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Nr. 042: „Jetzt die Voraussetzungen für den ‚Impf-Turbo‘ schaffen“ - Gewerkschaften, Verbände, Handwerk und IHK nehmen Politik bei betriebsärztlicher Impfung in die Pflicht

20.04.2021 | Die Impfkapazitäten werden in den nächsten Wochen zur Nagelprobe bei der Bewältigung von Corona. Wie viele Impfungen auf einmal durchgeführt werden können, ist aus Sicht der heimischen Wirtschaft entscheidend dafür, wie schnell es gelingt, die Pandemie einzudämmen. Unternehmen und Gewerkschaften in den Kreisen Siegen-Wittgenstein und Olpe fordern die Politik in Bund und Land nachdrücklich auf, schon jetzt die erforderlichen Entscheidungen zu treffen. In einer gemeinsamen Resolution „Impfanstrengungen gemeinsam maximal beschleunigen“, die heute den heimischen Bundes- und Landtagsabgeordneten zuging, richten die Arbeitgeberverbände Siegen-Wittgenstein und Olpe, der DGB Südwestfalen, die IHK Siegen, die IG Metall Siegen und Olpe sowie die Kreishandwerkerschaft Westfalen-Süd klare Erwartungen an die Regierungspolitik. Im Fokus stehen dabei die notwendigen Rahmenbedingungen für innerbetriebliche Impfungen.

„Etliche Unternehmen aus der Region signalisierten in den vergangenen Wochen ihre Bereitschaft, eigene betriebliche Kapazitäten zur Bewältigung der gesamtgesellschaftlichen Herausforderung einzubringen. Das verdeutlicht nicht nur das hohe Maß an gesellschaftlicher Verantwortung der Betriebe, sondern zeigt überdies, dass es in dieser Frage zwischen Politik und Wirtschaft überhaupt keinen Dissens gibt“, erläutert IHK-Hauptgeschäftsführer Klaus Gräbener. Es werde Zeit, dass die Politik erkenne: Die Unternehmen und ihre Beschäftigten sind nicht Teil des Problems, sondern Teil der Problemlösung – auch in Siegen-Wittgenstein und Olpe. „Klar ist: Nicht nur Großkonzerne haben Betriebsärzte, die gibt es auch in Attendorn, Krombach, Siegen oder Bad Berleburg. Wenn die helfen wollen, sollte man sie auch helfen lassen. Dazu muss man jetzt die erforderlichen Voraussetzungen schaffen, damit auf allen Vertriebskanälen geimpft wird, wenn in wenigen Wochen genügend Impfstoffe verfügbar sind“, betont Klaus Gräbener: „Die Devise kann nur lauten: Jetzt schnell politisch in Bund und Land die Weichen stellen, damit im Mai der ‚Impf-Turbo‘ eingeschaltet werden kann. Jede Spritze hilft schließlich!“

Derzeit werde noch jede neue Impfdosis herbeigesehnt. Das werde sich schon in Kürze ändern, dann nämlich würden die Möglichkeiten, Impfungen durchzuführen, zum gefährlichen Flaschenhals, zeigt sich auch Ingo Degenhardt, Geschäftsführer der DGB-Region Südwestfalen, überzeugt. „Bisher haben die regionalen Impfzentren hervorragende Arbeit geleistet. Je mehr Impfstoff verfügbar wird, desto stärker und umfangreicher sollten jedoch sowohl die niedergelassenen Ärzte als auch die Betriebsärzte in das Impfgeschehen eingebunden werden.“ Beim politischen Umgang mit dem gesamten Thema „Testen“ habe man wiederholt feststellen müssen, dass sich die politisch Verantwortlichen in Bund und Land in ihren Entscheidungen von tagesaktueller Hektik hätten treiben lassen. Ingo Degenhardt: „Schaugefechte und politische Scharmützel sind bei der politischen Debatte um die Verteilung der bisher knappen Impfstoffe weitgehend ausgeblieben. Das sollte so bleiben. Wir benötigen in diesem Themenfeld gerade jetzt und auch weiterhin klare Kante und Weitsicht“.

Rechtliche Grundlagen schaffen

In ihrer Resolution fassen die Vertreter von Verbänden, Gewerkschaften, Handwerk und IHK die grundlegenden Weichenstellungen zusammen, zu denen Politik jetzt „Farbe bekennen“ müsse, damit Betriebsärzte zur Impfversorgung zugelassen und mit Impfstoffen ausgestattet werden können. Dr. Thorsten Doublet, Geschäftsführer der Arbeitgeberverbände Siegen-Wittgenstein, weist darauf hin, dass es bereits geeignete rechtliche Grundlagen hierfür gebe. „Das Infektionsschutzgesetz sieht ausdrücklich vor, dass neben den Gesundheitsämtern auch Betriebsärzte mit der Durchführung von Schutzimpfungen beauftragt werden können. Denkbar ist auch, Betriebsärzten die Impfungen auf Grundlage des Sozialgesetzbuches (SGB V) zu ermöglichen. Diese Möglichkeiten müssen unverzüglich geprüft werden.“ Unter Umständen müssten die Rechtsgrundlagen in geeigneter Weise ergänzt oder eben neue geschaffen werden. „So oder so: Hier müssen politische Entscheidungen getroffen werden, die keine Sekunde Aufschub dulden“, betont Dr. Thorsten Doublet. Unternehmen bzw. Betriebsärzte seien zumindest teilweise von der Beachtung von Priorisierungsvorgaben zu befreien, damit auch nicht-betriebszugehörige Menschen geimpft werden können. Nur so bekomme man „Tempo auch in die Fläche“.

Als enorm wichtig bewerten die Absender der Resolution, dass Impfstoffe überhaupt in entsprechender Menge bereitgestellt werden. Die Unternehmen können nur dann zu einer zügigen Impfung der Bevölkerung beitragen, wenn sie auch schnellstmöglich von Bund und Land mit Impfdosen ausgestattet werden. Die Impfstoffe werden bis Ende Mai in erheblicher Menge hergestellt sein; dann sei die Logistik gefragt und auch hier sei der Gesetzgeber gefordert, schnell und vorausschauend die Weichen zu stellen. „Das Handwerk ist in besonderer Weise auf schnelle Impfungen angewiesen, hebt Jürgen Haßler, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Westfalen-Süd, hervor: „Heizungen reparieren und Fliesen legen geht nicht aus dem Homeoffice und auch nicht ohne Kundenkontakt. Bei uns hängen an diesen Fragen ganz schnell Existenzen. Eine flächendeckende Impfstrategie nach der Prämisse ‚so schnell wie möglich über alle Kanäle‘ ist daher für viele Handwerksbetriebe überlebenswichtig!“

Eine weitere Erwartung: Die Unternehmen müssten bei betrieblich organisierten Impfungen im Falle nicht auszuschließender Impfschäden von einer Haftung befreit bleiben, wenn sie zuvor qualifiziertes Personal mit der Durchführung der Impfungen betraut hätten. Außerdem sei wichtig, dass Ärzte nicht über den Umfang der Impfung hinaus hafteten. „Eine gute Orientierung bietet hier der Rahmen bei Grippeschutzimpfungen in den Betrieben, der die Pflichten des Arbeitgebers hinreichend definiert“, erläutert Stephan Stracke, Geschäftsführer des Arbeitgeberverbandes Olpe. „Es macht hochgradig Sinn, dieses bewährte Verfahren auch bei innerbetrieblichen Corona-Impfungen anzulegen.“ Impfstoffe und Impfzubehör müssten ohne zusätzlichen Kostenaufwand zur Verfügung gestellt werden. Auch die Unternehmensstruktur sei zu berücksichtigen. „Je kleiner die Betriebe sind, desto eher sind sie beispielsweise auf eine Zusammenarbeit mit arbeitsmedizinischen Zentren angewiesen“, betont Stephan Stracke.

Effiziente Organisation ermöglichen

Die Politik sei gut beraten, den Weg für eine schlanke und effiziente Organisation der Impfungen in der Fläche zu ebnen, unterstreicht Andree Jorgella, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Siegen. Insbesondere in der ersten Phase der Corona-Krise habe sich gezeigt, dass viel zu viel Papier habe ausgefüllt werden müssen, etwa bei den Meldebögen beim Besuch von Restaurants. „Bei den Impfungen durch Haus- und Betriebsärzte muss man alles daransetzen, deren bürokratischen Aufwand so gering wie möglich zu halten. Mehrfachabfragen identischer Sachverhalte sollten auf ein Minimum begrenzt und Terminbuchungsportale soweit wie möglich genutzt werden. Zudem gilt es, im innerbetrieblichen Impfbetrieb bestehende Portale zu nutzen“, betonte Jorgella, der zugleich Verständnis dafür äußerte, dass man insbesondere ältere Mitbürger in technischer Hinsicht nicht überfordern dürfe: „Wir müssen alle mitnehmen, erwarten aber zugleich vom Gesetzgeber, hier mutig zu sein und die Möglichkeit zum Einsatz digitaler Hilfsmittel einzuräumen, wo immer dies geht!“

André Arenz, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Olpe, unterstreicht diese Forderung. Es müsse gefragt werden, was in dieser Ausnahmesituation wichtiger sei: Akte oder Impfung. „Wir dürfen uns jetzt nicht mit überbordender Bürokratie selbst ein Bein stellen. Vor diesem Hintergrund muss daher dringend geprüft werden, ob beispielsweise der nach der Coronavirus-Impfverordnung an das RKI zu übermittelnde Datensatz nicht auf wesentliche Angaben zurückgeführt und anstelle einer täglichen Meldung in einem längeren Intervall übermittelt werden kann.“ Der Gesetzgeber sei aufgefordert, ein besonderes Augenmerk darauf zu legen, neue bürokratische Hemmnisse von vornherein auszuschließen, indem etwa Freiräume eingeräumt werden.

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