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Nr. 054: „Wollen Niveau zurückgewinnen!“ - Fachkräfte Topthema bei IHK-Wirtschaftsgespräch in Wilnsdorf

11. August 2023/ „Wir müssen das Thema Ausbildung wieder verstärkt in die Köpfe bekommen. Gelingen wird dies nur, wenn die Lebenswelt der jungen Menschen noch zielgenauer berücksichtigt wird.“ Vor mehr als 50 Vertretern aus Wirtschaft und Politik stellte IHK-Geschäftsführerin Sabine Bechheim beim IHK-Wirtschaftsgespräch in Wilnsdorf die Lage auf dem Ausbildungsmarkt dar. Rasch entwickelte sich die Verfügbarkeit von Fach- und Arbeitskräften zum Schwerpunktthema der Veranstaltung bei der GAYKO Fenster-Türenwerk GmbH im Industriegebiet „Auf‘m Lehnscheid“. 

Noch im Mai habe man Sorge gehabt, das Vorjahresniveau der abgeschlossenen Ausbildungsverträge zu erreichen, erläuterte Sabine Bechheim. Inzwischen liege man leicht darüber, bleibe jedoch weiterhin unter dem Vor-Corona-Niveau. „Es wird für die Betriebe schwieriger zu planen. Potenzielle Auszubildende entscheiden sich immer später.“ Die IHK reagiert: Die Ausbildungsmessen werden regionaler und „praktischer“. Die Kontakte zu jungen Bewerbern sollen intensiviert werden, zum Beispiel mit „Speed Datings“. Außerdem unterstützt die Kammer die bundesweite Marketingkampagne „Jetzt #könnenlernen“, um den Stellenwert der Ausbildung zu vermitteln. Jedes Unternehmen kann hiervon profitieren. 

Bürgermeister Hannes Gieseler bekräftigte die Ansätze. Gemeinsam mit den Gemeinden Burbach und Neunkirchen veranstaltet die Gemeinde Wilnsdorf jedes Jahr die Ausbildungsmesse Südsiegerland, bei der sich jüngst erneut mehr als 50 Unternehmen mit ihrem Ausbildungsangebot präsentierten. Zusammen mit dem Arbeitskreis Wilnsdorfer Unternehmer stellen sich Unternehmen zudem in örtlichen Schulen vor. Dazu werden die Schüler mit Bussen durch die Gemeinde gefahren. „Der Aufwand ist hoch, aber wir sind von dem Konzept überzeugt, weil sich so bestehende Berührungsängste bei den jungen Menschen abbauen lassen“, erläuterte der Bürgermeister. Der Arbeitsmarkt sei äußerst arbeitnehmerfreundlich, die Erwartungen an die Arbeitgeber hoch. Das gelte auch für die Gemeindeverwaltung. 

„Die Wahrnehmung Wilnsdorfs hat sich jedoch verändert“, gab IHK-Hauptgeschäftsführer Klaus Gräbener zu bedenken. „Während die Gemeinde vor 30 Jahren gut von der Autobahnnähe profitieren konnte, sehen grundlegende Entwicklungsparameter heute nicht mehr so gut aus.“ So ist die Bevölkerung in den vergangenen 20 Jahren um rund 8 % gesunken, und damit etwas stärker als im Kreisgebiet insgesamt. Zwar ist die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in dieser Zeit um 13,3 % gestiegen, allerdings konnten andere Autobahnanrainer wie Drolshagen, Olpe, Wenden, Freudenberg oder Burbach deutlich stärker zulegen. Auch bei der Industriebeschäftigung zeige die Wielandgemeinde einen überdurchschnittlichen Rückgang. 

Nach möglichen Gründen befragt, führte Wilnsdorfs Bürgermeister das Spardiktat der vergangenen zwei Jahrzehnte ins Feld. „Der Gemeindehaushalt war dermaßen in Schieflage geraten, dass große und wichtige Investitionen lange Zeit zurückgestellt wurden, leider auch die Schaffung neuer Wohnbauflächen.“ Wenn die Menschen keinen Wohnraum fänden, müssten sie auf andere Orte ausweichen; dies gelte es aber unbedingt zu verhindern. „Seit einigen Jahren steuern wir wieder mit aktiver Baulandpolitik entgegen, die schon Erfolge erzielt“, wies Gieseler beispielhaft nach Flammersbach, wo im vergangenen Jahr ein Neubaugebiet mit 29 Bauplätzen geschaffen wurde, und Rinsdorf, wo in Kürze der erste Spatenstich für ein weiteres Neubaugebiet erfolgen wird. Wenn sich Investoren finden, werde man sich auch Alternativen zu Einfamilienhäusern nicht verschließen. Ob und wo weitere Flächen entwickelt werden können, hänge auch vom Regionalplan ab, der sich seit Jahren in der Neuaufstellung befinde. 

Mindestens ebenso dringend sei die Ausweisung neuer Flächen für Industrie und Gewerbe. Hier sieht der letzte Entwurf für Wilnsdorf noch drei Potenzialflächen vor: Wilden-Nord, Lehnscheid VII und Rinsdorf. Zeitliche Vorhersagen, wann hier eine Ansiedlung möglich ist, wollte Hannes Gieseler angesichts der aufwendigen Planungsverfahren nicht machen. Schmerzhaft sei der aktuelle Spitzenwert bei den Hebesätzen für die Gewerbesteuer und die Grundsteuer B gerade mit Blick auf das benachbarte Hessen, so Klaus Gräbener. Diesen Punkt nahm Bürgermeister Hannes Gieseler auf und verwies auf die hohen Kostenbelastungen der Gemeinde, von denen ein beträchtlicher Teil auf die Kreisumlage entfalle. „Auch der Ausbau vermeintlich weicher Standortfaktoren, mit denen für neue Fachkräfte geworben wird, kostet Geld. Neben den Steuern gibt es für uns kaum nutzbare Einnahmequellen.“ Gieseler prognostizierte, dass noch weitere Städte und Gemeinden gezwungen sein werden, ihre Steuern zu erhöhen. „Solange von Bund und Land keine ernsthaften Vorschläge zu einer sicheren Kommunalfinanzierung kommen, stehen wir mit dem Rücken zur Wand.“

Auf Zuspruch stieß der Vorstoß von Ricarda Klein, den Austausch mit der Verwaltungsspitze zu intensivieren. Die Geschäftsführerin der Wilhelm Klein GmbH schlug hierzu eine Mitwirkung möglichst vieler Betriebe im Arbeitskreis Wilnsdorfer Unternehmer vor, mit dem eine geeignete Gesprächsplattform bereits bestehe. 

Gastgeber Klaus Gayko warf einen Blick auf die Lage der Baubranche. Nach dem Bauboom in der Niedrigzinsphase und während der Corona-Pandemie machten der Branche nunmehr hohe Materialpreise und eine gravierende Verunsicherung zu schaffen. Die GAYKO-Gruppe zählt zu den führenden Anbietern von Fenstern und Türen aus Kunststoff und Aluminium in Deutschland. Sie beschäftigt am Standort Wilnsdorf rund 240 Mitarbeiter und vertreibt ihre Produkte über ein ausgesuchtes Fachpartnernetzwerk.

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