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Sebastian Quast: „Alter und Beanspruchung führen zu Schäden“

Sebastian Quast, Vorstandsvorsitzender der OTTO QUAST Bau Aktiengesellschaft aus Siegen, bewertet im Interview die Situation rund um die Talbrücke Rahmede. Er thematisiert ausführlich die technischen Hintergründe.

 

Was sind die Ursachen dafür, dass an Brückenbauwerken im Beton Risse auftreten?

Man hat es bei Brücken mit hochbeanspruchten Bauwerken zu tun. Die auf ihnen fahrenden Fahrzeuge führen dazu, dass nicht nur statische Lasten auftreten, sondern es auch zu einer dynamischen Beanspruchung kommt. Solche wiederkehrenden Beanspruchungen ermüden Materialien im Laufe der Zeit. Hinzu kommt, dass die Kombination aus wechselfeuchten Bedingungen, Beanspruchung durch Hitze, Frost und Tausalz extreme Umstände mit sich bringt. Sowohl der Stahloberbau der Brücke als auch Betonteile sind hier in Mitleidenschaft gezogen worden.


Wie können diese Probleme behandelt werden, wenn man sie frühzeitig erkennt?

Brücken können verstärkt werden, indem zum Beispiel nachträgliche Bewehrung eingebaut wird oder Lamellen aus einem kohlefaserverstärkten Kunststoff auf die Konstruktion aufgebracht werden. Oberflächlich können Risse, wenn sie nicht zu groß sind, mit Vergussmörtel verpresst werden, um die Bewehrung weiterhin zu schützen.

Viel wird derzeit über Rostschäden an Betonbrücken gesprochen. Wieso kommt es dort überhaupt zur Korrosion?

Normalerweise ist Baustahl durch den hohen pH-Wert des Betons vor Korrosion geschützt. Im Laufe der Zeit nimmt der Betonstein CO? auf. Der dadurch angestoßene Prozess der sogenannten Carbonatisierung führt dazu, dass der pH-Wert im Beton sinkt und die Schutzschicht um den Stahl abgebaut wird. Dadurch kann dieser korrodieren. Die Untersuchung, ob die Carbonatisierung bereits die Bewehrung erreicht hat, gehört zu einem Monitoring kritischer Bauteile. Im Bereich von Brücken kommt das Problem des Tausalzes dazu. Die darin enthaltenen Chloride greifen ebenfalls die Schutzschicht des Stahls an.

Die meisten Autobahnbrücken der A45 stammen aus den 60er Jahren. Wird heute anderes Material verwendet? Hat sich an der Qualität der Baustoffe viel verändert?

Beton und Stahl entsprechen in ihren Zusammensetzungen weitgehend den Materialien, die man vor ein paar Jahrzehnten eingesetzt hat. Konstruktiv arbeitet man mittlerweile mit einer stärkeren Betonschicht oberhalb der Bewehrung, um diese besser zu schützen. Auch werden die vorgespannten Stahlglieder, die früher fest im Inneren der Bücke vergossen wurden, heute im Brückenbauch offen verlegt. Dadurch können schadhafte Litzen ausgetauscht werden – und es lassen sich bei steigender Belastung zusätzliche Spannglieder einbauen.

Schäden an Brücken sind nicht zwingend ein Zeichen für schlechte Qualität der Materialien. Vielmehr haben wir es hier mit einer klassischen Zustandsverschlechterung durch Alter zu tun – und mit einer zu hohen Belastung für die statische Auslegung des Bauwerks. Die Verkehrsdichte übertrifft heute die Prognosen alter Modelle bei Weitem. Die Konzeption betagter Brücken beruht aber auf diesen Annahmen. Beides – Alter und Beanspruchung – führt im Laufe der Zeit zu Schäden. Auch wenn die Bauteile an sich den ursprünglichen Anforderungen entsprechen.


Fertigteilbrücken werden häufig gelobt, weil die Bauweise vor Ort einen schnelleren Bau ermöglicht. Gibt es auch Nachteile, die den Einsatzbereich eingrenzen?

Konstruktionen aus Fertigteilen haben durchaus ihre Vorzüge. Unsere Firma hat vor ein paar Jahren Fertigteile für ein Modellprojekt von Straßen.NRW an der A46 geliefert. Dort wird nun seit einiger Zeit eine Landstraße über eine Konstruktion geführt, die inklusive der Widerlager aus Beton-Fertigteilen aus unserem Haus und Stahlträgern erstellt wurde. Die Sperrzeit der Autobahn konnte dadurch erheblich reduziert werden.

Für große Autobahnbrücken gibt es ähnliche Vorhaben. Fertigelemente haben ein Problem, was große Spannweiten betrifft. Dazu werden die Elemente ab einer gewissen Länge schwer händelbar im Hinblick auf Transport und Montage. Der Zeitaspekt macht vorgefertigte Elemente aber sehr interessant. In anderen Ländern, etwa den Niederlanden, ist man da weiter – auch was die Regelwerke angeht.

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