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Nr. 018: Russland-Ukraine-Konflikt: Große Mehrheit von Industrie und Großhandel befürwortet Sanktionen

10.03.2022 / „Der Krieg in der Ukraine belastet die heimische Wirtschaft erheblich. Die Hälfte der Industrie- und Großhandelsbetriebe in den Kreisen Siegen-Wittgenstein und Olpe bekommt bereits negative Auswirkungen zu spüren. Besonders hart trifft dies Unternehmen mit Geschäftsbeziehungen in die Krisenregion. Aber die Folgen treffen auch viele andere Firmen.“ Rainer Dango, geschäftsführender Gesellschafter der Dango & Dienenthal Maschinenbau GmbH in Siegen und Vorsitzender des Außenwirtschaftsausschusses der IHK Siegen, sieht in den Ergebnissen einer aktuellen Blitzumfrage der Kammer unter 266 Industrie- und Großhandelsbetrieben zum Russland-Ukraine-Konflikt alarmierende Anzeichen für eine nachhaltige Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Entwicklung: „Die Rückmeldungen zeigen: 58 % der Industrie- und Großhandelsbetriebe in der Region sind davon überzeugt, dass die kriegerische Auseinandersetzung dauerhaft negative Folgen für den eigenen Betrieb haben wird. Bei den Unternehmen mit Russlandgeschäft sind es mit 69 % noch deutlich mehr.“

Rund ein Viertel der 266 an der Umfrage mitwirkenden Betriebe unterhält Geschäftsbeziehungen in die Krisenregion, also zur Ukraine und/oder zu Russland. 75 % dieser Unternehmen haben mit den Folgen des Konflikts zu kämpfen, ein Großteil davon mit unmittelbaren Auswirkungen. Etliche Kommentare in den Antworten zeigen deren unterschiedliche Ausprägungen. So berichtet ein Unternehmen: „Stahl liegt im Hafen von Antwerpen und wir können ihn nicht abholen, da es sich um einen russischen Händler handelt und das Schiff nicht gelöscht wird!“ Ein weiterer Betrieb erklärt, dass Ware für die Ukraine versandfertig im Lager stehe, der Vertrag aber nun hinfällig sei. Zudem lägen Großaufträge für den russischen Markt „auf Eis“ – mit erheblichen Umsatzeinbußen als Folge. Ein anderes Beispiel verdeutlicht, dass sich auch bei den Rohstofflieferungen eine kritische Entwicklung abzeichnet: „Die meisten in der Ukraine beschäftigten Männer sind im Krieg, zugleich werden Lieferungen nach Russland nicht mehr bezahlt.“ Die Umfrage zeigt zudem, dass auch zahlreiche indirekte Auswirkungen spürbar werden. Hierzu gehören zum Beispiel steigende Kosten für Energie, Frachten und Rohmaterial sowie Lieferschwierigkeiten. Teilweise brechen Aufträge weg, weil an anderer Stelle Zahlungen aus Russland für Lieferungen ausbleiben.

Bei aller Betroffenheit: Die überwältigende Mehrheit der Unternehmen (85 %) befürwortet wirtschaftliche Sanktionen gegen Russland. Bei den Betrieben mit Geschäftsbeziehungen zur Ukraine und zu Russland ist dieser Anteil mit 89 % sogar noch etwas höher. Die Unternehmen überdenken kritisch ihre Geschäftsbeziehungen zu Russland. Hierbei besteht offenkundig insgesamt eine hohe Unsicherheit. Die Heinrich Georg GmbH Maschinenfabrik in Kreuztal gehört zur Mehrheit von 60 % der Betriebe, die beabsichtigen, ihre Geschäftsbeziehungen in Russland aufgrund des Konflikts zu beenden: „Wir unterstützen die Wirtschaftssanktionen und zeigen dies aktiv mit unserer Entscheidung, das Russlandgeschäft auszusetzen. Natürlich wissen wir um die wirtschaftlichen Konsequenzen, aber das ist ja nun mal der Charakter von Sanktionen. Diese richten sich keinesfalls gegen unsere russischen Partner, die wir auch in Zukunft als solche sehen möchten. Vielmehr bringen wir unsere Haltung gegen den brutalen Angriffskrieg des russischen Präsidenten zum Ausdruck“, fasst Geschäftsführer Mark Georg die Haltung seines Unternehmens zusammen.

IHK-Vizepräsident Axel E. Barten (Achenbach Buschhütten GmbH & Co. KG) will in Bewertung der gegenwärtigen Lage eine langfristige Perspektive angelegt wissen: „Es wird eine Zeit nach Putin geben, um dessen Krieg es hier geht. Geschäftsbeziehungen sind zum Teil über viele Jahrzehnte gewachsen und können nach Beilegung des Konfliktes einen wirksamen Beitrag zur Normalisierung der Beziehungen Russlands zur Ukraine, aber auch zum Westen leisten.“

„Wie verantwortliches Handeln in dieser Krise auszusehen hat, dafür gibt es keinen Königsweg. Am Ende muss jedes Unternehmen für sich die Handlungsoptionen sauber ausloten“, betont IHK-Hauptgeschäftsführer Klaus Gräbener. „Zweifellos handelt es sich um einen schmalen Grat, auf dem man sich bewegt. Je stärker und traditionsreicher die Beziehungen zu Russland sind, desto verständlicher ist es, wenn die ‚Daumenschrauben‘ nur sukzessive angezogen werden.“

Das Hauptrisiko des Konfliktes für das eigene Unternehmen sehen Industrie und Großhandel in weiter steigenden Energiepreisen (93 %). Sorgen bereiten zudem Engpässe bei Rohstoffen (70 %), instabile Lieferketten (53 %), sinkende Auftragseingänge (51 %) und Engpässe bei Vorprodukten (43 %). Mit dem Verlust von Arbeitsplätzen rechnen 9 % der befragten Betriebe. Vor dem Hintergrund des Konflikts haben die Unternehmen klare energiepolitische Erwartungen an die Politik: Fast zwei Drittel der Unternehmen (64 %) fordern, dass Steuern und Abgaben auf den Strompreis reduziert werden. Rund die Hälfte drängt auf eine Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren (56 %), einen schnelleren Ausbau erneuerbarer Energien (52%) und einen Neueinstieg in die Atomenergie (49 %). Rainer Dango: „Klimawandel und Krieg haben das Thema Grundlastsicherung und Krisenfestigkeit der Energieversorgung auf der Liste der Forderungen an die Politik weit nach oben rücken lassen. Hier besteht, weit über die Diskussion über Spritpreise hinaus, dringender Handlungsbedarf!“

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