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Nr. 050: Erfahrungsaustausch zum Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz – die Sorge vor bürokratischem Aufwand ist groß

31. Juli 2023/ Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) verpflichtet Unternehmen mit zumindest 3.000 Mitarbeitern seit Jahresbeginn 2023 dazu, grundlegende Menschenrechte entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu beachten. Ab 2024 wird sich der Anwendungsbereich auf Unternehmen ab 1.000 Beschäftigten vergrößern. Doch auch Unternehmen mit weit weniger Mitarbeitern können bereits jetzt mittelbar betroffen sein. Dann nämlich, wenn sie als Zulieferer gegenüber ihren eigenen Kunden Rede und Antwort stehen müssen, wie sie die Wahrung der Menschenrechte und Umweltaspekte in ihrem eigenen Geschäftsablauf sicherstellen. 30 Vertreter kleiner und mittlerer Unternehmen aus den Kreisen Siegen-Wittgenstein und Olpe trafen sich daher auf Einladung der IHK Siegen zu einem Erfahrungsaustausch. Stephan Häger und Jens Brill, Referenten der IHK, stellten den Inhalt sowie den Hintergrund des Gesetzes vor und moderierten die Gesprächsrunde. Stephan Häger: „Wer glaubt, dass nur große DAX-Konzerne betroffen sind, liegt leider falsch. Auch der Mittelstand sollte sich daher frühzeitig mit dem Thema auseinandersetzen, denn die Erwartungen und Anforderungen von Kunden sowie Investoren in puncto menschrechtlicher Sorgfaltspflichten werden in Zukunft steigen.“

Während des Austauschs konnten so manche Unsicherheiten ausgeräumt werden. „Das LkSG begründet ausdrücklich eine Bemühenspflicht. Ein Erfolg, d.h. die garantierte Einhaltung menschenrechtlicher Sorgfalt beim Geschäftspartner, ist hingegen nicht geschuldet. Unternehmen müssen nachweisen können, dass sie die im Gesetz genannten Sorgfaltspflichten umgesetzt haben, soweit dies individuell von ihnen leistbar und auch angemessen ist. Je stärker die Einflussmöglichkeit eines Unternehmens ist, desto größere Anstrengungen können einem Unternehmen zur Vermeidung oder Beendigung einer Verletzung zugemutet werden“, stellte Jens Brill dar. Der Jurist fasste daher zusammen: „Wenn sie als mittelständischer Betrieb ein an die unternehmenseigenen Anforderungen und die eigene Leistungsfähigkeit angepasstes Risikomanagement einführen, wenn sie also zunächst die eigene Risikolage analysieren und sodann etwa durch persönliche und vermittelnde Gespräche mit Kunden und Zulieferern ein Bemühen zur Einhaltung der Sorgfaltsplichten erkennbar machen und das vor allem auch nachhaltbar dokumentieren, sollten Sie auf der sicheren Seite sein.“

Deutlich wurde jedoch in diesem Zusammenhang, dass ein Großteil der anwesenden Unternehmer den Aufwand, den das LkSG auch für ihre Firmen mit sich bringen kann, für eine weitere Bürde und angesichts der ohnehin schon hohen Bürokratielast für unzumutbar hält. Gerade die Zulieferer in der Runde nannten Fälle, in denen Hauptkunden das Beantworten von Fragenkatalogen mit mehreren Dutzend Seiten forderten. Zuweilen seien dies Fragen, auf die unmöglich eine verlässliche Antwort gegeben werden könne, weil z. B. dem eigenen Unternehmen die geforderten Daten überhaupt nicht vorlägen. Stephan Häger ergänzte hierzu, dass das Gesetz für die unmittelbar angesprochenen größeren Unternehmen eine umständliche Berichtspflicht vorsehe: „Das für die Überwachung des LkSG zuständige Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) hat für die Erfüllung der Berichtspflicht einen elektronischen Berichtsfragebogen mit mehr als 400 Fragen entworfen, der jedes Jahr beantwortet werden muss – ein weiteres Beispiel bürokratischer Regelwut, die unsere Wirtschaft lähmt.“

Das teilweise deutlich geäußerte Unverständnis der Unternehmen betraf in Folge weniger das LkSG selbst als vielmehr die von allen Teilnehmern bestätigte Tatsache, dass den Unternehmen die schiere Fülle an gesetzlichen Anforderungen „über den Kopf wachse“. Jens Brill resümierte entsprechend die eigentliche Erkenntnis des Erfahrungsaustauschs: „Die Zielsetzung des LkSG ist unstrittig. Der Schutz von Menschenrechten und das Verbot von Kinderarbeit werden konsensual befürwortet. Der hier zu betreibende verwaltende Aufwand fällt jedoch als weiterer Tropfen in das bereits seit geraumer Zeit überlaufende Fass der äußerst strapazierten Unternehmer. Schließlich müssen die Betriebe inzwischen fast mehr Energie für die Erfüllung bürokratischer Pflichten aufbringen als für ihre eigentliche wirtschaftliche Tätigkeit.“

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Tel: 0271 3302-160
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