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Die Lieferung von Waren an Privatpersonen innerhalb der Europäischen Union (EU) folgt anderen Regeln als die Lieferung im unternehmerischen Verkehr. So kann der liefernde Unternehmer bis zu einer bestimmten Umsatzhöhe (Lieferschwelle), die Umsatzsteuer des eigenen Staates in Rechnung stellen und abführen. Überschreitet er diese Grenze, muss der Unternehmer sich im Staat des Letztverbrauchers umsatzsteuerlich registrieren lassen und dort Umsatzsteuer abführen. Diese Regeln gelten für Lieferungen sowohl an Privatpersonen als auch an diesen gleichgestellten Personen, wenn die an sie ausgeführten Umsätze eine bestimmte Grenze nicht überschreiten (Erwerbsschwelle).

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Amwendungsbereich

1.1 Privatpersonen

Die Umsatzbesteuerung von Warenlieferungen an Privatpersonen im EU-Binnenmarkt folgt prinzipiell anderen Vorschriften als die Besteuerung von Lieferungen zwischen Unternehmen. Während innergemeinschaftliche Lieferungen an Unternehmer grundsätzlich steuerfrei getätigt werden können und diese im Bestimmungsland vom Empfänger der Erwerbsbesteuerung zu unterwerfen sind, unterliegen Lieferungen an Privatpersonen anderen Regelungen. Der Grund hierfür ist, dass Privatpersonen von der Erwerbsbesteuerung regelmäßig ausgeschlossen sind.

 

1.2 Andere Rechtssubjekte

Für folgende Rechtssubjekte gelten für die Umsatzbesteuerung von Warenlieferungen im EU-Binnenmarkt grundsätzlich die gleichen Regelungen wie für Privatpersonen:

 

  • Unternehmer, die ausschließlich Umsätze ausführen, die zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führen
  • Unternehmer, die der Kleinunternehmerregelung (§ 19 Absatz 1 UStG) unterliegen
  • Land- oder Forstwirte, die Umsatzsteuer pauschalieren
  • juristische Personen, die nicht Unternehmer sind oder die Ware nicht für ihr Unternehmen beziehen (öffentliche Hand mit ihrem Hoheitsbereich, Vereine in Erfüllung ihrer satzungsmäßigen Aufgaben).

Hierbei ist allerdings zu beachten, dass diese Rechtssubjekte im Binnenmarkt Privatpersonen lediglich so lange gleichgestellt sind, wie

 

  • sie nicht zur Erwerbsteuerpflicht "optiert" haben, beziehungsweise
  • der Wert der Waren, die sie aus den übrigen EU-Mitgliedstaaten jährlich beziehen, einen bestimmten Betrag nicht überschreitet. Hierbei sind die Warenlieferungen aus den verschiedenen Mitgliedstaaten zusammenzurechnen. Die Höhe dieser so genannten Erwerbsschwelle richtet sich jeweils nach den Bestimmungen des Mitgliedstaates, in dem der Empfänger ansässig ist.

Überschreitet eines der vorgenannten Rechtssubjekte die maßgebliche Erwerbsschwelle, gelten hierfür grundsätzlich die selben Regelungen wie für Lieferungen zwischen voll vorsteuerabzugsberechtigten Unternehmern.

 

Derzeit gelten folgende Erwerbsschwellen:

Mitgliedstaaten Schwellenwert für die Anwendung der Sonderregelung für den Erwerb durch Steuerpflichtige ohne Vorsteuerabzugsrecht und durch nichtsteuerpflichtige juristische Personen (1)

Betrag

Belgien

11.200 Euro

Dänemark

80.000 DKK

Deutschland

12.500 Euro

Finnland

10.000 Euro

Frankreich

10.000 Euro

Griechenland

10.000 Euro

Irland

41.000 Euro

Italien

10.000 Euro

Luxemburg

10.000 Euro

Niederlande

10.000 Euro

Österreich

11.000 Euro

Portugal

10.000 Euro

Spanien

10.000 Euro

Schweden

90.000 SEK

Beitrittsländer
seit 1. Mai 2004

Estland

10.000 Euro

Lettland

10.000 Euro

Litauen

14.000 Euro

Malta

10.000 Euro

Polen

50.000 PLN

Slowakei

14.000 Euro

Slowenien

10.000 Euro

Tschechien

326.000 CZK

Ungarn

10.000 Euro

Zypern

10.251 Euro

Beitrittsländer
seit 1. Januar 2007

Bulgarien

20.000 BGN

Rumänien

34.000 RON

Beitrittsland
seit 1. Juli 2013

Kroatien

77.000 HRK

Quelle: Umsatzsteuer-Anwendungserlass - Stand 2023

1.3 Erwerbsteuer des Abnehmers

Verwendet der im EU-Ausland ansässige Abnehmer keine Umsatzsteueridentifikationsnummer, kann man regelmäßig davon ausgehen, dass er von der Erwerbsbesteuerung ausgeschlossen, das heißt wie eine Privatperson zu behandeln ist. Verwendet hingegen eines der angeführten Rechtssubjekte eine Umsatzsteueridentifikationsnummer, kann davon ausgegangen werden, dass es zur Gruppe der erwerbsteuerpflichtigen Personen gehört.

 

 

 

Die Regelungen im Einzelnen

Für die Umsatzbesteuerung von Lieferungen an Privatpersonen, die in anderen EU-Mitgliedstaaten ansässig sind, ist danach zu unterscheiden,

  • ob die Waren in Deutschland vom Verkäufer an den Käufer übergeben werden, oder
  • ob diese im Wege des Versands von Deutschland in den anderen EU-Mitgliedsstaat gelangen.

2.1 Verkäufe mit Übergabe in Deutschland

a) Grundsätzliche Regelung
Bei dem Verkauf und der Übergabe von Waren an Privatpersonen in Deutschland braucht der deutsche Verkäufer nicht danach zu unterscheiden, ob die Ware in Deutschland verbleibt oder vom Abnehmer in einen anderen EU-Mitgliedstaat verbracht wird. In beiden Fällen findet die Besteuerung im Ursprungsland, das heißt in Deutschland, statt. Für den Unternehmer bedeutet dies, dass er die deutsche Umsatzsteuer zu berechnen und ans Finanzamt abzuführen hat.

 

b) Ausnahmen
Innergemeinschaftliche Lieferung neuer Fahrzeuge
Abweichend vom oben genannten Grundsatz wird der Verkauf von Neufahrzeugen an Privatpersonen beziehungsweise diesen gleichgestellten Personen immer als innergemeinschaftliche Lieferung mit anschließendem innergemeinschaftlichen Erwerb behandelt. Im Einzelnen bedeutet dies Folgendes:

 

  • Die Lieferung des Fahrzeugs ist von der deutschen Umsatzsteuer befreit.
  • In dem EU-Staat, in dem die jeweilige Person das Fahrzeug anmeldet, erfolgt ein innergemeinschaftlicher Erwerb, der dort der Erwerbsbesteuerung unterliegt. Schuldner der Erwerbsteuer ist dabei nicht der Verkäufer, sondern der Erwerber des Fahrzeugs.

Hinweis: Dies gilt unabhängig davon, ob das Fahrzeug vom Verkäufer geliefert oder vom Käufer abgeholt wird.

 

Für welche Fahrzeuge gilt die Regelung?

  • Motorbetriebene Landfahrzeuge mit einem Hubraum von mehr als 48 Kubikzentimetern oder einer Leistung von mehr als 7,2 Kilowatt
  • Wasserfahrzeuge mit einer Länge von mehr als 7,5 Metern
  • Luftfahrzeuge, deren Starthöchstmasse mehr als 1550 Kilogramm beträgt.

Wann gilt ein Fahrzeug als neu?

 

  • Ein Landfahrzeug, wenn es entweder nicht mehr als 6.000 Kilometer zurückgelegt hat oder seine erste Inbetriebnahme im Zeitpunkt des Erwerbs nicht mehr als sechs Monate zurückliegt
  • ein Wasserfahrzeug, wenn es nicht mehr als 100 Betriebsstunden auf dem Wasser zurückgelegt hat oder wenn seine erste Inbetriebnahme im Zeitpunkt des Erwerbs nicht mehr als drei Monate zurückliegt
  • ein Luftfahrzeug, wenn es nicht länger als 40 Betriebstunden genutzt worden ist oder wenn seine erste Inbetriebnahme im Zeitpunkt des Erwerbs nicht mehr als drei Monate zurückliegt.

Wie sieht die Rechnungsstellung in diesem Fall aus ?

 

Neben dem Ausweis der allgemein üblichen Angaben ist bei der Rechnung Folgendes zu beachten:

 

  • In der Rechnung des Lieferanten darf keine Umsatzsteuer ausgewiesen sein.
  • Es muss ein Hinweis enthalten sein, dass es sich um eine innergemeinschaftlich steuerfreie Lieferung handelt.
  • Es müssen Angaben enthalten sein, aus denen hervorgeht, dass es sich um ein neues Fahrzeug handelt.

 

Was gilt für den Nachweis der Steuerfreiheit?

 

Wird ein neues Fahrzeug steuerfrei an eine Privatperson geliefert, sind grundsätzlich die selben Nachweise zu führen wie bei steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferungen an Unternehmen. Soweit das Fahrzeug durch den Abnehmer selbst befördert wird und für das Fahrzeug eine Zulassung für den Straßenverkehr erforderlich ist, kann der Nachweis der innergemeinschaftlichen Lieferung auch durch eine Zulassung des Fahrzeugs auf den Erwerber im Bestimmungsmitgliedstaat der Lieferung geführt werden. Hierfür ist eine einfache Kopie der Zulassung ausreichend. Erforderlich ist jedoch, dass die Zulassung die Fahrzeug-Identifikationsnummer enthält. Die Zulassung auf eine andere Person als den Erwerber ist nicht ausreichend (vgl. dazu Abschnitt 6a.5 Abs.16 und 17 UStAE).

2.2 Versand von Ware in andere EU-Mitgliedstaaten

Liegt keine Übergabe der Ware in Deutschland vor, sondern eine so genannte Versendungslieferung gelten abweichende Grundsätze.

 

a) Innergemeinschaftliche Versendungslieferung
Eine innergemeinschaftliche Versendungslieferung ist durch folgende Merkmale gekennzeichnet:

  • Die Ware gelangt von Deutschland in einen anderen EU-Mitgliedstaat.
  • Der Transport der Waren wird vom deutschen Unternehmer veranlasst. Dies ist gegeben, wenn
      - er die Ware selbst transportiert oder
      - einen selbstständigen Dritten mit dem Transport beauftragt (Beispiel: Spediteur, Kurierdienst, Fuhrunternehmer, Post, Bahn).

 

b) Ort der Besteuerung
Besteuerung im Ursprungsland
Versendungslieferungen werden so lange im Ursprungsland, das heißt in Deutschland, besteuert, wie bestimmte Lieferschwellen nicht überschritten werden. Voraussetzung für eine Umsatzbesteuerung der Lieferung in Deutschland ist also, dass die Lieferungen in den betreffenden anderen Mitgliedstaat im vorangegangenen oder im laufenden Kalenderjahr einen bestimmten Umfang nicht überschreiten. Für die Höhe des Betrages ist dabei immer der von dem jeweiligen Land festgelegte Betrag entscheidend, in dem die Beförderung oder Versendung endet. Anders als bei der Bestimmung der Erwerbsschwelle (vergleiche dazu oben) ist hierbei nicht auf den Gesamtbetrag der jährlich erfolgenden Lieferungen in die EU-Mitgliedstaaten insgesamt, sondern auf den jeweils einzelnen Mitgliedstaat abzustellen.

Die derzeit in den einzelnen Mitgliedstaaten geltenden Werte ergeben sich aus der folgenden Tabelle.

Mitgliedstaaten

Schwellenwert für die Anwendung der Sonderregelung

für Versendungslieferungen (2)

Betrag

Belgien

35.000 Euro

Dänemark

280.000 DKK

Deutschland

100.000 Euro

Finnland

35.000 Euro

Frankreich

35.000 Euro

Griechenland

35.000 Euro

Irland

35.000 Euro

Italien

35.000 Euro

Luxemburg

100.000 Euro

Niederlande

100.000 Euro

Österreich

35.000 Euro

Portugal

35.000 Euro

Spanien

35.000 Euro

Schweden

320.000 SEK

Beitrittsländer
seit 1. Mai 2004

Estland

35.000 Euro

Lettland

35.000 Euro

Litauen

35.000 Euro

Malta

35.000 Euro

Polen

160.000 PLN

Slowakei

35.000 Euro

Slowenien

35.000 Euro

Tschechien

1.140.000 CZK

Ungarn

35.000 Euro

Zypern

35.000 Euro

Beitrittsländer
seit 1. Januar 2007

Bulgarien

70.000 BGN

Rumänien

118.000 RON 
Beitrittsland
seit 1. Juli 2013

Kroatien

270.000 HRK

Quelle: Umsatzsteuer-Anwendungserlass, Stand 2023

 

 

Besteuerung im Bestimmungsland
Werden die oben angeführten Lieferschwellen überschritten, erfolgt die Besteuerung im Bestimmungsland, in das die Ware versandt wird.
Der Gesamtbetrag der für das Überschreiten der Lieferschwelle relevanten Entgelte ist hinsichtlich der Vorjahresumsätze für den Zeitraum eines Kalenderjahres festzustellen. Überschreitet der Gesamtbetrag der Entgelte im Vorjahr die vom Bestimmungsland festgelegte Lieferschwelle, so liegt der Ort der Lieferung ab dem ersten Versand im laufenden Kalenderjahr im Bestimmungsland.


Überschreitet der Gesamtbetrag der Entgelte im Vorjahr die maßgebliche Lieferschwelle nicht, so kommt es auf das laufende Jahr an. Hierfür gilt, dass in dem Moment, in dem die maßgebliche Lieferschwelle im laufenden Jahr überschritten wird, eine Verlagerung des Lieferorts stattfindet. Dementsprechend sind gegebenenfalls zeitnahe Kontrollen des laufenden Lieferumfangs vorzunehmen.

 

Hinweis: Der deutsche Lieferant hat die Möglichkeit, auch für Lieferungen unterhalb der Lieferschwelle für die Besteuerung im jeweiligen Empfangsland zu optieren. Diese Erklärung ist sowohl gegenüber dem zuständigen deutschen Finanzamt als auch gegenüber der zuständigen Finanzbehörde im anderen Mitgliedstaat abzugeben. Der Lieferant ist an die Erklärung für zwei Jahre gebunden.

 

Rechnungsstellung
Unterliegen Versendungslieferungen aufgrund der eben dargestellten Grundsätze der Umsatzbesteuerung in einem anderen EU-Mitgliedstaat, so hat der deutsche Lieferant seinem Kunden die Umsatzsteuer dieses Staates in Rechnung zu stellen. Dies bedeutet, dass er in diesen Fällen nicht die deutsche Umsatzsteuer, sondern die des Empfangslandes ausweisen muss. Einen Überblick über die derzeit geltenden Umsatzsteuersätze finden Sie im Internetangebot der Europäischen Union .

 

Umsatzsteuerpflicht in einem anderen Mitgliedsstaat
Der deutsche Unternehmer kann die in Rechnung gestellte Umsatzsteuer des Empfangslandes nicht an sein deutsches Finanzamt abführen, sondern muss diese an das zuständige Finanzamt des betreffenden Staates zahlen. Hierzu hat er sich dort umsatzsteuerlich registrieren zu lassen und entsprechende Steuermeldungen beziehungsweise -erklärungen abzugeben. Hilfestellungen bei der Registrierung im Ausland geben regelmäßig die deutschen Auslandshandelskammern vor Ort.
Ausnahmen gelten für verbrauchsteuerpflichtige Waren. Für Lieferungen von

 

  • Mineralöl
  • Alkohol
  • alkoholischen Getränken und
  • Tabakwaren

gilt Folgendes:

 

Erfolgt die Lieferung an eine Privatperson, ist diese vom deutschen Unternehmer unabhängig vom Übersteigen der Lieferschwelle stets im Bestimmungsland der Umsatzbesteuerung zu unterwerfen (vergleiche oben: Besteuerung im Bestimmungsland).

 

Erfolgt die Lieferung an eines der angeführten Rechtssubjekte, die bis zum Überschreiten bestimmter Erwerbsschwellen Privatpersonen gleichgestellt sind, so ist die Ware von ihm als Empfänger im Bestimmungsland der Erwerbsbesteuerung zu unterziehen (vergleiche oben: Andere Rechtssubjekte).

 

Aktueller Hinweis zur Änderung der Versandhandelsregelung zum 1. Juli 2021

Mit dem Jahressteuergesetz 2020 hat der Gesetzgeber eine Neuregelung des Versandhandels zum 1.7.2021 eingeführt. Er setzt damit eine EU-weit gültige Änderung der Versandhandelsregelung um, welche auf dem sogenannten E-Commerce Paket beruht. Der Versandhandel wird in Fernverkauf umbenannt. Anstelle der unterschiedlichen Lieferschwellen tritt eine einheitliche Bagatellgrenze in Höhe von 10.000 €. Dabei beschränkt sich diese Umsatzgrenze nicht auf ein bestimmtes Land, sondern umfasst alle grenzüberschreitenden Lieferungen an Nichtunternehmer mit Sitz in der EU. Die Besteuerung der Umsätze soll in einem speziellen Verfahren über den One-Stop-Shop (OSS) erfolgen, einer Erweiterung des Mini-One-Stop-Shop (MOSS). Den MOSS mussten Steuerpflichtige bislang nur für die Erklärung von Umsätzen aus elektronischen Dienstleistungen nutzen. So wird es den Unternehmern ermöglicht, im eigenen Ansässigkeitsstaat ihre Erklärungspflichten zu erledigen. Auf diese Weise soll vermieden werden, dass sie sich in einer Vielzahl von EU-Ländern wegen Überschreitens der Lieferschwelle umsatzsteuerlich registrieren lassen müssen.

 

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