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Nr. 043: IHK-Wirtschaftsgespräch in Bad Laasphe: Prozess soll Gesamtperspektive für Zukunft der Stadt ausloten

19. Juni 2023/ Der Tenor beim IHK-Wirtschaftsgespräch in Bad Laasphe war einhellig: Die Stadt benötigt eine klare Perspektive, in welche Richtung sich Gesellschaft und Wirtschaft vor Ort entwickeln sollen. „Wir sind mitten in einem Strukturwandel. Hier den richtigen Weg zu beschreiten, ist eine Aufgabe für alle“, erklärte Bürgermeister Dirk Terlinden vor 45 Vertretern aus Wirtschaft und Politik in den Räumen der Osterrath GmbH & Co. KG in Sassmannshausen. Die Zukunftschancen und erforderlichen Weichenstellungen sollen in den kommenden Wochen gemeinsam erörtert werden.

„Wir sind Ihnen sehr dankbar für Ihre Zusage, dass die Stadt hierzu Unternehmer und zentrale Akteure aus der Politik zusammenbringen will“, erklärte Klaus Gräbener. Der IHK-Hauptgeschäftsführer verwies hierzu auf die Entwicklung wichtiger Strukturdaten, die ein klares Handlungserfordernis aufzeigen: So zählt die Lahnstadt heute rund 2.000 Einwohner weniger als noch vor 20 Jahren – ein Rückgang von 13,4 %, der aus Sicht der IHK nicht zufriedenstellen kann. Noch alarmierender ist die Entwicklung bei den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten: Arbeiteten im Sommer 2002 noch 4.533 Menschen in Bad Laasphe, waren es im vergangenen Jahr ein sattes Viertel weniger: 3.376. Eine Ursache: das rückläufige Kurwesen.

Umso überraschender fällt aus Sicht der IHK ein ausgesprochen positiver Trend in den Blick: Bad Laasphe weist mit 74 % eine hohe Kaufkraftbindungsquote auf. Es fließt vergleichsweise wenig Kaufkraft in andere Kommunen oder den Online- und Versandhandel ab. „Wenn die Menschen, die hier leben, gerne vor Ort einkaufen, dann macht der hiesige Einzelhandel offenkundig nicht viel falsch“, bilanzierte Volker Treude, Rewe Treude OHG. Der Trend zur Regionalität nehme ebenso zu wie die Nachfrage nach Manufaktur-Angeboten. Hierzu brauche es zielgerichtete Investitionen. „Die Unternehmen benötigen hierfür Planungssicherheit, für die eine ganzheitliche Ausrichtung der Stadtentwicklung und eine gute Informationspolitik Voraussetzungen sind.“ Dem schloss sich auch Martin Achatzi, Achatzi e.K., an. „Eine ganzheitlich verfolgte Vision fehlt seit zwei Jahrzehnten. Entsprechende Überlegungen sind schon vor Jahren angestellt worden, gelangten aber nie zur Umsetzung. Die Chance sollten wir jetzt nutzen!“ Ziel müsse sein, sich auf die Stärken der Kernstadt zu besinnen, diese zu entwickeln und dabei die umliegenden Orte nicht zu vergessen.

Es gelte zu sondieren und dann zu entscheiden, wie das künftige Profil Bad Laasphes aussehen soll. „Wollen wir beispielsweise Industriestadt, touristischer Standort, Bildungsstandort oder Gesundheitsstandort sein, oder von allem etwas?“, fragte etwa Bernd Petzolt, STAEHLER 1888 GmbH. Zwar spiele der Handel vor Ort eine wichtige Rolle. Aber bevor man sich von Einzelkonzepten leiten lasse, sei es sinnvoll, sich zu allen relevanten Themen generell zu positionieren und diese in der Gesamtheit zu bewerten, hob Matthias Köhler, Stadt-Apotheke Laasphe, hervor: „Neben dem Einzelhandelsangebot beeinflussen unter anderem auch Arbeitsplätze, verkehrliche Erreichbarkeit, Bauplätze, Familienfreundlichkeit oder auch die Attraktivität der Altstadt die Entscheidung, nach Bad Laasphe zu ziehen.“

Auch den Windkraftausbau in Wittgenstein diskutierten die Teilnehmer des Wirtschaftsgesprächs eingehend. In nächster Zeit seien vier Windräder im Bereich „Benfer Rücken“ und sieben weitere im Bereich Fischelbach vorgesehen, berichtete Dirk Terlinden. Er verwies auf politische Beschlussfassungen, mit denen es gelungen sei, den Ausbau zu kontrollieren und einen „Wildwuchs“ auszuschließen. Auf die Frage, ob die Bürger auch unmittelbar finanziell vom Windkraftausbau profitieren könnten, gab sich der Bürgermeister zurückhaltend. Technisch sei dies ohne weiteres nicht möglich, weil der gewonnene Strom ins Hochspannungsnetz fließe, Haftungsrisiken bestünden und Beteiligungsmodelle den Ausbau durch den höheren Aufwand verzögerten. „Die Landschaft mit ihren freien Räumen ist ebenfalls ein hoher Wert, der durch einen massiven Ausbau Schaden zu nehmen droht“, gab Gastgeber Jan Osterrath zu bedenken.

Zuvor hatte der Geschäftsführer der Osterrath GmbH & Co. KG das 1850 gegründete, inhabergeführte Familienunternehmen im Rahmen einer Betriebsbesichtigung vorgestellt. Die rund 180 Mitarbeiter stellen verschiedenste Stanzprodukte her, die in weiten Teilen der fertigenden Industrie zum Einsatz kommen, darunter Erdungskontakte, Federkontakte, Pressfit-Flachstecker, Akku-Verbinder oder Kontaktplatten. Der Standort in Sassmannshausen verfügt über eine eigene Oberflächenveredelung, mit der jede technisch denkbare Beschichtung realisiert werden kann. Großen Wert legt Osterrath auf Nachhaltigkeit: Dazu gehören neben der größten Photovoltaikanlage in der Region auch Fassadenbegrünungen, Gründächer und eine CO2-neutrale Beheizung mit Holzhackschnitzeln aus dem Umland.

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