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Update Abmahnwelle Google Fonts

Da die Massenabmahnungen zu Google Fonts ein kaum gekanntes Ausmaß annehmen, hat nunmehr der Deutsche Schutzverband gegen Wirtschaftskriminalität e. V. einen aktuellen Warnhinweis herausgegeben.

Nach seiner Erkenntnis tragen die Abmahnungen von Rechtsanwalt Kairis inzwischen sechsstellige Nummern, die Abmahnungen von Rechtsanwalt Lenard siebenstellige Nummern.

Wie bereits ausgeführt (s.u.) sollten Betroffene die Abmahnung unbedingt zum Anlass nehmen, die eigene Webseite vom Fachmann überprüfen zu lassen und die dynamische Einbindung von Google Fonts (und auch weitere Einbindungen) auf eine lokale Einbindung umzustellen.

 

Wie auf die Abmahnung selbst reagieren?

Mehrere Reaktionen sind möglich:

Weg 1 – Zahlen

Der einfachste, sicherste und schnellste Weg ist: zahlen. Das machen viele Betroffene auch, um das Thema vom Tisch zu haben. Dieses Bedürfnis machen sich die Abmahner zu nutzen. Problem ist, dass mit der Zahlung eine Abzock-Masche unterstützt wird, die Gefahr weiterer Abmahnwellen steigt, je erfolgreicher die vorhergehende war.

 

Weg 2 – Anwalt einschalten

Der Nachteil: Ein Anwalt kostet Geld, im schlimmsten Fall mehr als die in der Abmahnung geforderte Summe. Natürlich kann er aber die Unternehmen passgenau beraten und vertreten und würde selbst haften, machte er einen Fehler.

 

Weg 3 – Nichts tun und die Entwicklung im Auge behalten

Das Unternehmen bindet die Fonts lokal ein und antwortet nicht auf das Anwaltsschreiben. Es werden weder Kosten noch Zeit verschwendet. Schlimmstenfalls kann das Unternehmen verklagt werden, das Risiko, dass die Abmahnanwälte genau das Unternehmen unter Tausenden auswählen, um gegen es zu klagen, ist aber wohl eher sehr gering. Natürlich sollte die Entwicklung beobachtet werden (z.B. auf weitere Gerichtsurteile hin).

 

Weg 4 – Selbst agieren und Verhandlungen aufnehmen

Das Unternehmen weist die Ansprüche zurück, formuliert ein Antwortschreiben, in dem es eine Fülle von Einwänden erheben (wie z.B. die Bevollmächtigung bestreiten, die Schadenersatzforderung dem Grund und der Höhe nach zurückweisen). Der Vorteil: Keine Anwaltskosten. Der Nachteil: Vertieftes und zeitaufwändiges Auseinandersetzen mit dem auch juristischen Thema erforderlich.

 

Welcher Weg ist empfehlenswert?

Aufgrund der nun deutlich gewordenen Zahl der Massenabmahnungen, bei denen offensichtlich lediglich Geld abgezockt werden soll, sieht die IHK Siegen nunmehr für eine Zahlung keinen Anlass. Es gibt bislang keine Klageverfahren bei gleicher Fallkonstellation. Falls Betroffene dennoch verklagt werden, sollten sie sich anwaltlich vertreten lassen.

 

Link zum Warnhinweis des Deutschen Schutzverbandes gegen Wirtschaftskriminalität e. V.:

https://www.dsw-schutzverband.de/news/massenabmahnungen-bei-google-fonts

Vorsicht: Neue Abmahnwelle wegen Google-Schriftarten (Fonts) in Websites

Auch im Kammerbezirk der IHK Siegen erhalten derzeit vermehrt Firmen mit Internetauftritt Abmahnschreiben und damit verbundene Zahlungsaufforderungen, weil sie Googles kostenlose Schriftarten ("Fonts") auf ihrer Website nutzen. Grund ist ein Datenschutz-Urteil aus München.

Das Landgericht München hat entschieden: Wer die Schriftarten von Google Fonts online in seine Website einbindet, kann damit gegen Datenschutzrecht verstoßen. Bei der Einbindung der Fonts würden die IP-Adressen und damit unerlaubt personenbezogene Daten an Google weitergegeben (Urteil vom 20. Januar 2022, Az. 3 O 17493/20). Die dynamischen IP-Adressen fielen unter den Datenschutz. Beim Besuch der Internetseite würde diese ohne Rechtsgrundlage und Einwilligung des Seitenbesuchers vom Seitenbetreiber an Google weitergeleitet, wodurch das Recht des Besuchers auf informationelle Selbstbestimmung verletzt werde. Der Website-Betreiber müsse dies unterlassen, urteilten die Münchner Richter.

Sie sprachen dem Betroffenen einen Schadensersatz von 100 Euro nach Artikel 82 Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) zu. Denn Google sei "ein Unternehmen, das bekanntermaßen Daten über seine Nutzer sammelt und das damit vom Kläger empfundene individuelle Unwohlsein so erheblich, dass ein Schadensersatzanspruch gerechtfertigt ist. Berücksichtigt werden muss dabei auch, dass unstreitig die IP-Adresse an einen Server von Google in den USA übermittelt wurde, wobei dort kein angemessenes Datenschutzniveau gewährleistet ist", so das Urteil wörtlich.

Auf diese Entscheidung berufen sich die Anwälte und Personen, die jetzt Abmahnungen und Forderungsschreiben verschicken.

 

Lösung: Fonts lokal einbinden

Die Datenübermittlung an Google erfolgt nur, wenn die Website die Fonts online über die Google-Server einbindet. Denn dann werden die Schriften vom Browser des Besuchers beim Aufruf einer Seite von eben diesen Google-Servern geladen und die Website übermittelt gleichzeitig die IP-Adresse des Besuchers an den US-Konzern.

Betriebe sollten daher überprüfen, wie ihre eigene Website die Google-Schriften einbindet und ggf. die Website möglichst schnell so umstellen, dass die Schriften vom eigenen Webserver bereitgestellt werden.

 

Wie auf eine solche Abmahnung reagieren?

Vorweg: Das Urteil des LG München ist rechtlich sehr umstritten. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung. Andere juristische Stimmen sind der Meinung, dass selbst wenn durch die Weiterleitung der IP-Adresse ein Verstoß gegen die DSGVO vorliegt, nicht unweigerlich auch ein Schaden beim Websitebesucher eingetreten sein muss. Das LG Ravensburg z.B. geht davon aus, dass eine bestimmte Schwelle der Beeinträchtigung überschritten sein muss, um einen Schaden darzustellen, der ersatzfähig ist. Diese Bagatellgrenze sei bei einem lediglich kurzfristigen Verlust der Datenhoheit, der keinerlei spürbare Nachteile für die betroffenen Personen verursacht habe, nicht überschritten.

Vieles spricht dafür, dass die Rechtsunsicherheit nun von Privatpersonen und (deren) Anwälten genutzt wird, um über solche Abmahnungen Websitebetreiber abzuzocken. Nichtsdestotrotz müssen Empfänger solcher Abmahnungen sich damit beschäftigen und reagieren.

Folgende Fragen sollten Unternehmen stellen, wenn sie eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung bekommen:

 

Wer ist der Absender?

Abmahnen darf nur, wer in seinen Rechten verletzt ist. Daher sind nur Wettbewerber (oder bei urheberrechtlichen Verstößen der Urheber) zu Abmahnungen berechtigt – darüber hinaus nur wenige Verbände mit spezieller Befugnis (Verbraucherschützer). Keinesfalls darf etwa ein Rechtsanwalt abmahnen, ohne von einem Berechtigten bevollmächtigt oder selbst in seinen Rechten verletzt zu sein. Übrigens: Abmahnungen kommen nur selten per Einschreiben. Auch eine E-Mail oder ein Schreiben normaler Briefpost sind ernst zu nehmen.

 

Liegt eine Anwaltsvollmacht vor?

In der Regel wird die Abmahnung von einem Anwalt im Namen seines Mandanten erteilt. Das Unternehmen sollte kontrollieren, ob der Abmahnung die Vollmacht des Anwalts beigefügt ist. Eine Vollmacht muss der Abmahnung aber nicht zwingend beiliegen, oft wird die ordnungsgemäße Bevollmächtigung „anwaltlich versichert“. Dennoch kann die Nachfrage nach einer Vollmacht und einem Beweis der Existenz des Mandanten (Anschrift?) nicht schaden.

 

Welche Handlung wird abgemahnt?

Der Verstoß, der dem Websitebetreiber vorgeworfen wird, muss so beschrieben sein, dass er diesen konkret überprüfen kann. Pauschale Vorwürfe haben keine rechtliche Wirkung.

Der Websitebetreiber / das Unternehmen sollte die Einstellungen seiner Website prüfen und ob der Vorwurf berechtigt ist. Es sollte einen Nachweis dafür fordern, dass von der IP-Adresse der Person, in deren Namen das Unternehmen abgemahnt wird, auf die Website zugegriffen wurde, und warum diese in ihren Rechten verletzt sein soll.

Ist der Vorwurf nicht berechtigt, sollte das Unternehmen die Abmahnung sofort nach Rücksprache mit einem spezialisierten Anwalt – schriftlich – zurückweisen. Es ist gesetzlich dazu verpflichtet, zu reagieren.

 

Rechtsmissbrauch

Derzeit mahnen einige Anwälte in Vertretung behaupteter Mandanten sehr viele Websitebetreiber ab, z. B. Rechtsanwalt Kilian Lenard (Berlin) im Auftrag von Martin Ismail oder die RAAG-Kanzlei, Rechtsanwalt Nikolaus Kairis im Auftrag von Wang Yu.

In ihrer Reaktion auf das Abmahnschreiben können Unternehmen den Verdacht von Rechtsmissbrauch äußern, da angesichts der hohen Zahl von Abmahnungen für diese Mandanten der Verdacht besteht, dass mit Hilfe von Crawlern die betroffenen Websites bewusst gesucht wurden. Wer sich aber selbst absichtlich einem Risiko und der behaupteten Datenweiterleitung in die USA aussetzt, um danach bewusst einen Anspruch gegenüber den Websitebetreibern zu behaupten, handelt rechtsmissbräuchlich und kann keine Forderungen stellen.

Beim Verdacht der Abzocke sollten sich Unternehmen Gegenansprüche und ggf. das Stellen einer Strafanzeige wegen versuchten Betruges vorbehalten. Nach Rücksprache mit einem spezialisierten Anwalt sollte keine Zahlung vorgenommen werden.

 

Werden Anwaltskosten eingefordert?

Diese werden nur geschuldet, wenn das Unternehmen die Handlung tatsächlich begangen hat und von einem Schaden auszugehen ist. Für eine unberechtigte Abmahnung muss nichts bezahlt werden. Entstandene Kosten des Unternehmens können dann unter Umständen von dem Abmahner eingefordert werden.

 

Unterlassungserklärung

Unternehmen sollten sich auf keinen Fall zur Unterlassung von Handlungen bereiterklären, die sie nicht begangen haben oder zu deren Unterlassung sie nicht verpflichtet sind. Die der Abmahnung beigefügte Unterlassungserklärung sollten nicht ohne Rücksprache mit einem spezialisierten Anwalt unterschrieben werden, weil sie immer im absoluten Interesse des Abmahners formuliert ist.

Achtung: Oft sind hier kurze Fristen einzuhalten. Unternehmen sollten keine der im Internet erhältlichen Muster-Erklärungen verwenden, denn eine fehlerhafte Unterlassungserklärung kann unwirksam sein, so dass doch noch die Gefahr einer einstweiligen Verfügung oder Unterlassungsklage besteht.

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Ansprechpartner

Tanja Wagener

Tel: 0271-3302150
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