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NeurologIQ Group - Pioniere mit Kreativität und KI

Text: Katja Sponholz, Fotos: NeurologIQ Group

Alles begann mit Lichtshows für Konzerte bzw. der simulierten Sprengung eines Bergwerks. Sieben Jahre später ist Simon Sack (25) Gründer und Chef der NeurologIQ Group. Das Start-up aus Siegen verbessert Produktionsprozesse mithilfe Künstlicher Intelligenz (KI). Schon jetzt schreibt das Unternehmen mit seinen nunmehr 16 Mitarbeitern eine echte Erfolgsgeschichte.

Simon Sack war 18 Jahre alt, als er sein erstes Gewerbe anmeldete. Damals finanzierte er sich sein Informatik-Studium an der Uni Siegen, indem er Lichtshows für Musikbands programmierte. Irgendwann sprach ihn dann ein bekannter Geschäftsführer eines mittelständischen Unternehmens aus der Region an: „Du machst doch was mit Veranstaltungstechnik. Ich möchte gerne bei einem Bergwerk eine Sprengung simulieren. Könntest du das Ganze programmieren?“ Für den jungen Mann „gar kein Problem“, sagt er rückblickend. Schließlich habe er für viele Bands auch bei großen Veranstaltungen wie „Rock am Ring“ gearbeitet. „Da war dies eher eine kleine Nummer.“ Als er dann 2018 mit seinem Studium fertig war, wagte er den nahtlosen Übergang ins Produktionsumfeld: Als Freelancer war Simon Sack fortan für das erwähnte mittelständische Unternehmen tätig. Er half, Betriebe wie die ZF Friedrichshafen AG in Kreuztal produktionsnah zu unterstützen.

Und weil er schon in seiner Jugend vom Unternehmertum begeistert war, er etwas Eigenes aufbauen und Verantwortung übernehmen wollte, hat er Ende 2018 die „NeurologIQ“ gegründet. Dass dies für einen 22-jährigen Jungunternehmer auch hätte schiefgehen können, darüber habe er sich nie Gedanken gemacht. „Die Chancen waren stets größer als die potenziellen Risiken“, lächelt er. Gleich im darauffolgenden Jahr stellte Sack die ersten Beschäftigten ein; gearbeitet wurde in einem 60-m²-Büro an der Spandauer Straße in Siegen. Auch ein BWL-Absolvent gehörte schon mit zum Team, um die Buchhaltung vernünftig zu strukturieren. „Ich hatte gemerkt, dass es Sinn ergibt, von Anfang an die Aufgaben zu teilen und zu delegieren, um strategisch an seinem Unternehmen arbeiten zu können.“

Und obwohl der Informatiker die Corona-Pandemie zu spüren bekam und diverse Aufträge storniert wurden, gelang es ihm, mit seinen Mitarbeitern aus der Not eine Tugend zu machen: „Wir mussten kreativ werden“, berichtet er. Die Lösung gelang unter anderem im sogenannten Remote-Support: NeurologIQ entwickelte ein Leistungspaket aus Industriedatenbrille mit Software und entsprechendem Schulungsangebot. Technikern wird dadurch – ohne reisen zu müssen und zu jeder Zeit von jedem Ort aus – der sofortige Zugriff auf entfernte Geräte ermöglicht. Dazu trägt ein Servicetechniker vor Ort die Datenbrille, und der Experte leitet ihn vom Homeoffice aus zur Steuerung an. „So konnten unsere Kunden Maschinenabnahmen in China durchführen und Auftraggeber aus England dazuschalten“, schildert Sack. „Das war schon ziemlich cool.“ Und auch erfolgreich.

Im Laufe des Jahres wurde klar, dass sich viele Lösungen skalieren lassen. Und das Einsatzgebiet war groß: Die Experten entwickelten unterschiedliche KI-Lösungen mit Bildverarbeitung, Objektvermessungen, Objekterkennung, Qualitätsüberprüfung von Oberflächen, Volumenmessungen – „mit allem, was man sich vorstellen kann“, meint der 25-Jährige.

Vor diesem Hintergrund entstand die Idee, eine zweite Gesellschaft zu gründen und die NeurologIQ Group in einer Holding-Struktur zu organisieren: mit den Töchtern NeurologIQ Engineering GmbH und NeurologIQ Products GmbH. „Wir bieten nun den gesamten Weg an“, erläutert Sack. „Von der ersten Idee, die der Kunde im Engineering-Bereich hat, über Machbarkeitsstudien und Prototypentwicklung bis zum Ende, wenn das Produkt dann als standardisiertes Verfahren skalierbar gemacht werden kann.“ Um wirklich eine Arbeitsteilung zu erreichen, habe jeder Bereich seinen eigenen Geschäftsführer. Zum Team von Simon Sack zählt bei der Products GmbH noch Timo Schmidt. Hinzu kommen Marcão da Costa Zuzarte bei der Engineering GmbH und Martin Benkner bei der Holding. Dies gebe ihm die Freiheit, an anderen Themen zu arbeiten, verdeutlicht Sack: „Ich habe ein sehr gutes Team gefunden, dem ich blind vertraue.“

Mittlerweile hat sich der Umsatz in drei Jahren vervielfacht; die Zahl der Mitarbeiter ist von fünf auf bald 20 gewachsen. Und Unterstützung, vor allem im Bereich Entwicklung, wird noch immer gesucht. Was er seinen Beschäftigten bieten kann? Bei dieser Frage muss der Geschäftsführer lachen. „Wir sitzen immerhin im SUMMIT, dem Hightech-Standort in Südwestfalen!“, betont er. Die Mitarbeiter arbeiteten also in einem sehr modernen Gebäude mit entsprechenden Büros – und nicht mehr auf 60, sondern auf nunmehr 350 m². Außerdem lebe man das Prinzip der „New Work“: Es gebe keine festen Schreibtische, sondern jeder habe seinen Trolley und suche sich einen passenden Arbeitsplatz. Zusätzlich stünden den Mitarbeitern eine Kantine, ein Fitnessstudio und ein Raum für freie, kreative Entfaltung zur Verfügung. Statt fest vorgegebener Schichten existierten lediglich Kernarbeitszeiten; wer mag, könne auch im Homeoffice arbeiten.

Und auch die Belegschaft selbst – im Alter von 19 bis 50 Jahren – sei ein Pfund, mit dem man wuchern könne. Im letzten Jahr habe sich ein hochqualifiziertes, internationales Team zusammengefunden, das stringent an der gemeinsamen Mission arbeite, KI dem Mittelstand als praktische und gut nutzbare Werkzeuge nahbar zu machen. „Wir sind Pioniere in einem stark wachsenden Markt. Wir gehen nicht immer den geraden Weg, sondern denken gerne mal um die Ecke“, beschreibt es der Gründer. „Diese Flexibilität ist – gepaart mit hoher Expertise – unser Erfolgsfaktor. Das macht mich besonders stolz.“

An mangelnde Unterstützung kann sich der Gründer nicht erinnern. Im Gegenteil: So habe er nicht nur einen hervorragenden Steuerberater aus der Region und Rechtsberater an seiner Seite gehabt, sondern auch Prof. Dr. Martin Hill, Experte für Entrepreneurship an der Uni Siegen. Derzeit sei man damit beschäftigt, alle Produkte der Gruppe auf einer Plattform zu vereinigen, sodass entsprechende KI-Modelle online bedient werden können. „Mit unserer Plattform wollen wir der ,App-Store‘ für industrielle KI-Applikationen werden.“ Statt für jeden Zweck programmiert zu werden, kann KI eigenständig Antworten finden und selbstständig Probleme lösen. Neben der Produktentwicklung mache sich die NeurologIQ vor allem für Individualprojekte stark, erklärt Sack. Für ihn sei es „eine Herzensangelegenheit“, die Unternehmen im Siegerland so zu unterstützen, dass sie den digitalen Wandel und auch den Bereich KI erleben und umsetzen können.

Und bislang habe man damit auch sehr gute Erfahrungen gemacht – vor allem deshalb, meint der Informatiker, weil man niedrigschwellig in den Prozess startet. „Wir nehmen die Unternehmen an die Hand und begleiten sie Schritt für Schritt.“ Dazu gelte es zunächst, den Ist-Zustand zu analysieren, Prozesse zu durchleuchten und Anforderungsworkshops durchzuführen, bei denen ganz klar geschaut werde, was der Kunde möchte. Diese Anforderungen greife man auf und probiere sie dann im nächsten Schritt in einem Testdurchlauf aus. „Jeder Schritt kostet Geld, aber zu jeder Zeit hat der Kunde auch die Entscheidungsfreiheit, ob er weitergehen will oder nicht.“ Auch hier setze man auf Transparenz.

Und die Einsatzmöglichkeiten, wo die KI der NeurologIQ Group für Verbesserungen in Produktionsprozessen sorgen kann, sind vielfältig: Wann fällt meine Maschine mit welcher Wahrscheinlichkeit aus? Lohnt es sich, das vorliegende Produkt bis zum Ende zu produzieren? Welche Fehler weist mein hergestelltes Produkt auf? Dies sind Fragestellungen aus der Industrie, für die die NeurologIQ Group einfache Lösungsansätze liefert – auf Basis von KI und Algorithmen. Kundenmehrwerte seien oftmals Steigerungen in der Effizienz sowie Kosteneinsparungen. Außerdem würden Wettbewerbsvorteile durch einfache Optimierungen generiert, ohne bestehende Abläufe und Systeme zu stören, berichtet Sack.

Beispielhaft verdeutlicht er, wie es gelang, Probleme bei einem Robotergreifer, der falsch zupackte, zu beheben, indem man vor ihm eine kompakte 3-D-Sensor-Kamera mit integrierter Rechenkapazität positionierte. Die Kamera erkennt das zu verladende Objekt und vermisst mit der eigens programmierten NeurologIQ-Software die Geometrie. „Das alles geschieht in Echtzeit und dank ausgereifter Sensoren völlig unabhängig von sich ändernden Lichtbedingungen im Fertigungsumfeld“, beschreibt Sack.

Helfen konnte die NeurologIQ auch einem Unternehmen, in dem Stapelgüter gezählt werden mussten: „Das wurde vorher händisch gemacht, weil man die fertig gestanzten Platten mit ihren unterschiedlichen Wölbungen nicht wiegen konnte“, beschreibt er. Die Siegener entwickelten einen Bildalgorithmus, mit dem ein Foto seitlich vom Stapelgut gemacht und ausgewertet wird. „So wird nun unter einer Sekunde das gezählt, wofür ein Mensch drei bis fünf Minuten brauchte.“
Ein weiterer „Lieblingsauftrag“ stellte Simon Sack vor die Herausforderung, den Verschmutzungsgrad von Glas zu messen. Konkret ging es darum, an einem 200 Meter hohen Hochhaus in Frankfurt zu überprüfen, wie verschmutzt die Scheiben waren, um sie bedarfsorientiert mithilfe von Industriekletterern zu reinigen. Die Frage, ob er diese Aufgabe meistern würde, stellte Sack sich nicht. Schließlich wirbt NeurologIQ damit, „Lösungen da zu finden, wo menschliche Fähigkeiten an ihre Grenzen stoßen.“

Auch im eigenen Unternehmen will sich der Gründer durch nichts einschränken lassen. Welche Belegschaftsgröße er einmal erreichen will? Welchen Umsatz er anstrebt? Das sind Fragen, über die sich der 25-Jährige keine Gedanken macht. „Limitiert bin ich nicht“, sagt er. Schließlich wachse man stetig weiter, und da wolle er sich gar nicht auf eine Zahl festlegen. „Sonst hört man irgendwann auf, sobald man das Limit erreicht, das man sich gesetzt hat.“ Die Mission stehe im Vordergrund: „KI für den Mittelstand nahbar machen.“

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