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Nr. 047: Aus dem Nähkästchen geplaudert: Nachfolger berichten

07. Juli 2023/ Jeder vierte Betriebsinhaber bzw. Geschäftsführer in heimischen Unternehmen ist 60 Jahre oder älter, hat zugleich jedoch keinen weiteren jüngeren Geschäftsführer an seiner Seite. Die Planung der betrieblichen Nachfolge ist für viele dieser Personen daher ein ebenso schwieriges wie emotional anspruchsvolles Vorhaben, das zuweilen sehr belastend wirken kann. Dies wurde jetzt bei einer gut besuchten Informationsveranstaltung der IHK Siegen deutlich, bei der eine Unternehmerin sowie vier Unternehmer unter Moderation von IHK-Geschäftsführerin Sabine Bechheim aus dem Nähkästchen plauderten und ihre persönlichen Erfahrungen im Nachfolgeprozess offenbarten.

Amelie Dücker, Geschäftsführerin der Dücker & Setzer GmbH, trat die Nachfolge zu Beginn 2023 an. Im Unternehmen, einer Spedition mit Spezialisierung auf Schwerlasttransporte, hatte sie zuvor als Assistenz der Geschäftsführung erste Erfahrungen gemacht und den Geschäftsführer überzeugt. Zügig gingen beide zu Werke: Im Oktober 2022 wurde Amelie Dücker gefragt, nach dreimonatiger Vorbereitung ging es für die interne Nachfolgerin bereits los.

Wie eine Nachfolgeregelung durch einen externen Einsteiger erfolgen kann, zeigte Bernhard Ständer, jetziger Geschäftsführer der Breuer Metallbearbeitung GmbH in Bad Laasphe. Die Selbstständigkeit scheint ihm in die Wiege gelegt: Sein Vater ist ebenfalls Unternehmer. „Außerdem“, so führte er mit einem Ausgenzwinkern an, „sagt meine Frau, dass ich immer alles besser weiß und ich deshalb Chef werden musste.“ Aus einem anderen Beschäftigungsverhältnis heraus hat Bernhard Ständer die Übernahme des etablierten Unternehmens aus dem Bereich des Brennschneidens sowie CNC-Komplettbearbeitung gewagt. Rund eineinhalb Jahre dauerte es von der ersten Kontaktaufnahme bis zur Übergabe – ein realistischer Zeitrahmen. Die Besorgnis der Mitarbeiter, welche neuen Entscheidungen auf sie zukommen, konnte Bernhard Ständer aus dem Weg räumen. Alle Mitarbeiter sind geblieben.

Die 1793 gegründete Kornbrennerei J. J. Kemper aus Olpe hat seit Anfang 2021 einen neuen Geschäftsführer. Dirk Rademacher, gelernter Koch und Restaurantmeister, erfuhr im Februar 2020 von seiner Frau, Mitarbeiterin im Unternehmen, von den Nachfolgeplänen des Senior-Unternehmers. „Wenn nicht jetzt, wann dann?“, dachte sich Rademacher und machte sich auf den Weg: „Wir haben Prozesse digitalisiert, das Logo erneuert, die Buchhaltung an einen Steuerberater ausgelagert und die Produktpalette an den heutigen Markt angepasst: mit Erfolg.“ Sohn Paul, der die Ausbildung zum Destillateur absolviert hat, steht bereits als künftiger Nachfolger in den Startlöchern.

René Boller und Dr. Axel Müller waren bereits vor der Übernahme der Demig Prozessautomatisierung GmbH Kollegen. Sie verstehen sich bestens und können gut miteinander arbeiten, das war die Grundvoraussetzung für ihre Entscheidung, gemeinsam ein Unternehmen zu übernehmen. Über einen Kontakt ihres Steuerberaters fanden sie den Weg zu Demig, einem Unternehmen, das Systemlösungen für die Automatisierung thermischer Prozesse anbietet. „Es ist wichtig, den Mitarbeitern die Sicherheit zu vermitteln, dass es im Unternehmen weitergeht. Das gelingt nur mit vielen Gesprächen“, erläuterte Dr. Axel Müller die Vorgehensweise.

Alle „Neuunternehmer“ waren sich einig, dass der Nachfolgeprozess entscheidend von einer frühzeitigen Planung, einer klaren Kommunikation, einer vertrauensvollen Übergabe und der Fähigkeit der abgebenden Unternehmerpersönlichkeit abhängt, loslassen zu können. Daher sei wichtig, dass der bisherige Inhaber in einer gewissen Übergangszeit noch für Fragen und Beratung zur Verfügung steht. An die Senior-Unternehmer richteten die Nachfolger den Hinweis: „Passen Sie Ihr Produkt bzw. das Geschäftsmodell stets der jetzigen Zeit an und machen Sie Ihr Unternehmen übergabefähig. Das Unternehmenswissen sollte sehr gut dokumentiert und abrufbar sein, damit die Übergabe strategisch angegangen werden kann“.
Die spannenden Einblicke in die persönlichen Erfahrungen der Nachfolger ergänzte Gerhard Hartmann, der die Vorteile einer ehrenamtlichen Begleitung durch erfahrene Unternehmerinnen und Unternehmer im Nachfolgeprozess beschrieb. Er ist einer der 16 IHK-Mentoren, die ihre Expertise weitergeben und einen neutralen Blick von außen auf das Geschehen liefern. Der zeitlich begrenzte Einsatz des IHK-Mentorenprogramms ist für Unternehmen kostenfrei. Judith Vitt-Volprecht ist Mediatorin und Expertin für Familienunternehmen. Sie erklärte, wie das Instrument der Mediation als ein freiwilliges und vertrauliches Verfahren helfen kann, Interessen auszugleichen, gemeinsam Lösungen zu finden und die Beziehungen zu verbessern.

 

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Ansprechpartner

Sibylle Haßler

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