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Nr. 081: IHK bewertet geplantes „Lieferkettengesetz“ in zentralen Punkten kritisch

13.10.2020 | „Die Achtung und Einhaltung von Menschenrechten ist ein sehr hohes Gut und ein Ziel, das uns alle einen sollte. Allerdings kann jemand nur für etwas haften, das er auch beeinflussen kann. Das geplante Lieferkettengesetz droht diesen Kausalzusammenhang aufzuheben. Hier ist Vorsicht geboten.“ IHK-Präsident Felix G. Hensel sieht mit dem Gesetzesvorhaben der Bundesregierung gerade im exportstarken heimischen Wirtschaftsraum große Schwierigkeiten auf zahlreiche Unternehmen zukommen. Häufig hätten die Betriebe nur begrenzten Einfluss auf Zulieferer und die Gegebenheiten vor Ort, wenn überhaupt. Ein Unternehmen könne für sein eigenes Handeln, aber nicht für das seiner Geschäftspartner im Ausland haften. Selbst mittlere Unternehmen hätten mitunter hunderte direkte Zulieferer. Felix G. Hensel: „Die Einflussmöglichkeiten der Unternehmen auf die Einhaltung von Menschenrechten entlang der Lieferkette variieren je nach Größe und Branche. Vorgeschaltete Stufen sind häufig unbekannt. Müssen Unternehmen für das Verhalten anderer Akteure entlang der Lieferkette haften, sind globale Lieferketten praktisch kaum mehr möglich.“ 

Abgesehen von diesem Kernproblem rufe das Lieferkettengesetz ehebliche Belastungen und Mehraufwände für die Betriebe hervor. Mit der Umsetzung von zusätzlichen Berichtspflichten in Zusammenhang mit Menschenrechten seien erheblicher bürokratischer Aufwand und höhere Kosten zu erwarten. Unmittelbar soll das Gesetzesvorhaben „große“ Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten betreffen. IHK-Hauptgeschäftsführer Klaus Gräbener: „Im heimischen Wirtschaftsraum würden hierunter 44 Firmen fallen, darunter Industriebetriebe, Banken und große Einzelhandelsunternehmen. Wer also meint, dass das Vorhaben nur Dax-Konzerne in den Metropolen betrifft, ist auf dem Holzweg.“ Hinzu komme, dass erfahrungsgemäß die an diese Firmen gestellten Anforderungen auch an die Lieferanten, häufig kleine und mittlere Unternehmen, weitergegeben würden. Das Gesetz und die hierdurch entstehenden neuen Belastungen kämen obendrein in einer wirtschaftlich denkbar ungünstigen Lage. Unternehmen brauchten in Krisenzeiten Entlastung und Unterstützung, damit sie wieder Tritt fassen können, betont Klaus Gräbener: „Stattdessen hagelt es neue Belastungen und Verunsicherungen. Einerseits spannt man einen Rettungsschirm nach dem anderen auf, um die Wirtschaft wieder flott zu machen, andererseits lässt man fast keine Gelegenheit aus, neue bürokratische Belastungen aufzubauen!“

Sorge bereitet zudem, dass deutsche Unternehmen im europäischen und internationalen Vergleich benachteiligt werden könnten. Felix G. Hensel: „Es darf nicht zugelassen werden, dass der heimische Mittelstand durch die entstehenden Lasten sein Engagement im Ausland grundsätzlich überdenkt. Die politischen Abgeordneten aller Parteien sind gefordert, die Gesetzesinitiative in diesen Punkten kritisch zu begleiten!“ Menschenrechte seien international, die Verantwortung hierfür und hieraus entstehende Lasten seien es ebenfalls. Deshalb wäre eine Regelung auf EU-Ebene in diesem Fall zielführender. Bei der Umsetzung als nationales Gesetz müsse darauf geachtet werden, dass auch in Deutschland tätige ausländische Unternehmen einbezogen würden. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) weist in einem Positionspapier ergänzend darauf hin, dass Kernbegriffe des Gesetzes, wie beispielsweise „Risikoländer“ oder „Risikobranchen“, selbst internationale „Menschenrechte“ – etwa wirtschaftliche und soziale Menschenrechte – in weiten Teilen rechtlich unbestimmt sind und weltweit sehr unterschiedlich interpretiert werden. Felix G. Hensel abschließend: „Die Unternehmen brauchen in jedem Fall Klarheit darüber, wie sie sich im Rahmen der Sorgfaltspflichten konkret zu verhalten haben.“

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