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Handwerksabgrenzung - IHK oder Handwerkskammer?
Die Abgrenzung von Industrie, Handel und Dienstleistungen zum Handwerk ist kompliziert. Sie hat Auswirkungen auf die Frage, ob ein Unternehmen der IHK oder der Handwerkskammer zugehört und bei welcher Kammer das Unternehmen Rechte und Pflichten hat.
Grundsätzlich gehört jedes gewerbliche Unternehmen zur IHK, es sei denn, es ist bei der Handwerkskammer in der Handwerksrolle oder dem Verzeichnis der zulassungsfreien Handwerke oder handwerksähnlichen Gewerbe eingetragen. Maßgeblich für die Abgrenzung ist die konkret ausgeübte Tätigkeit. Werden nichthandwerkliche und handwerkliche Tätigkeiten ausgeübt, ist auch die Zugehörigkeit zu beiden Kammern möglich.
Die Abgrenzung kann aber auch ganz entscheidend sein für die Frage, ob ein Unternehmen überhaupt die geplante Tätigkeit ausüben darf. Denn im Grundsatz gilt: Wer ein zulassungspflichtiges Handwerk („Meisterhandwerk“) selbständig betreiben will, muss in der Handwerksrolle eingetragen sein. Vor allem Existenzgründerinnen und Existenzgründer sollten daher genau prüfen, ob die beabsichtigte Tätigkeit einem zulassungspflichtigen Handwerk zuzuordnen und ob daher eine Eintragung in die Handwerksrolle erforderlich ist, und ob dafür die Voraussetzungen erfüllt werden können.
In der Praxis ist es dennoch oft schwierig zu beurteilen, ob eine konkrete Tätigkeit einem Handwerk oder einem handwerksähnlichen Gewerbe zuzuordnen ist.
Hinsichtlich der Fragen der Handwerksrolleneintragung und der Zugehörigkeit zur Handwerkskammer gibt es schließlich mehrere Ausnahmemöglichkeiten und besondere Fallkonstellationen.
Einen Überblick zur Abgrenzung gibt der von den Industrie- und Handelskammern und den Handwerkskammern gemeinsam herausgegebene „Leitfaden Abgrenzung Handwerk – Industrie / Handel / Dienstleistungen“.
Sie finden ihn hier: Leitfaden Abgrenzung Handwerk – Industrie – Handel – Dienstleistung (aktueller Stand: Juli 2021)
Bei konkreten Fragen wenden Sie sich bitte direkt an uns.
Rückvermeisterung im Handwerk: 2021
Unternehmen, die von der neuen Meisterpflicht betroffen sind, hatten bis zum 14. Februar 2021 die Möglichkeit, einen Antrag auf Eintragung in die Handwerksrolle zu stellen und so ihren Bestandsschutz in Anspruch zu nehmen. Nach Ablauf der Frist muss grundsätzlich ein Meistertitel in den rückvermeisterten Berufen nachgewiesen werden.
Berufe, die seit dem 14.02.2020 wieder meisterpflichtig sind
Mit der Novelle der Handwerksordnung (HwO) im Jahr 2004 wurden zahlreiche Berufe „meisterfrei“. Sie konnten als sog. zulassungsfreie Handwerke ohne meisterliche Qualifikation selbstständig ausgeübt werden.
Nach einer Änderung der HWO (Inkraftreten:14. Februar 2020) heißt es nun „Rolle rückwärts!“. Diese Berufe werden zukünftig wieder der Meisterpflicht unterworfen („Rückvermeisterung“):
- Fliesen-, Platten- und Mosaikleger
- Betonstein- und Terrazzohersteller
- Estrichleger
- Behälter- und Apparatebauer
- Parkettleger
- Rollladen- und Sonnenschutztechniker
- Drechsler und Holzspielzeugmacher
- Böttcher
- Glasveredler
- Schilder- und Lichtreklamehersteller
- Orgel- und Harmoniumbauer
- Raumausstatter
Welche IHK-Betriebe sind betroffen?
Von dieser Gesetzesänderung sind nicht nur Unternehmen betroffen, die schon bisher der Handwerkskammer Südwestfalen angehört haben, es können auch Betriebe betroffen sein, die bislang ausschließlich IHK-zugehörig sind. Es handelt sich dabei vor allem um die Betriebe, die bislang eine der oben aufgeführten Tätigkeiten neben ihrer Handels- oder Dienstleistungstätigkeit in untergeordneter Weise in ihrem IHK-Betrieb ausführen.
Wer also z. B. einen Fliesenhandel betreibt und Fliesenverlegearbeiten anbietet, war bisher in vielen Fällen nicht bei der Handwerkskammer Südwestfalen im Verzeichnis der zulassungsfreien Handwerke eingetragen, wenn der Handel die umsatzstärkere Tätigkeit darstellte. Gleiches gilt z.B. auch für Werbeagenturen, die Werbeschilder als Lichtreklame selbst herstellen.
Diese Unternehmen dürfen nur dann weiterhin ihre handwerklichen Tätigkeiten im Nebenbetrieb ausüben, wenn sie – so formuliert es § 126 Abs. 2 HWO - „innerhalb eines Jahres nach dem 14. Februar 2020 bei der zuständigen Handwerkskammer unter Beifügen oder Vorlegen geeigneter Nachweise für das Innehaben eines handwerklichen Nebenbetriebs“ einen Antrag auf Eintragung in die Handwerksrolle stellen.
Was muss für die Eintragung in die Handwerksrolle nachgewiesen werden?
Betroffene Unternehmen müssen für die Eintragung in die Handwerksrolle lediglich nachweisen, dass sie bereits vor dem 14. Februar 2020 handwerkliche Tätigkeiten ausgeführt haben. Sie müssen nicht das Vorliegen eines Meistertitels nachweisen, sondern genießen Bestandsschutz. Der Nachweis kann z. B. durch die Gewerbeanmeldung oder durch entsprechende Rechnungen erfolgen.
Der Antrag ist bei der Handwerkskammer Südwestfalen zu stellen.
Ausnahmen von der Eintragung in die Handwerksrolle: Unerheblich handwerkliche Nebenbetriebe
Ausgenommen von der Eintragung in die Handwerksrolle sind Unternehmen, bei denen die handwerkliche Tätigkeit im Rahmen eines unerheblichen handwerklichen Nebenbetriebs ausgeübt wird.
Voraussetzung für einen Nebenbetrieb ist das Bestehen eines Hauptbetriebs, bei dem der Schwerpunkt der Tätigkeit liegt. Haupt- und Nebenbetrieb müssen fachlich, organisatorisch und wirtschaftlich verbunden sein.
Handwerkliche Nebenbetriebe müssen grundsätzlich in der Handwerksrolle eingetragen werden.
Dies gilt jedoch nicht, wenn die Tätigkeit im Nebenbetrieb lediglich in unerheblichem Umfang ausgeübt wird. Die Tätigkeit darf dabei die durchschnittliche Arbeitszeit eines ohne Hilfskräfte Vollzeit arbeitenden Betriebes des betreffenden Handwerkszweiges während eines Jahres nicht überschreiten (ca. 1.664 Stunden/Jahr). Diese Grenze gilt auch für Ein-Personen-Betriebe.
IHK und HWK: Welche Beitragsregelung gilt?
Mit der Eintragung in die Handwerksrolle ist zukünftig eine (zusätzliche) Mitgliedschaft bei der Handwerkskammer mit einer grundsätzlichen Beitragszahlungspflicht verbunden, sowie eine Gebührenzahlung für die Eintragung.
Eine Beitragspflicht bei der IHK besteht für gemischt-gewerbliche Unternehmen erst, wenn der Gewerbebetrieb nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert und der Umsatz ?des nichthandwerklichen/nichthandwerksähnlichen Betriebsteils über 130.000 Euro im Jahr beträgt.
Achtung: Ende des Bestandsschutzes
Ändert sich später die personelle Zusammensetzung der Unternehmensleitung, muss innerhalb von sechs Monaten die notwendige handwerkliche Qualifikation, also grundsätzlich das Vorhandensein eines Meisters, nachgewiesen werden und ein entsprechender Eintrag in die Handwerksrolle erfolgen.