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Tosch Genusshütte - Gastfreundschaft, Gemütlichkeit, Genuss

Text: Christina Spill, Fotos: Sascha Müller-Harmsen

Es fühlt sich ein bisschen so an, wie unter eine warme Decke zu schlüpfen, wenn man die Tosch Genusshütte an der Marburger Straße in Kreuztal-Kredenbach betritt: Der kalte Herbsttag draußen ist schnell vergessen, wenn der Blick über die selbstgefertigten Birkenholzregale schweift, auf denen ausgewählte Whiskys und andere hochprozentige Tropfen neben exklusiven Tabakwaren, Kaffees, Messern, Pfannen, Olivenöl und Gewürzen bereitliegen. Mittelpunkt der gemütlichen Genusshöhle ist die Sitzecke mit cognacfarbenen Ohrensesseln direkt am Kamin, die sich um einen Tisch aus groben Holzplanken gruppieren. Und mittendrin der Besitzer und Genusshütten-Namensgeber, Tobias „Tosch“ Scheffe: kräftige Statur, Vollbart, breites Brillengestell aus Holz – und ein rollendes Siegerländer „R“, das eine fast meditative Wirkung entfaltet. Ein liebenswerter Kauz, der sein Leben und seinen Laden nach einer ganz eigenen Philosophie führt.

Seit Mitte März ist der gelernte Sanitär- und Heizungsfachmann mit der Genusshütte am neuen Standort zuhause. Die alte Genusshütte im verglasten Pavillon am Dorfrand hatte kaum Parkplätze zu bieten, und aufgrund der fehlenden Küche war keine gastronomische Zulassung möglich, so Tobias Scheffe. Vor elf Jahren hat er sich selbstständig gemacht. „Mir ist wichtig, dass das Motto der Genusshütte, ,Das schönste Wohnzimmer‘, genauso rüberkommt – eben ein Wohnzimmer für meine Gäste.“ Gäste, nicht Kunden – darauf legt er großen Wert. „Ich verkaufe hier auch keine Produkte, sondern freue mich, wenn ich mit diesen Produkten an meine Gäste Emotionen weitergeben kann.“ Einziges Kriterium für die Auswahl seiner Genussmittel: Sie müssen ihm gefallen. Der mögliche Umsatz? Unerheblich. „Wenn ich sage: ,Du, der Whisky hier ist ganz gut, schmeckt auch, meins ist er so gar nicht, aber ich kann dir den empfehlen‘, dann ist das natürlich doof. Aber wenn ich sage: ,Ich liebe diesen Whisky. Das ist ein Whisky, den ich auf meiner Terrasse an einem Sommerabend trinke, nach einem schönen Sonntag, an dem man sich abends noch einmal für einen Moment hinsetzt und die letzte warme Luft, den letzten Sonnenschein genießt…‘: Das transportiert ein Gefühl.“

So wie die Erinnerung an einen rauchigen Whisky, den er gemeinsam mit seinem Bruder in Norwegen am Lagerfeuer genießen durfte – angenehme Bilder in den Köpfen seiner Gäste entstehen lassen, das bereitet Tobias Scheffe Freude. „Ich habe mit allen Dingen hier eine Verbindung. Beim Wein fahre ich zum Beispiel an den Kaiserstuhl, helfe bei der Weinlese und beim Schnapsbrennen. Ich bin einfach sehr involviert, und ich kenne die Leute, die diese Dinge herstellen und verkaufen, über Jahre. Das ist echte Zusammenarbeit – und nicht Kundenkontakt.“

Den finalen Abschied aus seinem alten Job sieht Tobias Scheffe ein bisschen so wie seinen Rentenantritt – „weil ich zu arbeiten aufgehört habe. Das ist hier mein Leben.“ Auch wenn die Vorbereitung für die regelmäßigen Events in der Genusshütte – Steak- und Whisky-Tastings, Pizza-Abende, Rum-Verkostungen – natürlich immer mit viel Gedankenarbeit, Vorbereitung und „Rennerei“ verbunden ist. Immerhin stemmt der Genusshütten-Besitzer solche Events in Personalunion. Liebe steckt in allem, was er tut – keine Leidenschaft, das Wort mag er nicht. „Weil da für mich mitklingt, dass man etwas tut, um glücklich zu sein. Mein Ansatz ist ein anderer: Ich will mich im Sein aufhalten, ich will einfach ich sein. Da heraus tue ich etwas – und habe ganz viel davon. Die meisten Menschen gehen nach dem Prinzip ,Erst mach ich was, dann hab ich was und dann bin ich was‘ vor. Das ist der falsche Weg für mich. Das, was ich mag, das tue ich. Und das habe ich. Das eine setzt aber das andere nicht voraus. Ich bin auch noch was, wenn ich all das hier nicht mehr habe“, sagt er – und lässt den Blick kurz durch den Raum schweifen.

Den einen oder anderen seiner speziellen Erlebnisabende möchte er seinen Gästen auch in Zukunft bieten, dann gerne in einem kleineren Rahmen als bisher, mit zehn bis 15 Personen. Damit es einfach noch persönlicher abläuft und individuelle Wünsche berücksichtigt werden können. Den Menschen, die zu ihm in die Genusshütte kommen, möchte er das Gefühl geben, willkommen zu sein. Seine große Empathie, die ihm in seinem früheren Beruf manchmal eher im Weg stand, macht ihn hier, in seinem eigenen Reich, zu einem aufmerksamen Gastgeber. Die Karten für seine Events müssen Interessierte übrigens vor Ort im Laden kaufen, denn der persönliche Kontakt ist ihm wichtig: Tobias Scheffe möchte gerne wissen, mit wem er bald einen Abend verbringen wird.

Die Genusshütte kann auch für private Abende gebucht werden: für gemütliche Stunden mit Freunden, in denen man auch die großzügige Küche selbst nutzen oder „Tosch“ darin etwas zaubern lassen kann, für Geburtstage, eine goldene Hochzeit oder auch für entspannte Junggesellenabschiede. Das Essen ist weitgehend konservierungsstoff- und geschmacksverstärkerfrei, hochwertig und, wenn es irgendwie geht, regional. Dafür müssen sich Gäste einlassen können auf einen engagierten Gastgeber, der seinen Prinzipien treu bleibt: Für einen gewünschten Schokoladenpudding, den er persönlich nicht gerne isst, experimentiert Tobias Scheffe so lange in der Küche, bis er selbst mit dem Ergebnis zufrieden ist. „Sonst kann ich das leider nicht anbieten.“ Da bleibt er konsequent – und die Verlegenheitslösung aus der Tüte für ihn ein undenkbarer Kompromiss.

Mit warmem, indirektem Licht von unten in Szene gesetzt, stehen im langen Birkenholzregal etwa 50 schottische Whiskys bereit. Weitere Sorten kommen aus der ganzen Welt: aus Deutschland, Island, Dänemark, der Schweiz, aus Österreich, Indien und Schweden. Und in einem kleinen Fass wartet „Toschs“ eigener Whisky, gebrannt von der Sauerländer Edelbrennerei, darauf, probiert zu werden – nach einer gewissen Lagerzeit hatte Tobias Scheffe mit großer Freude festgestellt, dass sein persönliches „Wasser des Lebens“ nach Honig schmeckt und nach Bienenwachs duftet. Für ihn ein kleines Zeichen dafür, auf dem richtigen Weg zu sein, denn das Imkern und seine Bienenvölker sind eine weitere Herzensangelegenheit.

Der nächstgrößere Bereich umfasst Rum und Rumliköre, und auch das Gin-Sortiment ist groß. Weil Tobias Scheffe im Frühjahr am Kaiserstuhl des Öfteren beim Schnapsbrennen zugegen ist, gehören auch Brände und Geiste zum Angebot. Einige wenige Liköre, die ihm selbst gut schmecken, hat er ebenfalls mit ins Sortiment aufgenommen. Grappa, Tresterbrand, Portwein, Cognac und Sherry runden das hochprozentige Angebot ab. Eine Rohrverlegung auf dem kleinen Dienstweg brachte die Verbindung zur Bosch-Brauerei in Bad Laasphe. Seitdem heißt es „Tosch hat Bosch“, und das Propellerbier der Brauerei hat seinen Platz in der Genusshütte gefunden. Im Eingangsbereich hat Tobias Scheffe außerdem ganz besondere Tropfen auf einem Tisch aufgebaut: Die schlammverschmierten Flaschen verkauft er als „Flutwein“ und spendet die Einnahmen an die Winzer, die ihm die Flaschen zunächst skeptisch, aber nach dem ersten großen Erfolg im Laden mit großer Dankbarkeit überlassen haben. Kennengelernt hatte er sie bei einem relativ spontanen und dann zwei Wochen andauernden Hilfseinsatz im Ahrgebiet, das von der Flutkatastrophe Mitte Juli schwer getroffen wurde. Um die Menschen dort zu unterstützen, will Tobias Scheffe demnächst eine Sponsorenwanderung von der Ahrquelle bis zur Mündung unternehmen.

Vor allem aufgrund der besonderen Auswahl an Whiskys und Co. ist die Genusshütte im Umkreis von gut 50 Kilometern Tobias Scheffes vorsichtiger Einschätzung nach wohl das bestsortierte Geschäft. Dafür nehmen seine Gäste durchaus eine Stunde Fahrt oder mehr in Kauf. Und von ihnen und seinen Außendienstlern bekommt er immer wieder die Rückmeldung: So einen Laden gibt es nirgendwo sonst in Deutschland. Das liegt auch an der Mischung der angebotenen Artikel und den passenden Veranstaltungen. Denn Tobias Scheffe liebt nicht nur Whisky und gutes Essen, sondern hat auch große Freude daran, Interessierten zum Beispiel eine gepflegte Nassrasur nahezubringen – dafür stellt er sich demnächst auch wieder für einen Workshop in den Laden. Das passende Zubehör gibt’s natürlich auch in der Genusshütte.

Passionierten Rauchern bietet die Tosch Genusshütte ein großes Zigarrensortiment, Tabakpfeifen (die Tobias Scheffe früher übrigens auch selbst hergestellt hat) sowie eine umfangreiche eigene Tabakserie und handelsübliche Tabake. Kaffee aus Kathreiners Kaffeerösterei in Siegen-Seelbach gibt es auch hier; mit Björn und Judith Kathreiner verbinden ihn große Sympathien. Seit fünf Jahren ist Tobias Scheffe außerdem Imker, sagt im Brustton der Überzeugung „Ich liebe Bienen“ und geht auch auf der Suche nach richtig gutem Honig eher unkonventionelle Wege – ohne „Smoker“, ohne Schutzkleidung. Mit Achtsamkeit und Liebe möchte er nämlich nicht nur den Menschen, sondern auch allen Tieren begegnen. „Und dann wird man auch nicht attackiert“, ist er sich sicher. 15 verschiedene Geschmackssorten liefern seine Bienenvölker im Gegenzug; sie tragen Namen von „Erik“ über „Lasse“ bis hin zu „Liebe“, „Glück“ und „Viel Erfolg“. Und langfristig strebt Tobias Scheffe nichts Geringeres als eine Revolution der Imkerei an – sein Ziel ist es, die Bienen einfach machen zu lassen. Dafür tüftelt er an organischen Beutenformen (Beuten sind die „Behausungen“ der Bienen) und plant die Übersiedlung eines Bienenvolks in einen hohlen Baumstamm. „Und dann imkere ich hoffentlich nicht mehr, dann habe ich nur noch Bienen.“

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