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WIED Transport und Touristik - Von Feudingen quer durch Europa

Text: Patrick Kohlberger, Fotos: Werkfotos

„Als ich 1979 angefangen habe, war ich der jüngste Busunternehmer in Südwestfalen. Heute bin ich einer der ältesten, die noch selbst als Fahrer im Reiseverkehr tätig sind“, unterstreicht Eberhard Wied, Geschäftsführer der Firma WIED Transport und Touristik im Bad Laaspher Ortsteil Feudingen. Seit nunmehr 41 Jahren hat sich der Wittgensteiner mit großer Leidenschaft dem Unternehmertum verschrieben. Er weiß von unzähligen spannenden Anekdoten aus dieser langen Zeit zu berichten und blickt zugleich voller Tatendrang in die Zukunft. Eine große Jubiläumsfeierlichkeit, die eigentlich in diesem Jahr erfolgen sollte, musste er indes aufgrund der Corona-Pandemie auf 2021 verschieben.

Exakt 100 Jahre sind inzwischen vergangen, seit sich sein Großvater August Wied im Dernbach hoch über den Dächern Feudingens selbstständig machte und damit den Grundstein für eine ereignisreiche Historie mit vielen Wendungen und Neuausrichtungen legte. Er fuhr seinerzeit zunächst mit einem Ochsengespann Essigholz aus den Wäldern. Zudem begann er damit, in seiner Heimat den Schneepflug für das Land NRW zu fahren. Über die Dekaden hinweg haben sich die geschäftlichen Schwerpunkte schließlich aufgrund des wirtschaftlichen und technologischen Fortschritts stark verändert, wie der heutige Unternehmensleiter einordnet: „Die Motorisierung hielt Einzug. Zunächst erfolgte die Anschaffung eines Traktors. Von Vollgummi über Luftbereifung ging es zum Lkw-Holzvergaser. Zu dieser Zeit war mein Vater Karl dann bereits mit von der Partie.“ Dieser betrieb das Lkw-Geschäft im Nah- und Fernverkehr bis zu seiner Rente im Jahr 1985. Im Unternehmen aktiv war er bis zu seinem 70. Lebensjahr.

Eberhard Wieds älterer Bruder ließ sich zum Elektromaschinenbauer ausbilden und studierte Elektrotechnik. „Für mich selbst war hingegen immer klar, dass ich das elterliche Fuhrgeschäft weiterführen werde.“ Er übernahm zunächst 1979 gemeinsam mit seiner Ehefrau Brigitte ein ortsansässiges Taxi- und Busunternehmen. Das Hauptgeschäft war damals ein 17-Sitzer-Bus, der im Schülerverkehr an der Haupt- und Grundschule Feudingen für die Stadt Bad Laasphe zum Einsatz kam – zusammen mit zwei großen Bussen einer anderen Firma. Als schließlich eine Neuausschreibung erfolgte und Eberhard Wied seinen Auftrag verlor, sah er mit 26 Jahren seine berufliche und finanzielle Existenz bedroht. Der parallel dazu geleistete Fuhrbetrieb der Familie reichte nicht aus, um langfristig auszukommen. Wied entschloss sich, mutig zu agieren, seinen Kleinbus abzugeben und ein Angebot für den kompletten Schülerverkehr anzufertigen. Damit hatte er Erfolg. Er kaufte die ersten beiden 50-Sitzer-Busse und nahm die Arbeit auf. „Mittags war aber natürlich Schulschluss. An den Nachmittagen hatten wir folglich keine Arbeit mehr. Daher haben wir dann noch Halbtagesfahrten für Seniorengruppen und Urlaubsgäste in unser Portfolio aufgenommen.“ Später integrierte man das Transportgeschäft in das Busunternehmen. Seither ist die heutige Firmierung „WIED Transport und Touristik“ gültig.

1982 erstellte das Team erstmals ein kleines Reiseprogramm. Dieses erstreckte sich jedoch nur über die Sommermonate. Es galt also, die geschäftliche Vakanz in der kalten Jahreszeit zu füllen. Eberhard Wied, seit seinem 15. Lebensjahr Musiker bei den Original Oberlahntaler Musikanten, knüpfte den Kontakt zu einem führenden Tourneebusunternehmer – durch einen „gewollten Zufall“, wie er mit einem Lächeln berichtet. Er bekundete sein Interesse, in der Branche tätig zu werden, und baute seinen Reisebus zu einem modernen und komfortablen Tourneebus mit Platz für bis zu 13 Betten im Baukastensystem um.

„Das war eine anstrengende, aber vor allem wahnsinnig spannende und schöne Zeit!“ Wied fuhr Showgrößen unterschiedlichster Branchen zu ihren Auftritten und begleitete sie durch Europa. Zu seinen Partnern zählten deutschsprachige Sänger wie Udo Lindenberg, Peter Alexander, Howard Carpendale und Peter Maffay, aber auch internationale Künstler wie Barry White oder die US-amerikanische Funk-Rock-Soul-Crossover-Band „Mother’s Finest“. So lernte Wied die Stars persönlich kennen, tauschte sich mit ihnen aus und sammelte Erfahrungen, die ihn bis heute begleiten. Aus finanzieller Sicht sei diese Tätigkeit freilich gerade zu Beginn nicht mit dem großen Jackpot verbunden gewesen. „Eine sehr bekannte Flamenco-Tänzerin habe ich damals für 20 DM Lohn am Tag von einem Konzert zum nächsten gefahren.“ Der große immaterielle Gewinn, der mit den vielen Abenteuern einherging, habe dies jedoch mehr als kompensiert.

Gleichzeitig entwickelte sich der Reisekatalog der Firma WIED immer weiter. Das Angebot wuchs auf rund 40 Fahrten pro Jahr an. Immer mit am Steuer: der Geschäftsführer höchstpersönlich. „Für jemanden wie mich, der im Geografieunterricht in der Schule am Fenster gesessen hat, war zu Beginn natürlich jede Reise eine absolute Entdeckungsfahrt“, scherzt er. Ursprünglich hatte er eine Ausbildung zum Reparaturschlosser absolviert und im Außendienst gearbeitet. Danach agierte er im Bereich Serviceberatung, bevor er bereits in jungen Jahren den Schritt in die Selbstständigkeit wagte und sich gezielt im kaufmännischen Bereich weiterbildete. Heute erinnert er sich an zahlreiche unvergessliche Erlebnisse im Zuge der Touren mit dem Reisebus. Seine Routen führten ihn durch ganz Europa – von Norwegen über Spanien bis hin zu den Masuren im Norden Polens. Nachhaltig beeindruckt habe ihn beispielsweise das bunte Treiben in der türkischen Metropole Istanbul: „Wenn man in einer solch imposanten und turbulenten Stadt unterwegs ist, erlebt man Dinge, von denen man noch Jahrzehnte später seiner Familie erzählen kann.“ Der Blick auf die Karte – oder heute das Navigationsgerät – reiche nicht immer aus, um sich wirklich zurechtzufinden und alle schönen Ecken zu erkunden. Man müsse stattdessen die Eindrücke vor Ort auf sich wirken lassen und immer aufmerksam sein.

Aber nicht nur die Fahrten durch Deutschland und zahlreiche andere Länder des Kontinents brachten dem Unternehmer und seinen Mitstreitern viel Freude. Im Jahr 1999 wagten die Verantwortlichen schließlich einen ganz besonderen Schritt. Nachdem der alte Betriebshof in Feudingen den Ansprüchen nicht mehr genügte, bauten sie im Industriegebiet „In den Espen“ ein komplett neues Areal mit einer Bushalle inklusive Waschanlage sowie einer Werkstatt- und Lkw-Halle mit Grube und Bremsenprüfstand. Die Anlage umfasst 4600 m². Seither weitete sich das Reise- und Liniengeschäft immer weiter aus. Das gesamte Unternehmen entwickelte sich prächtig, ehe Brigitte Wied, die über Dekaden hinweg für die Buchhaltung verantwortlich zeichnete, schwer erkrankte und 2016 verstarb. Der Geschäftsführer musste den Tod seiner geliebten Ehefrau, „dem Mittelpunkt unserer Familie“, verkraften.

In dieser schweren Zeit standen ihm seine Töchter Romana und Cindy sowie seine Kollegen bedingungslos zur Seite – allen voran seine Büroangestellten Annette Treude und Gabi Stiller. „Für mein Team bin ich unheimlich dankbar“, betont Eberhard Wied. Die Mitarbeiter seien der wesentliche Pfeiler des Erfolgs. Dabei sind es auch Geschichten wie die von Robert Stein, die den erfahrenen Unternehmer persönlich berühren. Der inzwischen 83-Jährige ist seit 38 Jahren für die Firma tätig – einst als Festangestellter, mittlerweile aufgrund seines fortgeschrittenen Alters als Aushilfe. In diesen Tagen wird er nun endgültig aus dem Dienst ausscheiden. „Er hinterlässt bei uns eine große Lücke – beruflich und vor allem menschlich.“

2018 gewann schließlich die WERNGroup die Neuausschreibung des Linienverkehrs Westfalen-Süd. Für Wied begann eine ganz neue Zeit. Man erhielt komplett neue Linien, Fahrscheindrucker und Vorgaben. Vier Fahrer hätten daraufhin ihr Arbeitsverhältnis beendet, bilanziert Eberhard Wied. Er entschloss sich in der Folge dazu, den Betrieb zu verkleinern. Zurzeit stehen noch ein Lastzug für Schuttgüter, zwei Mietwagen für Krankentransporte sowie vier Busse im Linienverkehr und zwei Kleinbusse zur Verfügung. Zwei Reisebusse ruhen aufgrund der Corona-Pandemie. Diese hat den Verantwortlichen auch hinsichtlich der Planungen zum 100-jährigen Bestehen des Fuhrunternehmens sowie zu 99 Jahren Winterdienst für NRW einen Strich durch die Rechnung gemacht. „Das war ein schwerer Schlag für uns, zumal der Vorverkauf sehr gut angelaufen war. Die Vorbereitungen waren bereits vollständig abgeschlossen, als die Pandemie plötzlich Deutschland erreichte“, erklärt Eberhard Wied.

Das Team ließ sich aber von diesen Schwierigkeiten nicht entmutigen und kümmerte sich umgehend um einen Nachholtermin. Sollte es der Corona-Verlauf zulassen, holt die Firma das Jubiläumsfest am 28. März 2021 nach. Ob man – wie ursprünglich vorgesehen – bis zu 450 Personen begrüßen kann, bleibt abzuwarten. Die Besucher in der Feudinger Volkshalle wird aber in jedem Fall ein unterhaltsames Programm erwarten. Unter anderem sind die Formation „Die fidelen Münchhauser“ sowie Reiner Kirsten und Brigitte Traeger gebucht – für Eberhard Wied, der die Moderation übernehmen wird, eine riesige Freude. Schließlich ist er selbst seit 50 Jahren begeisterter Klarinettist und Sänger. Wenn er nicht gerade mit seinen Kollegen ein Konzert spielt, nutzt er auch gern einmal seine Fahrerkabine während der Busreisen als Bühne, wie er augenzwinkernd berichtet: „Ein halber Quadratmeter kann auch ausreichen, um andere zu unterhalten und glücklich zu machen.“

Genau darum geht es dem 65-Jährigen bei seiner Arbeit in erster Linie. Er möchte Menschen eine gute Zeit schenken. Dies treibt den Wittgensteiner auch weiterhin an. Für ihn steht fest: „Corona beschert uns eine sehr schwierige Phase, aber wir geben alles dafür, gestärkt aus dieser hervorzugehen.“ Kürzlich hat sich Eberhard Wied im Übrigen erstmals seit Ausbruch der Pandemie wieder auf eine kleine Reisetour mit seinen treuen Kunden begeben – ein erster Schritt zurück in Richtung Normalität.

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