Gewerbe- und Industriegebiete überdurchschnittlich schlecht angebunden
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„Ohne Glasfaser in Industriegebieten verliert Region den Anschluss“: IHK veröffentlicht alarmierende Daten zur Breitbandanbindung von Unternehmen
„Den Anschluss der Region an die digitale Zukunft wird es nur mit dem direkten Glasfaseranschluss der Betriebe in unseren Gewerbe- und Industriegebieten geben. Alles andere hängt Unternehmen und Region von der Entwicklung im europäischen und internationalen Wettbewerb ab!“ Felix G. Hensel, Präsident der Industrie- und Handelskammer Siegen (IHK), findet deutliche Worte zu den Ergebnissen einer Unternehmensbefragung der Kammer in sieben ausgewählten Gewerbe- und Industriegebieten im IHK-Bezirk. Zukunftsfähige Anschlüsse an das schnelle Internet seien schon heute fast so wichtig wie ein funktionierendes Netz an Straßen und Schienen. Hensel: „Vor diesem Hintergrund sind die Ergebnisse der Untersuchung geradezu alarmierend!“
Generell zeigt sich, dass die Kreise Siegen-Wittgenstein und Olpe durchschnittlich deutlich schlechter an das schnelle Internet angebunden sind als die nordrhein-westfälischen Ballungsräume. So befinden sich rund 75 Prozent aller unmittelbaren Glasfaseranschlüsse (FTTB) im Land alleine im Stadtgebiet von Köln. Verfügen landesweit rund 74 Prozent aller Haushalte über Datenübertragungsraten von 50 Mbit/s oder mehr im Download, so sind dies im IHK-Bezirk deutlich weniger (Kreis Siegen-Wittgenstein: 70,1 Prozent, Kreis Olpe: 49 Prozent). Gewerbe- und Industriegebiete sind dabei schlechter angebunden als Wohnlagen. Das trifft landesweit ebenso zu wie im Bezirk der IHK Siegen: Beinahe Dreiviertel der an der Befragung teilnehmenden Betriebe verfügen über einen DSL-Anschluss, rund 9 Prozent über eine Richtfunkanbindung, 7,3 Prozent über einen VDSL-Anschluss. Für deutlich mehr als die Hälfte der Unternehmen liegt die maximal verfügbare Datenübertragungsrate bei 6 Mbit/s. „Wohnlagen gelten mit diesen Werten nach den Förderkriterien der Landesregierung übrigens als unterversorgt“, erinnert IHK-Hauptgeschäftsführer Klaus Gräbener. 41,8 Prozent der Unternehmen sind nicht zufrieden oder unzufrieden mit ihren Internetanschlüssen, 29,1 Prozent urteilen „teils/teils“. Kritisiert wird neben der fehlenden Geschwindigkeit vor allem die mangelnde Zuverlässigkeit der Internetverbindung. Vielen Betrieben fehle es damit an wesentlichen Leistungsmerkmalen ihres Breitbandanschlusses, betont Gräbener.
Unternehmen brauchen schon heute mehr als 50 Mbit/s
Fast die Hälfte der Betriebe gibt an, schon heute einen Bedarf zu haben, der höher liegt als 50 Mbit/s. Diese Geschwindigkeit entspricht dem landes- und bundespolitischen Ausbauziel für 2018. „Mit Blick auf 2018 ist dieses Ziel deshalb deutlich zu kurz gesprungen und sollte korrigiert werden. Es zementiert den Wettbewerbsnachteil, den die Unternehmen aufgrund der schlechten Breitbandinfrastruktur schon heute haben. Tatsächlich brauchen wir möglichst schnell die direkte Anbindung von Betriebsgebäuden an das Glasfasernetz“, so Hans-Peter Langer, verantwortlicher Referatsleiter der IHK Siegen. Wenn heute benötigte Bandbreiten erst in einigen Jahren gewährleistet sind, ist angesichts der hohen Dynamik in der Entwicklung von Internetdiensten zu erwarten, dass der tatsächliche unternehmerische Bedarf dann abermals höher liegen wird, als es die vorhandene Infrastruktur hergibt. Deshalb sollten nicht nur Projekte gefördert werden, die Ende 2018 abgeschlossen sind, sondern generell solche, die dem Aufbau nachhaltiger Infrastruktur dienen.
Rund 42 Prozent der Betriebe nutzten schon heute Internetanwendungen wie Videokonferenzen, Telearbeit, Cloud Computing, Online-Back-Ups, obwohl ihre Anschlüsse hierfür nicht ausreichend ausgestattet seien. Die Befragungsergebnisse zeigen zudem, dass den Unternehmen neben hohen Downloadgeschwindigkeiten auch hohe Uploadgeschwindigkeiten wichtig sind. Neun von zehn Betrieben legen hierauf Wert. Bei zwei Drittel der Betriebe liegt die Uploadgeschwindigkeit unter 6 Mbit/s.
Die Unternehmen könnten die Herausforderungen der zunehmenden Digitalisierung nur mit den richtigen Voraussetzungen bewältigen, hebt Langer hervor. Diese lägen zweifellos im FTTB-Ausbau und den damit einhergehenden Vorteilen. Sollte an dem politisch gewollten Ausbauziel festgehalten werden, müsse dieser zumindest parallel vorangetrieben werden. Langer: „Das Anliegen betrifft den gesamten südwestfälischen Raum. Deshalb sollten sich die Verantwortlichen in der landesweiten Industrieregion Nummer eins auf ein gemeinsames Engagement in dieser Frage verständigen!“ In Richtfunk und Mobilfunk sieht die IHK derzeit keine geeigneten Technologien, um die hohen Anforderungen nachhaltig zu bedienen.
Unternehmen schlecht informiert, aber bereit, sich für schnelles Internet einzubringen
83 Prozent der Unternehmen sind nicht über den aktuellen Breitbandausbau an ihrem Standort informiert und das trotz der hohen Bedeutung des Themas für die Wirtschaft. Gewünscht werden mehr Transparenz und Aufklärung zu den Ausbauaktivitäten von Telekommunikationsunternehmen und den Planungen der jeweiligen Kommune. Beinahe ebenso viele Unternehmen sind bereit, sich mit der IHK Siegen für eine bessere Breitbandanbindung einzusetzen. Auf Landesebene sind die Zuständigkeiten nach wie vor auf mehrere Ministerien verteilt. Sie sollten mit dem Ziel einer besseren Abstimmung in einer Hand gebündelt werden. Auch dies trage zur besseren Transparenz bei.
Schon heute zahlen die Betriebe mehr für ihren Internetanschluss als Privathaushalte. Die meisten Firmen sind durchaus bereit, für besseres Internet zusätzliches Geld in die Hand zu nehmen. Einmalige Kostenbeteiligungen für die Breitbandinfrastruktur sind 63,6 Prozent der Unternehmen bereit zu tragen, wenn die gebotene Leistung in einem angemessenen Verhältnis zu den Kosten steht. „Die Unternehmen sind sich ihrer Eigenverantwortung für den Standort bewusst. Aber klar ist auch: Eine erfolgreiche Wirtschafts- und Industriepolitik kann nicht darin bestehen, die Betriebe mit der Errichtung einer zukunftsfähigen Breitbandinfrastruktur alleine zu lassen“, so Klaus Gräbener.
Eindringlich plädieren die IHK-Vertreter dafür, dass eine gute Breitbandanbindung in der Region als Chefsache behandelt wird: „Mehr denn je brauchen wir heute eine zukunftsgerechte regionale Ausbaustrategie. Die Beauftragung von Breitbandkoordinatoren auf Kreisebene ist ein wichtiger Schritt, um Informationen zu bündeln und in einer Gesamtschau der Bedarfe und Ausbauvoraussetzungen die beste Strategie zu entwerfen. So kann erreicht werden, dass möglichst homogene Netzlösungen kleinteilige Flickenteppiche verhindern.“ Die Unternehmen und ihre Organisationen sollten in geeigneter Weise in die Ausbauplanungen eingebunden werden. „Die Gewerbe- und Industriegebiete müssen in der öffentlichen Diskussion endlich die Rolle spielen, die ihnen zusteht. Denn hier schlägt das industrielle Herz, das unsere Region am Leben erhält und ihre Lebensqualität sichert“, unterstreicht Felix G. Hensel.
Die Broschüre finden Sie hier.
Die Ergebnisse der Befragung können zudem angefordert werden bei
Hans-Peter Langer, Telefon 0271 3302-313,
E-Mail: hans-peter.langer@siegen.ihk.de.