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Nr. 014: „Infrastruktur entwickelt sich zur Achillesferse des Wirtschaftsraumes“ - IHK stellt verkehrspolitische Positionen vor

25.02.2022 / „Die Verkehrsinfrastruktur entwickelt sich zur Achillesferse unseres Wirtschaftsraumes. Das bekommen wir derzeit massiv zu spüren. Zusätzlich zu den bestehenden Verkehrsproblemen, die der ländliche Raum ohnehin mit sich bringt, haben die Flutkatastrophe und die Vollsperrung der Sauerlandlinie die Sorgen exponenziell verstärkt!“ Felix G. Hensel, Präsident der IHK Siegen, ließ bei der Vorstellung der verkehrspolitischen Positionen der Kammer keinen Zweifel an der Bedeutung der nunmehr zerschnittenen „Lebensader A45“: „Manche Betriebe, die gerade begannen, sich von Corona zu erholen, sehen ihre Geschäfte erneut bedroht!“

Unter dem Titel „Zukunftssicher und innovativ“ spiegelt die IHK auf 32 Seiten die Interessen der heimischen Wirtschaft in Verkehrsfragen wider und gießt sie in konkrete Forderungen. Immer wieder wird dabei deutlich, wie die Verkehrswege die wirtschaftliche Entwicklung der Region häufig erst ermöglichten. Die Grundbotschaft: Was für die A45 gilt, trifft auch auf andere Verkehrswege zu. Felix G. Hensel: „Die Sauerlandlinie hat der Region zur wirtschaftlichen Blüte verholfen. Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten ist in den Anrainerkommunen der A45 seit den 70er Jahren geradezu explodiert und auch der Bevölkerungszuwachs ist hier in der Tendenz deutlich höher als in den Städten und Gemeinden abseits der Autobahn.“

Konsequenterweise finden sich in dem durch die IHK-Vollversammlung einstimmig beschlossenen Positionspapier die Forderungen nach einer deutlich schnelleren Umsetzung von Ortsumgehungen, allen voran der Route 57. Deren Planungen reichten bis weit in die 80er Jahre zurück, erinnert IHK-Vizepräsident Walter Viegener. „Seitdem haben in Deutschland sieben Bundespräsidenten und 16 Bundesverkehrsminister zum Wohle der Menschen gewirkt. Gebaut wurden von den Ortsumgehungen Kreuztal, Ferndorf, Hilchenbach und Erndtebrück in dieser ganzen Zeit exakt null Meter!“

Ruhr-Sieg-Strecke: Nach einem halben Jahrhundert in der Vorplanung angekommen

Nicht anders verhalte es sich mit den Ortsumgehungen im Zuge der B55 oder dem Ausbau an den wichtigen Schienenstrecken der Region. Wer ständig betone, es müssten mehr Güter über die Bahn transportiert werden, müsse hierfür auch die Voraussetzungen schaffen, legte Walter Viegener den Finger in die Wunde. Seit Anfang der 70er Jahre fordere die Region, dass die Ruhr-Sieg-Strecke ausgebaut wird. „Heute, ein halbes Jahrhundert später, können wir feststellen, dass wir immerhin in der ersten Phase der Vorplanung angekommen sind.“ Auch am Zustand der Siegstrecke lässt der Vorsitzende des Industrie- und Verkehrsausschusses der IHK kein gutes Haar. Hier warte die Region seit Kriegsende auf einen durchgängig zweigleisigen Ausbau. „Ein solches Schlafwagentempo muss man als Wirtschaftsnation erst einmal schaffen!“

Der Ausbau der L512 Olpe-Attendorn gehört ebenso zu den Forderungen der IHK wie der Bau der Ortsumgehungen Kaan-Marienborn und Niederdielfen oder die verkehrliche Verbindung zwischen der Krombacher Höhe und der L711 (Kirchhundem/Lennestadt). Neben dem Erhalt und dem Ausbau bestehender Infrastruktur müsse in dringend gebotenen Fällen auch der Neubau von Verkehrswegen möglich bleiben, heißt es in dem Papier. Eingehend widmet sich die IHK dabei dem Thema „Finanzierung und Planung“. Sie fordert, die Mittel für die Infrastruktur bei Bund und Land auf hohem Niveau zu verstetigen und bestehende Haushaltsansätze in ihrem Volumen beizubehalten. „Die Autobahnsperrung und die Flutkatastrophe haben gezeigt, wie wichtig ein krisenbeständiges Verkehrsnetz ist. Dieser Aspekt findet bislang bei der Bewertung von neuen Verkehrswegen keinerlei Berücksichtigung“, hebt IHK-Hauptgeschäftsführer Klaus Gräbener hervor.

Nicht nur für den Verkehrsbereich gelte, dass man in den Planungsprozessen viel zu langsam sei: Der notwendige Neubau der gesperrten Talbrücke Rahmede sei deshalb ein „Lackmustest“ für die im Koalitionsvertrag von den Regierungsparteien festgehaltenen Instrumente der Planungsbeschleunigung. „Wenn nicht hier und jetzt: Wo sollen die neuen Regelungen denn dann umgesetzt werden? Seit Jahrzehnten diskutieren wir zu lange und investieren zu wenig. Wenn wir nicht endlich vor allem die großen Infrastrukturvorhaben schneller und besser steuern, können wir auch komplexe Vorhaben wie die Energiewende vergessen. Auch sie werden unvollendet im komplexen Dickicht der Bürokratie versinken. In zehn Jahren eine Industrie, deren Strukturen über Jahrhunderte gewachsen sind, von links auf rechts zu drehen, kann in einem Land nicht funktionieren, in dem der Bau einer einzigen Ortsumgehung ein halbes Jahrhundert dauert.“

Schwertransporte: Gesetzliche Vorgaben sprengen jeden Rahmen

Mit vielen ungelösten Problemen kämpfen nach wie vor zahlreiche Betriebe vor allem im Siegerland, die auf Großraum- und Schwertransporte angewiesen sind. Mehr als 10.000 Anträge auf Durchführung solcher Transporte bearbeiten die zuständigen Stellen bei den Kreisverwaltungen Siegen-Wittgenstein und Olpe im Jahr. „Die gesetzlichen Vorgaben sprengen jeden Rahmen. Dazu gehören ein überbürokratisiertes Antragsverfahren und Auflagen, die ganze Bücher füllen. Hinzu kommt: Immer mehr Fernstraßen wurden in den letzten Jahren für Schwertransporte gesperrt“, gibt IHK-Geschäftsführer Hans-Peter Langer zu bedenken. Ganz gleich, ob Maschinen- und Anlagenbauer, Rohrhersteller, Walzenproduzenten, Apparate- und Behälterbauer oder Betonfertigteilhersteller: Bürokratie, Auflagendichte und ein unzureichendes Verkehrsnetz seien Gift für die Wettbewerbsfähigkeit dieser Unternehmen.

Auch zur Verkehrswende formuliert die IHK Anforderungen. Die Ansätze reichen von der Bewerbung umweltverträglicher Verkehrsarten über eine flächendeckende Ladesäuleninfrastruktur für E-Mobilität bis hin zur verbesserten Erreichbarkeit ohne Pkw. Hans-Peter Langer: „Die Erwartungen an Mobilitätsangebote in den Betrieben haben sich spürbar gewandelt. Die IHK Siegen arbeitet daher seit einiger Zeit im IHK-Netzwerk ‚Betriebliche Mobilität‘ mit, das Unternehmen gezielt berät, wie sie mit neuen, klimafreundlichen Mobilitätsangeboten ihre Attraktivität für Mitarbeiter steigern können.“ 

Zu den Forderungen der IHK gehört schließlich auch ein deutlich stärkerer Einsatz digitaler Technik in Verkehrsfragen, sei es bei der Zustandsüberwachung von Brückenbauwerken, bei der Baustellenkoordination oder bei Genehmigungsverfahren. Felix G. Hensel: „Hier liegen nach wie vor ungeheure Potenziale, schneller und besser zu werden. Beides brauchen wir im Verkehrsbereich – heute mehr denn je!“ Die verkehrspolitischen Positionen werden in den kommenden Wochen Entscheidungsträgern in Politik und Verwaltung zugeleitet.

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