PDF wird generiert
Bitte warten!

Persönlichkeitsentwicklung: Innerer Wertekompass und bewusstes Denken

Text: Patrick Kohlberger, Fotos: Carsten Schmale

Die Rolle der Mitarbeiter in Unternehmen hat sich in den vergangenen Jahren spürbar verändert. Längst zählen nicht mehr nur die messbare Arbeitsleistung und der damit verbundene ökonomische Wert der Beschäftigten. Auch die Förderung deren persönlichen Wohlbefindens rückt immer mehr in den Fokus der verantwortlichen Führungskräfte. Arbeitnehmer, denen es gut geht, sind leistungsfähig und bringen einen Betrieb voran. Wie man sie gezielt unterstützen kann, zeigen zwei Beispiele aus dem heimischen Kammerbezirk.

„Nur wer seine Ziele wirklich kennt, kann sie auch erreichen“, unterstreicht Ilka Prinz. Die studierte Pädagogin und Politikwissenschaftlerin aus Netphen hat sich unter anderem auf das Coaching für Privatkunden und Angestellte mittelständischer Betriebe spezialisiert. Mit ihrem Unternehmen „PRINZCOACHING“ begleitet sie zahlreiche Menschen auf dem oftmals schwierigen Weg, zu sich selbst und zu ihren Stärken zu finden – unabhängig davon, ob die jeweiligen Probleme beruflichen oder privaten Ursprungs sind. Wer vor großen Herausforderungen oder Veränderungen in seinem Leben stehe, müsse zunächst darüber nachdenken, was das konkrete Ziel sei. Dabei gehe es um wichtige Fragen: „Wofür will ich stehen? Wer darf ich sein, um meinen eigenen Vorstellungen entsprechen oder meine Aufgaben meistern zu können? Welches Verhalten und welche Fähigkeiten helfen mir dabei?“ Die Antworten auf diese Fragen fielen oftmals ganz und gar nicht leicht, erklärt die Expertin.

Zu oft fragten sich Menschen viel zu sehr nach dem Wie, anstatt sich bei der Lösungsfindung auf das Wer und das Was, also auf sich selbst, die eigenen Stärken und das konkret angestrebte Ziel, zu fokussieren. Es gehe unter anderem darum, individuell zu inneren Überzeugungen zu kommen, diese als Unterstützer oder Behinderer des eigenen Denkens und Handelns zu erkennen und sie bei Bedarf zu verändern. Das Coaching ziele darauf ab, dem Menschen automatisiertes Verhalten bewusst zu machen oder es zu unterbrechen, falls es nicht zielführend ist. So gelinge es, das Denken neu zu organisieren. Generell erwiesen sich viele Problemkonstellationen als eine Mixtur aus Job-Schwierigkeiten, Alltagshürden und Persönlichkeitsmerkmalen: „Das greift alles ineinander.“ Personen, die das Coaching privat in Anspruch nehmen, erläutern Ilka Prinz, die gleichzeitig auch als Trainerin Seminare gibt, zunächst in einem Vorgespräch ausführlich ihre momentane Lage – und was sich verändern soll. „Die Vorstellung davon, was eigentlich den Kern der Schwierigkeiten darstellt und welches Ziel derjenige anstrebt, ist an diesem Punkt zumeist noch diffus. Für mich gilt es, gemeinsam mit diesen Menschen herauszufinden, wohin genau es gehen soll.“ Es folgen intensive Gespräche, die den gecoachten Personen auf dem Weg in ihre neue Zukunft helfen.

Sehr viel konkreter verlaufen zumeist die ersten Sitzungen mit den Kunden aus dem Business-Bereich. Ilka Prinz ist mit ihrem Angebot eine etablierte Anlaufstelle für Mitarbeiter aus mittelständischen Betrieben. Einen wichtigen Bestandteil stellten beispielsweise die Themen „Stressbewältigung für Führungskräfte“ und „Erfolgreicher Umgang mit Veränderungen“ dar, erläutert sie. Viele Arbeitnehmer, die in eine leitende Position aufstiegen, entwickelten durch diesen Einschnitt einen inneren Konflikt. „Sie haben mit dem veränderten Rollenbild zu kämpfen. Auf einmal sind sie Vorgesetzte und müssen den ehemals gleichgestellten Kollegen Anweisungen geben. Damit kommen viele Menschen nicht gut zurecht.“

Doch auch Mitarbeiter, die keiner Führungsaufgabe nachgehen, zeichneten sich oftmals durch Unzufriedenheit aus – vor allem im Hinblick auf das subjektive Gefühl, zu wenig Anerkennung in der Firma zu erfahren oder festgefahren zu sein. Innerbetriebliche Strukturen könnten der Auslöser dafür sein. Sobald Mitarbeiter den Eindruck hätten, nur „funktionieren“ zu müssen und nicht frei agieren zu dürfen, sei das Auftreten von Problemen auf Dauer kaum noch zu verhindern. „In jedem von uns ist so viel Potenzial! Aber viele Menschen haben gar nicht die Zeit oder die Chance, sich im Job zu entfalten, da sie nur von einem Meeting ins nächste schlittern“, kritisiert Prinz. Dadurch gingen Kreativität und unbeschwertes Denken verloren. Die Spirale beginne sich zu drehen: „Für diejenigen ist der Job dann im Extremfall nur noch reiner Broterwerb. Sie haben das Gefühl, zu arbeiten, um zu überleben. Das verursacht Stress und beeinträchtigt massiv das eigene Wohlbefinden sowie den eigentlich möglichen Erfolg des Unternehmens.“

Umso wichtiger sei es, den Betroffenen wieder Sinn zu stiften und ihnen positives Gedankengut zu vermitteln, das sie dabei unterstütze, die beruflichen Herausforderungen zu meistern und seelisch zu genesen. Für Ilka Prinz und ihre Arbeit bedeutet dies, dass sie im Vorgespräch den jeweiligen Arbeitnehmer und optional die entsprechende Führungskraft sowie einen Vertreter der Personalabteilung an einen Tisch holt. Gemeinsam bespricht man die konkreten Ziele des Coachings. Daraufhin nimmt der Arbeitnehmer einige Sitzungen wahr. Ein Abschlusstermin dient dazu, die konkreten Fortschritte zu besprechen. „Wenn die Person besonders schnell mit der Situation umzugehen lernt und meine Hilfe nicht mehr benötigt, können wir die Zusammenarbeit natürlich auch früher als geplant beenden.“

In Zeiten der Corona-Krise hat Ilka Prinz ihre Angebote zu Themen wie Selbstbewusstsein, Stressbewältigung und Selbst-Entwicklung bewusst auf Online-Kanäle ausgeweitet. So finden ihre Coachings derzeit vermehrt via Internet statt. Inzwischen sind aber auch wieder Präsenztermine möglich. Doch egal, ob digital oder im direkten Kontakt: Das Vorgehen und die Zielsetzung bleiben immer gleich: „Ich möchte den Menschen helfen, über ein neues Denken ihre Gefühle und damit ihr Handeln positiv zu steuern. Wenn meine Coachees nach unserer Zusammenarbeit davon eine Idee haben und somit kraftvoller und erfolgreicher handeln, hat sich meine Arbeit gelohnt.“

Mit dem Thema Persönlichkeitsentwicklung beschäftigt sich auch die Firma HAMBL aus Olpe. Das Team um die vier Gründer Björn Müsse, Steffen Heimel, Sascha Burghaus und Antonino Alfano hat sich von Beginn an der Aufgabe verschrieben, einer ganz besonderen Zielgruppe unterstützend zur Seite zu stehen – den Auszubildenden. Die Verantwortlichen initiieren Workshops, Tagungen und Seminare, die dem Ziel dienen, jungen Menschen den Weg von der Schule in den Beruf zu erleichtern sowie ihnen gleichermaßen im Alltag Struktur und einen fundierten Wertekompass zu vermitteln. „Wenn man Mädchen und Jungen nach der zehnten Klasse oder dem Abitur fragt, wo sie sich in zehn Jahren sehen, äußern viele den gesellschaftlich etablierten Wunsch von Wohlstand, beruflichem Erfolg und einem Eigenheim“, erklärt Björn Müsse. Bei genauerem Hinsehen sähen sie jedoch mitunter, dass diejenigen Menschen, die all das erreicht haben, gar nicht zwingend glücklich und zufrieden seien. Dies führe bei den Jugendlichen zu Irritation und Unsicherheit.

Wirklich wichtig für das eigene Wohlbefinden seien – unabhängig vom Alter – in erster Linie vier Säulen: „Arbeit/Finanzen“, „Beziehungen“, „Physische und psychische Gesundheit“ sowie „Sinn und Kultur“. Diese Säulen müsse man in Balance bringen. Sobald man eine von ihnen zu sehr priorisiere oder aber vernachlässige, begännen die Probleme. Auf diesem Fundament baute HAMBL das ganzheitliche Persönlichkeitskonzept „G.E.D.A.N.K.E.“ auf. Im Einzelnen sieht das so aus: Das Team betreut Azubi-Gruppen simultan zu deren Ausbildung und lässt die Nachwuchskräfte über einen Zeitraum von zwei bis drei Jahren insgesamt acht Mal zu einem Workshop zusammenkommen. In den sehr persönlichen Gesprächsrunden herrsche ein Höchstmaß an Offenheit, unterstreicht Müsse. Die Azubis lernten sich dadurch sehr gut kennen und teilten ihre Bedenken, Nöte und Wünsche miteinander. Dies sorge für eine gute Verbindung – und trage dazu bei, Ängste abzubauen. Hinzu kommen zahlreiche Individualcoachings, in denen die Jugendlichen ihre Ansichten im Einzelgespräch zum Ausdruck bringen können. Für die Teilnehmer sei die Selbstreflexion eine herausfordernde Aufgabe. Gerade in der heutigen, schnelllebigen Zeit sei es nicht immer einfach, Sozialkompetenz zu erlangen und in der eigenen Entwicklung voranzukommen. „Wir wollen diesen Menschen den Raum zur Entfaltung bieten, der ihnen im durchgetakteten Privatleben oftmals fehlt“, berichtet Björn Müsse. Im jungen Erwachsenenalter lägen die Baustellen häufig im persönlichen Bereich. Dabei sei emotionale Reife für ein langes Arbeitsleben besonders wichtig.

Wenn junge Menschen während oder kurz nach ihrer Ausbildung kündigten, zeige sich häufig, dass eine gravierende Unzufriedenheit mit den Kollegen oder dem unmittelbaren Vorgesetzten den wesentlichen Auslöser markiere. Genau deshalb sei es so entscheidend, dass sich Unternehmen aktiv um die private Stabilität und das Wohlbefinden ihrer Beschäftigten kümmern. Dies sorge für Vertrauen und schaffe Identifikation. Aus diesem Grund bietet HAMBL die Coachings ganz bewusst nicht nur für Auszubildende, sondern auch für Vertreter der mittleren Führungsebene sowie für betriebsinterne Multiplikatoren. Darunter versteht Björn Müsse beispielsweise Trainee-Betreuer in großen Konzernen. Letztlich, konstatiert er, profitierten alle Beteiligten von einem erfolgreichen Verlauf des Coachings.

Auch über die Workshops hinaus haben die Sauerländer bereits einige Ideen umgesetzt, etwa den sogenannten „Azubi-Summit“. Dieser Aktionstag ermöglicht Auszubildenden heimischer Betriebe einen spannenden, lehrreichen und unterhaltsamen Einstieg in ihre erste Berufswoche. HAMBL bietet den Teilnehmern immer im Spätsommer einen Tag mit Gruppengesprächen, Erlebnispädagogik und jeder Menge Spaß, um die Teamdynamik zu fördern. Bei der ersten Auflage waren 55 Jugendliche mit von der Partie. Zum Repertoire des Olper Unternehmens gehören zudem auch Vorträge und Events, im Rahmen derer das Team sein Konzept einer breiten Öffentlichkeit vorstellt.

Möglich geworden ist diese erfolgreiche Entwicklung, weil die vier Gründer kurz nach ihrem Kennenlernen vor ein paar Jahren eine wesentliche Erkenntnis gewonnen haben, die sie sehr geprägt hat. Björn Müsse blickt zurück: „Wir haben uns über viele Dinge ausgetauscht und dabei festgestellt, dass uns im Job zum damaligen Zeitpunkt vor allem eines einte: negative Erfahrungen, die unsere Entwicklung bremsten und uns bis zu einem gewissen Grad unglücklich machten.“ Die jungen Männer waren seinerzeit in völlig unterschiedlichen Branchen tätig – vom Handwerk bis zur Industrie. Björn Müsse absolvierte ein duales Studium im Bereich Fitnessökonomie. „Mein Alltag bestand aus 40 Stunden Arbeit, einem hohen Lernaufwand für die Uni und einem Nebenjob, den ich leisten musste, um irgendwie über die Runden zu kommen. Dieser ging auch noch mit Führungsaufgaben einher. Ein solches Pensum geht irgendwann natürlich an die Substanz.“

Genau wie seine drei heutigen Geschäftspartner kämpfte Müsse bisweilen mit den gegebenen Umständen. Während Sascha Burghaus damit haderte, als Angestellter in einem großen Betrieb nicht sein volles Potenzial auszuschöpfen, fehlte Antonino Alfano die Wertschätzung für seine Tätigkeit im Handwerk. Steffen Heimel hatte als Lehrer bereits einige Abschlussklassen betreut und dabei den persönlichen Eindruck erlangt, dass viele Jugendliche schulmüde geworden seien – eine schlechte Basis für einen gelungenen Einstieg in das lange Berufsleben. So entstand die Idee, junge Menschen wieder fürs Lernen zu begeistern und ihnen gleichzeitig auch für das weitere Leben vieles mit auf den Weg zu geben. Das Quartett gründete wenig später sein Start-up und machte sich an die Arbeit – mit großem Erfolg. Für die Zukunft hat Björn Müsse vor allem einen ganz bestimmten Wunsch: „Persönlichkeitsentwicklung sollte aus meiner Sicht stärker in den Vordergrund der Ausbildung rücken.“ Die Impressionen aus der eigenen Arbeit mit Azubis bestätigten ihn, weiter für dieses Ziel einzustehen.

CrossMentoring – Austausch auf Augenhöhe

Die Industrie- und Handelskammern Arnsberg und Siegen organisieren gemeinsam mit dem Zentrum Frau in Beruf und Technik Castrop-Rauxel (ZFBT) ein Programm, das sich dem Thema Persönlichkeitsentwicklung in ganz besonderer Weise widmet. Das Angebot „CrossMentoring – Südwestfalen: Stark in Führung!“ dient dem Dialog arrivierter Führungskräfte und junger Nachwuchsakteure. „Es handelt sich dabei um eine Beziehung auf Augenhöhe“, unterstreicht Sabine Bechheim, Leiterin des Referats Gründung, Sicherung und Nachfolge bei der IHK Siegen. Beide Seiten profitierten von dem Austausch. Konkret heißt das: Ein Jahr lang trifft sich jeweils ein Mentor mit einem Mentee, um über Herausforderungen im beruflichen Alltag zu sprechen, mögliche Barrieren zu identifizieren und an Strategien für deren Überwindung zu arbeiten. Die erfahrenen Führungspersönlichkeiten geben ihren Wissensschatz weiter und gewinnen durch die Gespräche auch selbst neue Einblicke, die sie zur Reflexion ihres eigenen Handelns anregen.

Im September steht der Einführungsworkshop für die nächste Runde des Programms auf der Agenda. Sobald die Mentoren und die Mentees einander zugeteilt sind, beginnt der eigentliche Prozess. „Teilnehmen können Personen jedes Alters“, verdeutlicht Sabine Bechheim. Sie steht allen Interessierten jederzeit für detaillierte Rückfragen zur Verfügung (Tel.: 0271 3302-305, E-Mail: sabine.bechheim@siegen.ihk.de). Weitere Informationen: https://events.ihk-siegen.de/veranstaltungen/270/.

Seiten-ID: 3419

Seiten-ID3419

Ansprechpartner

Patrick Kohlberger

Tel: 02713302-317
Fax: 0271 3302400
E-Mail

Zum Seitenanfang springen