Stimmungen und hake umgehend nach, wenn mir Veränderungen auffallen. Schließlich möchte ich, dass sich jeder in der Firma wohlfühlt.“ Ohne ihr Team laufe gar nichts. Daher sei es ihr wichtig, allen Mitarbeitern mit demselben Respekt zu begegnen, den sie umgekehrt auch ihr gegenüber erwarte. Hilfe erhält Daniela Damm inzwischen von ihren beiden Töchtern, die als dritte Generation in den Fachbetrieb für Trommelverzinken eingetreten sind. Zusammen bilden die Frauen ein gut eingespieltes und harmonisches Trio. Stefanie Damm ist gelernte Industriekauffrau und Betriebswirtin. Seit 2012 kümmert sie sich als Prokuristin um die kaufmännischen Belange des Betriebs. Ihre Schwester Jana hat sich nach einer ersten Ausbildung in einer völlig anderen Branche dazu entschlossen, eine technische Lehre als Galvaniseurin zu absolvieren. Geplant ist, dass sie zukünftig die Betriebsleitung übernimmt und sich die Geschäftsführung mit ihrer Schwester teilt.

Auch in der Wittgensteiner Baumwoll-Weberei Hugo Griesenbeck GmbH & Co. KG in Bad Laasphe lenkten sowohl in der Vergangenheit als auch gegenwärtig Frauen die Geschicke. „Durch familiäre Schicksalsschläge hat das Unternehmen mehrere Wechsel von männlicher und weiblicher Führung erlebt“, berichtet die derzeitige Geschäftsführerin Katja Griesenbeck. Ihr Urgroßvater sei früh verstorben und auch ihr Vater verunglückte als relativ junger Mann. „Daher waren immer die Frauen gefordert.“ Schon früh war ihr klar, dass sie unternehmerisch tätig sein wollte. Nach einem Ingenieurstudium führte sie die Firma viele Jahre lang zusammen mit ihrer Mutter. Heute teilt sie sich in vierter Generation die Verantwortung mit ihrem jüngeren Bruder Hugo Philipp Griesenbeck. Er kümmert sich um den operativen Betrieb und sie betreut das Personalwesen sowie den kaufmännischen Bereich. Strategische Konzepte erarbeiten beide gemeinsam. „Die Blickwinkel auf eine Sache sind doch oft aus männlicher und weiblicher Sicht sehr verschieden. In einem kleinen Familienunternehmen ist die Kombination aus Fakten und Intuition häufig der Schlüssel für zielführende Entscheidungen“, beschreibt die Geschäftsführerin.

Auch im Betrieb setzt die erfahrene Unternehmerin auf eine bunte Mischung aus weiblichen und männlichen, jungen und älteren Mitarbeitern. „Frauen erhöhen die Meinungsvielfalt. Sie setzen auf Teams und ein gutes Miteinander – oft auch über Bereiche und Ebenen hinweg – und prägen dadurch entscheidend die Unternehmenskultur“, bekräftigt sie. Dies fördere den Erfolg des Betriebes und den Zusammenhalt, den auch die langjährige Betriebszugehörigkeit der Mitarbeiter dokumentiere. Aufgrund der familiären Unternehmensführung nimmt Katja Griesenbeck ganz selbstverständlich am Leben ihrer Angestellten teil: „Man sieht sich oft und hat persönlichen Kontakt. Ein wertschätzendes Miteinander ist mir wichtig.“ Die weicheren Komponenten erlangten einen immer höheren Stellenwert in der Unternehmensführung. In diesem Punkt sehe sie einen klaren Vorteil von Frauen in der Führungsverantwortung.

Nach Möglichkeit möchte sie den Mitarbeitern flexible Arbeitszeitmodelle anbieten, denn die Vereinbarkeit von Familie und Unternehmertum ist auch für die Geschäftsführerin selbst nicht immer einfach: „Den Ausgleich zu finden, ist eine meiner größten Herausforderungen. Das bedingt klare Grenzen und ein gutes Zeitmanagement. Für mich steht allerdings die Familie immer an erster Stelle. Das gestehe ich auch meinen Mitarbeitern zu.“ Eine weitere Erkenntnis wirkt sich auf Katja Griesenbecks Führungsstil aus: „Mein Erfolgsrezept ist die Freude am Job. Ich arbeite gerne – und das treibt mich an, auch in schwierigen Zeiten durchzuhalten und nach Lösungen zu suchen.“ Daher will sie ihre Mitarbeiter vor allem mit guten Arbeitsbedingungen motivieren. Besonders die junge Generation sei nicht mehr ausschließlich auf den monetären Verdienst fokussiert, sondern lege Wert auf eine sinnstiftende, eigenverantwortliche Aufgabe und auf persönliche Lebensqualität. „Auf diese veränderten Gegebenheiten stellen wir uns ein.“

Frauen in Führungspositionen bringen viele persönliche, soziale und methodische Kompetenzen mit, die es braucht, um aktuellen Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt und in der Struktur moderner Unternehmen gerecht zu werden. Ein höherer Anteil von Frauen in den oberen Hierarchieebenen kann Betriebe erfolgreicher machen und sogar den Gewinn steigern. Das belegen die Ergebnisse einer großen internationalen Studie des Peterson Instituts for International Economics. Die Verantwortlichen fanden 2016 heraus, dass ein um 30 % höherer Frauenanteil in der Chefetage mit einem um 15 % erhöhten Netto-Umsatz einhergeht. Wirken sich also mehr weibliche Führungskräfte auf den finanziellen Erfolg aus? Diese These bestätigt die neue Studie „Women in Business und Management: The business case for change“ der Internationalen Arbeitsorganisation (englisch: International Labour Organization, ILO). Die ILO ist eine Sonderorganisation der Vereinten Nationen mit Sitz in Genf und damit beauftragt, soziale Gerechtigkeit sowie Menschen- und Arbeitsrechte zu fördern. Die Kernaussage dieser Studie, an der mehr als 12.000 Unternehmen aus 70 Ländern partizipierten, lautet: Unternehmen, die in Führungspositionen auf ein ausgeglichenes Geschlechterverhältnis setzen, sind profitabler.

Mehr als 57 % der befragten Firmen bestätigten, dass sich der Geschäftsauftritt verbessert, wenn Frauen nicht mehr unterrepräsentiert sind. Fast zwei Drittel der Betriebe, die über ein aktives Monitoring-System für Geschlechtervielfalt in Führungspositionen verfügen, konnten ihre Gewinne um 5 bis 20 % steigern. Die Mehrheit der Unternehmen erzielte Zuwächse von 10 bis 15 %. Deutlich mehr als die Hälfte der Firmen gab an, eine Verbesserung bei der Akquise und Unternehmensbindung von Fachkräften zu verzeichnen. Gut 54 % berichteten über firmeninterne Fortschritte in puncto Kreativität, Innovation und unternehmerischer Offenheit. Zugleich wurde die Außenwirkung der Betriebe positiver. Knapp 37 % der Befragten gehen zudem davon aus, die Bedürfnisse ihrer Kunden besser einschätzen zu können. „Wir sind zwar von einem positiven Zusammenhang zwischen Geschlechtervielfalt und unternehmerischem Erfolg ausgegangen. Die vorliegenden Ergebnisse übertreffen diese Erwartungen jedoch deutlich“, bilanziert Deborah France-Massin, Direktorin des ILO-Büros für Arbeitgeberfragen.

Die Resultate solcher Studien bestätigen den Kurs, den Nina Patisson, Geschäftsführerin der Albrecht Bäumer GmbH & Co. KG in Freudenberg, eingeschlagen hat. Das Familienunternehmen ist seit 73 Jahren führender Hersteller von Spezialmaschinen und Anlagen für die Schaumstoffindustrie. Erstmals steht nun eine Frau an der Spitze. Es war immer der Wunsch des Vaters, dass sie in den Betrieb einsteigt. Nach dem International-Business-Studium zog es sie zunächst nach Paris, wo sie ihre interkulturelle Kompetenz sowie die Liebe zu anderen Ländern und fremden Sprachen in ein weltweit tätiges Unternehmen einbringen konnte. Erst einige Zeit später erkannte sie, dass sie im Familienbetrieb genau das Umfeld vorfindet, das sie begeistert – innovative Produkte und internationaler Kundenstamm inbegriffen. 2011 stieg sie schließlich als Marketingleiterin in das Familienunternehmen ein. Zwei Jahre später übernahm sie als Nachfolgerin ihres Vaters Helmut Kritzler die Geschäftsführung. Zur Verstärkung holte sie ihren Schwager Jan Henrik Leisse an Bord. „Diese Kombination ist aus meiner Sicht die beste Lösung für unser Unternehmen“, betont Patisson. Obwohl – oder gerade weil – die beiden sehr unterschiedlich denken, ergänzen sie sich sehr gut. Durch konstruktive Diskussionen entwickeln sie sich stetig weiter. „Gemeinsam decken wir viel mehr Aspekte einer guten Geschäftsleitung ab, als ich es allein könnte. Beispielsweise bin ich eher risikofreudig und höre auch mal auf mein Bauchgefühl, während Jan zumeist strukturiert vorgeht. In wichtigen Entscheidungen finden wir so immer einen guten Konsens.“

Ihr Urgroßvater Albrecht Bäumer hat Nina Patisson ein großes Erbe hinterlassen. „Die Verantwortung ist immer in meinem Bewusstsein. Es hat sich von Anfang an richtig angefühlt, für das Familienunternehmen zu arbeiten“, bekräftigt sie. Seit eine Frau auf dem Chefsessel im Hause Bäumer sitzt, hat sich der Fokus auf die Arbeitgeberattraktivität verändert. „Mein Ziel ist, dass wir zu einem der besten Arbeitgeber in der Region werden. In Zukunft wird es einen verstärkten Konkurrenzkampf um qualifizierte Arbeitnehmer geben, auf den wir die Firma vorbereiten.“ Patisson hat eine junge, innovative Führungsmannschaft für den Traditionsbetrieb zusammengestellt und die Hierarchien flacher gestaltet. Sie gesteht den Führungskräften weitreichende Entscheidungskompetenzen zu. Darüber hinaus forciert sie eine wertebasierte Unternehmensführung: „Unser Erfolg ist von der Leistung, den Fähigkeiten, der Gesundheit, der Einsatzbereitschaft und der Zufriedenheit unserer Mitarbeiter abhängig.“ Daher arbeiten die Verantwortlichen an verbesserten Prozessen sowie an der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Die Geschäftsführung bietet flexible Arbeitszeiten, Homeoffice für Pendler sowie Lösungen für Mütter und pflegende Angehörige. Darüber hinaus weist die Albrecht Bäumer GmbH & Co. KG eine hohe Ausbildungsquote auf und offeriert Auslandsaufenthalte in der Tochterfirma in Amerika. Nina Patisson ist überzeugt: „Wir sind zwar in einer Nischenbranche, aber sehr innovativ unterwegs. Deshalb gehe ich gerne auch mal den unkonventionellen Weg. Es bringt Wettbewerbsvorteile, bei bestimmten Themen der Vorreiter zu sein.“

So verschieden der Werdegang von beruflich erfolgreichen Frauen ist, so sehr ähnelt sich meist ihre Grundhaltung – nämlich die Bereitschaft, Herausforderungen anzunehmen und zu meistern, Ziele konsequent zu verfolgen und dafür viele Stunden Arbeitszeit zu investieren. „Nichtstun und Stillstand sind eine Strafe für mich“, bekennt auch Nina Patisson. Die oft thematisierte Frauenpower bestehe aus einem hohen Maß an Eigenverantwortung, Mut und einem klaren Bekenntnis zu den eigenen Visionen.

Statistisch betrachtet sind frauengeführte Betriebe im Durchschnitt immer noch kleiner als von Männern geleitete Unternehmen. Weniger als ein Drittel der von der ILO befragten Unternehmen hat einen Frauenanteil von mehr als 30 % in der Vorstandsetage erreicht. Mehr als 78 % haben männliche Geschäftsführer, wobei ihre weiblichen Pendants eher in kleineren Betrieben zu finden sind. Das liegt aber nicht daran, dass Frauen keine größeren Firmen führen können oder wollen. Ursächlich ist vielmehr, dass deutlich mehr Frauen eine Selbstständigkeit in Teilzeit ausüben. Denn trotz allen beruflichen Ehrgeizes wünschen sich viele Frauen nach wie vor Familie und Kinder. Um beidem gerecht zu werden, braucht es Unterstützung seitens der Familie oder eines guten Netzwerks. Wer als Frau ebenso erfolgreich wie Männer in vergleichbaren Positionen sein und die eigenen beruflichen Pläne verwirklichen möchte, muss für seine Bedürfnisse eintreten und das unmittelbare Umfeld mobilisieren.

Das wirtschaftliche Argument für mehr Frauen in Führungsebenen sorgt jedenfalls dafür, dass vermehrt Maßnahmen und Unternehmensstrategien gestärkt werden, die die Vereinbarkeit von Beruf und Familie für beide Geschlechter fördern. Arbeitgeberorganisationen und -verbände sind im Hinblick auf die Erarbeitung wirksamer Strategien besonders gefragt. Immer mehr Unternehmer erkennen eine angemessene Frauenquote als ein fundamentales Ziel an. Denn mit den Frauen steigt der Gewinn.

Helmut Hofmann, Arbeitgeberverbände Siegen-Wittgenstein:

Tradierte Rollenbilder noch weiter überwinden

Der Mann geht arbeiten, die Frau kümmert sich um den Haushalt und die Kindererziehung. Dieses tradierte Rollenbild hat über Jahrhunderte unsere Gesellschaft geprägt. Es innerhalb weniger Jahrzehnte aufzubrechen, ist eine der großen Errungenschaften des 20. Jahrhunderts. Dazu haben viele einen Beitrag geleistet, nicht zuletzt die Frauen selbst. Aber es bleibt noch viel zu tun, um zu wahrer Gleichberechtigung zu kommen. Das hat nicht nur biologische Gründe. Nach wie vor sind weite Bereiche unserer Wirtschaft und Gesellschaft eher männlich dominiert. Stellt sich also die Frage: Könnte beispielsweise eine Frauenquote, wie sie von der Politik gefordert wird, daran etwas nachhaltig ändern? Ich denke das nicht. Eine Quote schafft keine gleichen Chancen, sie verhindert sie vielmehr. Eine Quote schafft keine Veränderung im Denken und Handeln, sie bremst es eher. Was also kann helfen? Am ehesten sind es die Rahmenbedingungen, die Entwicklungschancen und Aufstiegsmöglichkeiten möglich machen können, für Frauen wie für Männer. Eine qualifizierte Ausbildung, eine familienfreundliche Grundeinstellung von Wirtschaft und Gesellschaft, flexible Kinderbetreuungsmöglichkeiten ebenso wie flexible Arbeitsbedingungen. Alles das sind Faktoren, die es Frauen letztlich ermöglichen, sich beruflich zu entwickeln und in Führungspositionen aufzusteigen. Und immer mehr Unternehmen haben inzwischen erkannt, dass es sinnvoll ist, in diese Bereiche zu investieren.

Das ist auch die Politik der Arbeitgeberverbände Siegen-Wittgenstein. Deshalb beteiligen sie sich an Projekten zur Förderung der Familienfreundlichkeit, bieten Unterstützung bei der Personalentwicklung und schaffen mit flexibleren Tarifverträgen eben diese Rahmenbedingungen für mehr Chancengerechtigkeit. Das vor Jahren gemeinsam mit der IG Metall ausgehandelte Entgeltrahmenabkommen (ERA) für die Metall- und Elektroindustrie hat nicht nur der Unterscheidung von Arbeitern und Angestellten ein Ende bereitet. Es hat auch für klare Eingruppierungskriterien gesorgt, bei denen das Geschlecht keine Rolle spielt. Gerade die zukunftsträchtigen MINT-Berufe bieten qualifizierten Frauen heute gute Aufstiegsmöglichkeiten. Leider wirken aber immer noch in vielen Familien die tradierten Berufsvorstellungen für junge Frauen nach und verhindern vielfach eine entsprechende Karriere. Auch daran gilt es zu arbeiten. Man muss Aufklärung leisten, und das schon in der Schule.

Junge Frauen haben heute viel mehr Möglichkeiten, sich beruflich zu entwickeln, als das noch ihren Großmüttern vergönnt war. Diese Chancen sollten sie nutzen. Ihnen stehen immer mehr Wege offen. Und die Männer sollten keine Angst davor haben, dass die Frauen ihnen den Rang ablaufen.

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