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Nr. 087: Konjunkturklima stabilisiert, Lage passabel, Aussichten jedoch ungewiss

15.10.2021 | „Bei den zuletzt arg gebeutelten Unternehmen in Einzelhandel und Gastgewerbe ist der Optimismus zurückgekehrt. Der Bauwirtschaft geht es nach wie vor gut. Deutlich zurückhaltender äußern sich die Industrieunternehmen und der heimische Großhandel. Insgesamt treten wir konjunkturell auf der Stelle – das jedoch auf erfreulich hohem Niveau.“ Mit diesen Worten kommentiert IHK-Präsident Felix G. Hensel die Ergebnisse der Ende September durchgeführten IHK-Konjunkturumfrage, an der sich 516 Unternehmen mit mehr als 38.000 Beschäftigten aus Industrie, Bauwirtschaft, Handel und Dienstleistungsgewerbe in den Kreisen Siegen-Wittgenstein und Olpe beteiligten. 

Der IHK-Konjunkturklimaindex – er ergibt sich aus Lagebeurteilung und Erwartung - steigt um 2 Punkte auf einen Wert von 120. Innerhalb eines Jahres verbesserte sich das Konjunkturklima um 28 Punkte. Der Mittelwert der letzten 20 Jahre (105) wird abermals deutlich übertroffen. 44 % der Unternehmen berichten von einer guten, nur 16 % von einer schlechten Lage. Felix G. Hensel: „Dass sich die Lagebeurteilung bereits in diesem Herbst derart ins Positive drehen würde, haben selbst die kühnsten Optimisten nicht für möglich gehalten. Allerdings geht die Schere zwischen der Lagebeurteilung und den Zukunftserwartungen momentan wieder auseinander. Die Zuversicht schwindet etwas. Das bereitet uns Sorgen.“ Dennoch rechnen 30 % in den kommenden Monaten mit besseren Geschäften (Frühjahr: 35 %), 18 % hingegen mit schlechteren (Frühjahr: 17 %). Ursächlich für den pessimistischeren Blick in die Zukunft sind nicht allein der teilweise dramatische Mangel an Vorprodukten, brüchige Lieferketten und ein größer werdender Fachkräftemangel. 

IHK-Hauptgeschäftsführer Klaus Gräbener: „Die Strom-, Gas- und Rohstoffpreise gehen mittlerweile regelrecht durch die Decke. Diese Entwicklung betrachtet beinahe die gesamte heimische Wirtschaft mit Argusaugen. Innerhalb eines Jahres stieg die Risikobewertung von 20 auf 72 %. Es ist schon paradox: Politisch setzen wir als Land auf die Verstromung industrieller Prozesse. Dafür benötigen wir Unmengen an sicherem und preisgünstigem Strom, verknappen jedoch zugleich unsere Erzeugungskapazitäten. Diese Logik erschließt sich auch bei längerem Nachdenken nicht wirklich.“  

Positive Investitions- und Beschäftigungspläne

30 % der Unternehmen wollen in den kommenden Monaten ihre Investitionen steigern (Herbst 2020: 13 %). In der Industrie ist die Investitionsbereitschaft so positiv wie seit drei Jahren nicht mehr. Die Beschäftigungsprognose verbessert sich ebenfalls deutlich. 22 % der Firmen planen eine Personalaufstockung, nur 10 % einen Abbau. Klaus Gräbener: „Das sind gute Nachrichten. Wer investiert, glaubt an die eigene Zukunft und setzt zugleich auf den heimischen Standort. Wer Leute sucht, signalisiert dasselbe. Hoffentlich verstetigt sich dieser positive Trend in den kommenden Monaten.“ 

Materialverfügbarkeit und brüchige Lieferketten nach wie vor problematisch

In großen Teilen der Industrie überwiegen zwar weiterhin die positiven Meldungen. 46 % der Firmen beurteilen ihre derzeitige Geschäftslage als gut (Frühjahr: 42 %), 19 % als schlecht (Frühjahr: 14 %). Die Zukunftserwartungen trüben sich hingegen ein. 35 % der Industrieunternehmen blicken optimistisch in die Zukunft (Frühjahr: 39 %) und 18 % der Betriebe sind pessimistisch (Frühjahr: 13 %). Felix G. Hensel: „Nahezu jeder zweite Industriebetrieb meldet derzeit einen hohen Auftragsbestand und einen Auslastungsgrad von über 85 %. Allerdings macht sich eine spürbar nachlassende Dynamik bemerkbar. Insbesondere den Unternehmen, die nah am Auto verortet sind, machen die Chipkrise und die damit verbundenen, zumeist sehr kurzfristigen Stornierungen von Aufträgen der Autokonzerne erheblich zu schaffen.“ 

Die angespannte Lage in weiten Teilen der Automobilzulieferindustrie schlägt sich auch bei der Betrachtung der beiden Kreise nieder. Während sich die konjunkturelle Stimmung der Industrieunternehmen aus Siegen-Wittgenstein weiter aufhellt, trübt sie sich im Kreis Olpe ein. Die Materialknappheit und die damit verbundenen Preissprünge treffen die Industrie indessen auf breiter Front. Klaus Gräbener: „Man glaubt es kaum: Die Unternehmen würden gerne mehr produzieren, können es aber nicht, weil Holz, Chips, Schrauben, Steckverbindungen, Dämmstoffe oder was auch immer nicht zu bekommen sind. 91 % der Industriebetriebe klagen derzeit über Lieferengpässe und nahezu jedes Unternehmen meldet steigende Vormaterialkosten. In der heimischen Wirtschaft ist dies eine völlig neue Erfahrung, die man bisher fast ausnahmslos aus sozialistisch verfassten Wirtschaftssystemen kannte.“

Verbesserte Geschäftslage im Bausektor 

Trotz Materialmangels und teurer Baumaterialien bleibt die konjunkturelle Entwicklung der Bauwirtschaft äußerst stabil. Die Beurteilung der Geschäftslage verbessert sich im Vergleich zum Frühjahr sogar. 67 % der Firmen bewerten ihre derzeitige Situation als gut (Frühjahr: 45 %). Die Auftragsbücher im Bausektor sind äußerst gut gefüllt und die Auslastung rekordverdächtig. Neun von zehn Unternehmen melden einen Auslastungsgrad von über 85 %. 

Gegenteilige Stimmungstrends im Handel 

Nachdem die Lagebeurteilung des regionalen Großhandels im Frühjahr auf Rekordniveau lag, fällt sie aktuell ab. 46 % der Großhändler bewerten ihre Lage als gut und 9 % als schlecht. Die Zukunftserwartungen sind aufgrund der Lieferengpässe deutlich pessimistischer. Nur noch 13 % gehen von zukünftig besseren Geschäften aus und 28 % von schlechteren. Der Saldowert der Geschäftserwartung fällt damit um beachtliche 33 Punkte. 

Hingegen fällt die Beurteilung der Geschäftslage im Einzelhandel deutlich besser aus als im Frühjahr. Ein Drittel der Händler bewertet seine derzeitige Geschäftslage als gut, nur 6 % als schlecht. Stephan Häger, Leiter des Referates Konjunktur, Arbeitsmarkt und Statistik: „Lebensmittel laufen nach wie vor bestens, aber auch der Textil- und der Kfz-Handel bewerten ihre derzeitige Lage deutlich besser als noch im Frühjahr zu Zeiten von ,Click and Meet‘, allerdings nicht flächendeckend. Erst wenn alle Beschränkungen wegfallen, bessert sich die Konsumlaune grundlegend.“ 8 % der Einzelhändler erwarten in den kommenden Monaten bessere Geschäfte und 25 % gehen von schlechteren Geschäften aus. Die Befürchtungen sind groß, dass sich in den Herbst- und Wintermonaten das Infektionsgeschehen verschlechtert und erneute Einschränkungen erlassen werden.

Dienstleistungsbranche in einer stabilen Seitwärtsbewegung, Gastgewerbe im Aufwärtstrend

Die Stimmungslage in der regionalen Dienstleistungsbranche bleibt in etwa auf dem guten Niveau des Frühjahres. Stephan Häger: „Vor allem im Verkehrsgewerbe und bei den unternehmensnahen Dienstleistern überwiegen die positiven Meldungen. Aber auch bei den personalen und sonstigen Dienstleistern ist inzwischen der Optimismus zurückgekehrt.“

Im Vergleich zum Frühjahr ist im Gastgewerbe die Stimmung wieder deutlich optimistischer. Vier von zehn Gastronomen bewerten ihre derzeitige Geschäftslage als gut und zwei von zehn als schlecht. Im Frühjahr waren es noch fast 90 %, die eine schlechte wirtschaftliche Situation meldeten. Auch die Zukunftsaussichten haben sich merklich aufgehellt. 30 % erwarten in den kommenden Monaten bessere Geschäfte. Stephan Häger: „Nach der äußerst düsteren Stimmung zu Jahresbeginn kehrte zuletzt eine gewisse Zuversicht zurück. Aber: Die Corona-Pandemie hat tiefe Spuren hinterlassen. Vor allem der Fachkräftemangel hat sich stark verschärft. Vielen Betrieben fehlt es an Personal, sodass sie ihre Angebote oder Öffnungszeiten reduzieren müssen.“

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Ansprechpartner

Stephan Häger

Tel: 0271 3302-315
Fax: 0271 3302400
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