Seit einigen Jahren nimmt die Zahl unseriöser Adressverzeichnisanbieter, die als Rechnungen aufgemachte Eintragungsangebote für Unternehmensdateien, Branchenregister, Zentralverzeichnisse, Gewerberegister oder ähnlich lautende Verzeichnisse in Umlauf bringen, stetig zu. Die Angebote sind dabei so aufgemacht, dass der flüchtige Leser meint, es handle sich um eine Rechnung für einen bereits erteilten Auftrag.
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Adressbuch- und Registerschwindel
1. Adressverzeichnis- und Registerschwindel
Gerne wird durch die Anbieter auch der Eindruck erweckt, eine öffentliche Stelle sei Absender der Rechnung für eine vermeintlich gesetzlich verlangte Veröffentlichung. Leidtragende - weil bevorzugte Adressaten solcher Machenschaften - sind vor allem Existenzgründer und junge Unternehmen, deren Anschriften zum Teil Veröffentlichungen über Handelsregistereintragungen entnommen werden. Die Auswertung solcher Veröffentlichungen ist erlaubt. Der Bundesanzeiger weist seine Inserenten in einer Mitteilung ausdrücklich auf diesen Umstand hin, betont jedoch gleichzeitig, in keinerlei Zusammenhang mit den Angeboten unseriöser Verzeichnisanbieter zu stehen.
Eine andere Vorgehensweise unseriöser Adressverzeichnisanbieter besteht darin, Formulare zu verwenden, in die Anzeigentexte aus anderweitig veröffentlichten, von den angeschriebenen Unternehmen tatsächlich in Auftrag gegebenen Werbeanzeigen, montiert werden. Der flüchtige Leser erkennt seine eigene alte Werbeanzeige und bemerkt gegebenenfalls nicht, dass er mit seiner Unterschrift nicht nur den richtigen Text der Anzeige bestätigt (z. B. Korrekturabzug für eine Wiederveröffentlichung), sondern einen neuen Anzeigenvertrag mit einem ganz anderen Unternehmen unterschreibt.
Der wirtschaftliche Schaden, der den Betrieben durch den ungewollten Vertragsschluss zugefügt wird, ist immens. Falls die Verzeichnisse überhaupt erscheinen, sind sie meist wertlos, da die Eintragungen z. B. ohne Sortierung nach Branche oder Sitz des Unternehmens erfolgen.
2. Woran erkennt man Werbeschreiben unseriös arbeitender Adressverzeichnisanbieter?
- Das Werbeschreiben ähnelt einer Rechnung, zumeist sind bereits ausgefüllte Überweisungsträger dem Schreiben fest beigefügt.
- Angegebene Kunden- oder Registriernummern sollen den Eindruck bereits bestehender Geschäftsverbindungen erwecken.
- Es werden Logos oder Bezeichnungen verwendet, die denen von Behörden oder halbamtlichen Stellen gleichen.
- Zumeist geben erst die kleingedruckten Geschäftsbedingungen auf der Rückseite einen Hinweis darauf, dass es sich um ein kostenpflichtiges Eintragungsangebot handelt.
- Häufig werden aufgeklebten Ausschnitte von Handelsregisterveröffentlichungen aus dem Bundesanzeiger verwendet.
- Datenerhebungsbögen für eine vorgeblich kostenfreie Aufnahme der Firmendaten in eine Datenbank werden zugesandt. Kostenlos ist jedoch gemeinhin nur die Veröffentlichung der sogenannten Stammdaten (Firmenbezeichnung, Anschrift).
- Es werden sogenannte Firmengründungsurkunden verschickt.
- Die Eintragungsofferten werden oftmals per Fax verschickt. (Hinweis: unerbetene Telefaxwerbung ist wettbewerbswidrig).
- In Formularen werden Anzeigentexte aus anderweitig veröffentlichten, von den angeschriebenen Unternehmen tatsächlich in Auftrag gegebenen Werbeanzeigen, montiert. Die Richtigkeit eines angeblichen Korrekturabzuges soll schriftlich bestätigt werden, tatsächlich handelt es sich um die Unterschrift zu einem Anzeigenauftrag.
Wie die Beispiele zeigen, zielen die Werbemethoden bewusst auf Schwachstellen der innerbetrieblichen Organisation ab. Dabei rechnen die Versender damit, dass die Zahlungen ohne genauere Prüfung angewiesen werden, da sich die Kosten für eine Eintragung in die Verzeichnisse in der Regel auf weniger als 500 Euro belaufen.
3. Richtig reagieren
Wie ist mit diesen Angeboten umzugehen?
Die IHK warnt davor, auf diese Angebote einzugehen. Der richtige Platz für Eintragungsofferten der vorgenannten Art ist der Papierkorb. Daher sollten speziell die mit Zahlungsvorgängen betrauten Mitarbeiter über die dubiosen Praktiken unseriöser Adressverzeichnisanbieter aufgeklärt werden.
Besonders wichtig ist in diesem Zusammenhang eine genaue Prüfung, ob ein entsprechender Bestellvorgang vorliegt beziehungsweise ob die angebotene Leistung wirklich in Anspruch genommen werden soll.
Die IHK bemüht sich seit Jahren, Unternehmen vor unseriösen Adressverzeichnisanbietern zu schützen. Zur Bekämpfung arbeitet die IHK seit langem mit dem Deutschen Schutzverband gegen Wirtschaftskriminalität e.V. (DSW) und dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) zusammen.
Bei der IHK eingehende Beschwerden werden an den DSW weitergeleitet. Der Schutzverband fordert die unseriösen Unternehmen zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf und leitet gegebenenfalls gerichtliche Schritte ein, unter Umständen wird sogar Strafanzeige gestellt.
Was tun, wenn ein Vertrag schon unterschrieben wurde?
Für Fälle, in denen die Kostenpflichtigkeit des Angebots verschleiert wird hat der BGH in einem neuen Urteil vom 26.7.2012 (Az. VII ZR 262/11) entschieden, dass in diesen Fällen kein kostenpflichtiger Vertrag zustandekommt. Wenn eine Leistung (im entscheidenden Fall der Grundeintrag in ein Branchenverzeichnis im Internet) vielfach unentgeltlich angeboten werde, werde eine Entgeltklausel, die nach der drucktechnischen Gestaltung des Antragsformulars so unauffällig in das Gesamtbild eingefügt ist, dass sie vom Vertragspartner des Klauselverwenders dort nicht vermutet werde, gemäß § 305c Abs. 1 BGB nicht Vertragsbestandteil.
Wird beim Adressat der falsche Eindruck erweckt es bestehe eine zwingende Zahlungsverpflichtung bzw. wird er über die Rahmenumstände des Registereintrags getäuscht, so können solche Angebote nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 26. Januar 1995 (AZ.: I ZR 39/93) gegen das Wettbewerbsrecht verstoßen. Leider nützt dies dem Betroffenen noch nicht allzuviel, da der unterschriebene Vertrag hierdurch nicht per se unwirksam wird. Für die Betroffenen besteht allerdings die Möglichkeit, den Vertrag wegen arglistiger Täuschung nach § 123 BGB unverzüglich schriftlich anzufechten. Zwar besteht unabhängig von einer Anfechtung des Betroffenen das Risiko einer Zahlungsklage seitens des Verwenders. Durch diese Vorgehensweise wird jedoch die Möglichkeit in Betracht gezogen, dass ein Gericht später im Streitfall doch von einem wirksam zustande gekommenen, aber möglicherweise wirksam angefochtenen, Vertrag ausgeht. Einen Formulierungsvorschlag für eine Anfechtungserklärung finden Sie am Ende dieser IHK-Information. Ergänzend kann geprüft werden, ob der auf Basis des Formulars geschlossene Vertrag eventuell auch AGB-rechtswidrig ist, denn vorformulierte Klauseln, die als überraschend im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) angesehen werden können (so z.B. die verschleierte Kostenpflichtigkeit), können als unwirksam gelten.
Dessen ungeachtet sollte stets vorsorglich gleich eine Kündigung des Vertragsverhältnisses erklärt werden, um die Zusendung von Folgerechnungen für einen gegebenenfalls mit der Unterzeichnung erteilten Mehrfachauftrag oder eine weitere Vertragsverlängerung grundsätzlich zu vermeiden.
Was tun, wenn schon gezahlt wurde?
Wer auf eines der rechnungsmäßig gestalteten Auftragsformulare eine Zahlung im falschen Glauben an eine bereits bestehende Verbindlichkeit geleistet hat, sollte noch nicht ausgeführte Überweisungsaufträge umgehend bei der Hausbank stoppen. Falls es für diesen Schritt bereits zu spät ist, sollte der Betrag gegebenenfalls mit anwaltlicher Hilfe zurückgefordert werden. Der geleimte Kunde sollte in jedem Fall einen ungewollt erteilten Auftrag wegen arglistiger Täuschung schriftlich anfechten (siehe untenstehender Formulierungsvorschlag). Nach dem BGH wird jedoch keinesfalls in allen Fällen, in denen das Formular als wettbewerbswidrig angesehen wird, eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung durch denjenigen, der das Formular irrtümlich unterschrieben und bezahlt hat, als zulässig erachtet (vgl. Urteil vom 22. Februar 2005, Az. X ZR 123/03). Vielmehr ist es für eine erfolgreiche Rückzahlungsklage des Betroffenen nach Anfechtung wegen arglistiger Täuschung erforderlich, dass das Gericht einen Täuschungswillen des Versenders bejaht.
Vorsorglich sollte immer die Kündigung erklärt werden, um die Zusendung von Folgerechnungen für einen gegebenenfalls mit der Unterzeichnung erteilten Mehrfachauftrag grundsätzlich zu vermeiden.
Sofern in dem Formular eine vorsätzliche Täuschungshandlung gesehen werden kann, die zu einem Vermögensschaden führen sollte, ist der Tatbestand zudem strafrechtlich relevant. Es sollte dann auch eine Anzeige bei der Polizei wegen (versuchten) Betruges in Erwägung gezogen werden.
4. Muster einer Anfechtungserklärung
Bitte beachten Sie: Da die Formulare unterschiedlich aufgebaut ist, enthält das nachfolgende Muster unterschiedliche Alternativen, aus denen die im jeweiligen Fall zutreffend ausgewählt werden muss! Ebenso unterscheidet der Text danach, ob bereits eine Zahlung geleistet wurde oder nicht.
MUSTER
Sehr geehrte Damen und Herren,
(Falls zutreffend: ich habe unter dem Eindruck einer Zahlungsverpflichtung den Betrag von ... Euro an Sie gezahlt. Mit dieser Zahlung ist kein wirksamer Vertragsschluss zustande gekommen.)
Hiermit fechte ich meine Erklärung vom ... wegen arglistiger Täuschung an. Mit Ihrem Formularschreiben vom ... haben Sie in arglistig täuschender Weise den Eindruck vermittelt, es handle sich um eine Rechnung mit Zahlungsverpflichtung (alternativ: einen Korrekturabzug) und nicht um ein Vertragsangebot. Der Angebotscharakter war nicht ohne Weiteres erkennbar. Hinzu kommt, dass der Hinweis auf die Kosten derartig in den übrigen Text eingebettet war, dass der Leser geradezu verleitet werden sollte, den ausschlaggebenden Teil in Bezug auf die Kosten zu überlesen.
(Falls zutreffend: Ich fordere Sie auf, die von mir geleisteten Zahlungen unverzüglich, spätestens bis zum ... auf mein Konto ... zurückzuerstatten.) Rein vorsorglich kündige ich den Vertrag hilfsweise zum nächstmöglichen Zeitpunkt.
Rechtliche Schritte behalte ich mir ausdrücklich vor.
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