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Cramer Technik - „Fernweh-Mobil“ für Reisefreunde

Text: Patrick Kohlberger, Fotos: Sascha Müller-Harmsen

Benno Cramer hat in seiner beruflichen Laufbahn schon einiges erlebt. Dass der 51-Jährige inzwischen mit der Produktion und dem erfolgreichen Vertrieb von Offroad-Reisekabinen für Pick-ups seine ganz eigene Nische besetzt, ist die Folge zahlreicher Wendungen und Neuausrichtungen. „Ich würde mich auf jeden Fall als leidenschaftlichen Problemlöser bezeichnen“, unterstreicht der gebürtige Allendorfer, der sich in Finnentrop-Rönkhausen unter der Firmierung „Cramer Technik“ selbstständig gemacht hat.

Begonnen hat seine Karriere auf einem ganz anderen Gebiet. So absolvierte er zunächst eine handwerkliche Ausbildung. Gesundheitsbedingt sah er sich wenig später jedoch gezwungen, eine Umschulung anzustreben. Ursächlich dafür: ein verheerender Verkehrsunfall, der eine lange Phase der Rehabilitation nach sich zog. Für Benno Cramer bedeutete diese Zeit viele Schwierigkeiten – aber auch die Möglichkeit, sich Gedanken darüber zu machen, welche Ziele er sich setzen möchte. Er wechselte in ein für ihn völlig neues Metier, schloss eine Ausbildung zum Technischen Zeichner ab und arbeitete fortan einige Jahre lang in diesem Beruf. Es folgten Qualifizierungen zum CAD-Techniker, Maschinenbauer und Konstrukteur. „Von all diesen Erfahrungen profitiere ich noch heute“, betont der Unternehmer.

Nach einer Festanstellung im Metallbereich agierte Cramer freiberuflich. Wegweisend für die letzte wichtige Weichenstellung und den Einstieg ins heutige Geschäft war eine große Leidenschaft, die er seit jeher mit seiner Ehefrau Stefanie teilt: das Reisen. Zunächst waren die beiden viel mit dem Motorrad unterwegs, später in ihrem ausgebauten Pick-up mit Hardtop. Als sich Familienzuwachs ankündigte und sich die anschließende Suche nach einer geeigneten Absetzkabine für den vorhandenen Pick-up mit genügend Platz für nunmehr drei Personen als schwierig erwies, entschloss sich Benno Cramer, seinem Glück selbst auf die Sprünge zu helfen – frei nach dem Motto: „Wenn ich keine gute Kabine auf dem Markt finde, baue ich eben höchstpersönlich eine nach meinen Vorstellungen.“

Gesagt, getan: Der passionierte Entwickler brachte sich die dafür notwendigen Fähigkeiten, etwa die Laminierung, selbst bei und übernahm die Fertigung der ersten Kabine in Eigenregie – jeweils nach Feierabend in seiner Freizeit. „Anderthalb Jahre hat es gedauert, bis ich dieses Projekt vollenden konnte“, blickt er zurück. Wann immer er in bestimmten Punkten nicht weiterkam, nutzte er die Expertise erfahrener Experten aus unterschiedlichen Fachgebieten. Die Gespräche mit diesen halfen Benno Cramer dabei, die technischen Hintergründe vollends zu durchblicken und Lösungen für alle Hürden zu finden. „Ich hatte ja das entsprechende Know-how damals noch nicht. Da muss man dann einfach am Ball bleiben und sich stetig weiterbilden.“ Ganz zu Beginn entwarf er auf dem Computer ein 3D-Modell, das er in der Folge ausgiebig testete und immer wieder modifizierte – ein durchaus kostspieliger Prozess, der von einem Anfangsmodell aus Holz über eine zweite Formenbau-Variante bis hin zum fertigen Prototypen reichte. Das überzeugende Endprodukt mit dem inzwischen längst patentrechtlich geschützten Namen „Fernweh-Mobil“ entschädigte letztendlich für die ganzen Mühen.

In einem Fachmagazin stellte Benno Cramer sein Werk vor, ohne sich dabei große Gedanken über die möglichen Auswirkungen auf seine berufliche Zukunft zu machen. „Ich wollte einfach nur zeigen, wie viel Arbeit ich in den zurückliegenden Monaten investiert hatte, um mein Projekt fertigzustellen.“ Die Resonanz auf den Bericht überraschte den bodenständigen Unternehmer. Ein Leser bekundete sogar ganz konkretes Interesse an der so außergewöhnlichen Pick-up-Kabine. Cramer entschloss sich nach einigen Überlegungen dazu, den Auftrag anzunehmen und eine zweite Kabine zu bauen.

Vor zehn Jahren nahm er dann schließlich an der renommierten Messe „Abenteuer & Allrad“ in Bad Kissingen teil. Rund 50.000 Besucher sind dort jedes Mal auf der Suche nach Inspiration – die perfekte Plattform für die innovative Entwicklung aus dem Sauerland. Es sollte der Auftakt für eine beeindruckende Erfolgsgeschichte sein. Zahlreiche spätere Kunden suchten im Rahmen der Fachmesse den Kontakt zu Benno Cramer. „Ich habe vor Ort sogar schon Exemplare verkauft, obwohl ich diese natürlich noch gar nicht gefertigt hatte. Danach ging es dann erst einmal in die Werkstatt und auf die Suche nach kompetenten Zulieferern“, lächelt er. Das Auftragsvolumen stieg in der Folge rasant an. Seit dieser Zeit kümmert sich der Inhaber in Vollzeit um die Wünsche seiner Kunden. Nachdem er anfangs zwei Aufträge pro Jahr realisierte, konnte er diesen Wert inzwischen verzehnfachen – auch dank der Hilfe seiner Ehefrau Stefanie. Die gelernte Bilanzbuchhalterin ordnete von Beginn an die wirtschaftlichen Strukturen. Sie ist heute eine von zwei Festangestellten. Zudem beschäftigt Benno Cramer vier Aushilfen.

Diese personelle Kapazität ist auch zwingend erforderlich, um die Aufträge abarbeiten zu können. Zu den Kunden zählen längst nicht mehr nur deutsche Urlauber und Naturfreunde. „Wir haben einen Auslandsanteil von rund 30 %“, erklärt der Inhaber. Viele Abnehmer kommen aus Österreich und der Schweiz. Auch auf den Straßen in Rumänien und Schweden sind Pick-ups mit den in Rönkhausen gefertigten Kabinen unterwegs. Doch das ist noch nicht alles: Die Modelle weisen die Breite eines gewöhnlichen Automobils auf und sind containertauglich. So haben sie bereits den Weg nach Kanada, Südamerika und Südafrika gefunden.

Benno Cramer schmunzelt: „Alle Kunden sind natürlich auch Werbeträger, wenn sie mit unserem Aufkleber auf dem Wagen durch die Gegend fahren.“ Und das ist in nahezu jedem Terrain möglich, denn die Kabinen sind komplett geländegängig. Zudem eignen sie sich für alle Pick-up-Typen. Unter den Käufern befinden sich junge Familien mit Kindern genauso wie Rentner, die nach dem Eintritt in den Ruhestand ihre neu gewonnene Freizeit genießen möchten. „Das ist absolut querbeet. Manche sind erfahrene Outdoor-Urlauber, andere wollen einfach mal etwas Neues ausprobieren“, verdeutlicht Stefanie Cramer.

Die Kabinen sind sowohl für spontane Reisen als auch für längere Touren prädestiniert. So reicht die Bandbreite der Nutzung von Wochenendfahrten in die nähere Umgebung bis zu Kontinentalreisen im Rahmen eines Sabbatjahres. Jeden Einzelnen berät Benno Cramer vor dem Kauf ausgiebig: „Es ist mir sehr wichtig, dass man sich hier rundum gut aufgehoben fühlt.“ Auf die Qualität der Kabine können sich die Abnehmer schon allein deshalb verlassen, weil der Unternehmer und seine Familie selbst begeisterte Fernweh-Mobil-Fahrer sind und die Kabinen schon so manchem Material-Härtetest unterzogen haben: „Die größte Bewährungsprobe war dabei sicherlich unsere drei Monate lange Tour durch die Mongolei, bei der sich unser hoher Qualitätsanspruch bewährt hat.“

Vor einem Jahr zog die Fertigung an ihren heutigen Standort in Rönkhausen um. Hier finden die Verantwortlichen beste Bedingungen vor, um die Kundenwünsche zu erfüllen. Nachdem Benno Cramer in der Anfangszeit nahezu alle Teilaufgaben im Bauprozess selbst übernahm, hat er die Gewerke inzwischen verteilt: „Wir sind heute ein reiner Montagebetrieb. Die nötigen Einzelteile lassen wir uns liefern – überwiegend aus der Region.“ Ein kunststoffverarbeitender Betrieb aus Meschede übernimmt zum Beispiel die Laminierung, während ein ortsansässiges Metallunternehmen für die anfallenden Stahlarbeiten verantwortlich zeichnet und eine Schreinerei aus dem Hochsauerland die Holzzuschnitte fräst.

Die Kunden können im Übrigen hoch individuell anpassen, ob sie das Grundmodell der Kabine ohne Extras haben möchten oder auf bestimmte Zusatzangebote zurückgreifen – von einem vollautomatischen Zwölf-Volt-Ladegerät über eine Solaranlage mit 100-Watt-Modul bis hin zu Sandblechen, Standheizungen und Dachluken. „Unsere Alleinstellungsmerkmale sind sicher der wohnliche Innenraum und die vollständige Geländegängigkeit unserer Modelle“, berichtet Benno Cramer. Auch das Feedback der Abnehmer sei ihm wichtig, um sich immer weiter zu verbessern. „Ohnehin ist es eine tolle Gemeinschaft, die wir alle untereinander aufgebaut haben. Viele Kunden fahren sogar zusammen in den Urlaub.“ Regelmäßig bekommt der Inhaber zudem Fotos von begeisterten Naturfreunden, die ihren Pick-up samt Offroad-Reisekabine aus dem Sauerland an allen möglichen Orten weltweit abgestellt haben – vom Kap der Guten Hoffnung bis zum Nordkap.

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Ansprechpartner

Patrick Kohlberger

Tel: 02713302-317
Fax: 0271 3302400
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