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Nr. 046 „Das Ganze im Blick behalten“ Leiter der Staatskanzlei NRW wirft vor IHK-Vollversammlung einen Blick auf Weg aus der Krise

15.06.2020 | „Wir wollen das Land gestärkt aus der Krise führen, die schon vor der Corona-Pandemie drängenden Zukunftsthemen anpacken und dafür sorgen, dass möglichst viele Investitionen aus dem Konjunkturprogramm des Bundes in Nordrhein-Westfalen verwirklicht werden.“ Nathanael Liminski, Leiter der Staatskanzlei NRW, gab in seinem Vortrag vor der Vollversammlung der IHK Siegen einen sehr persönlichen Einblick in die Entscheidungsabläufe rund um den „Shutdown“. War ursprünglich eine Rede mit einer Dreijahres-Bilanz der schwarz-gelben Landesregierung als Schwerpunkt geplant gewesen, rückte der Staatssekretär aus aktuellem Anlass das politische Handeln angesichts der Pandemie in den Mittelpunkt seiner Ausführungen. Dabei warb er vor den heimischen Unternehmensvertretern eingehend dafür, weiterhin „das Große und Ganze“ im Blick zu behalten. Politik müsse stets abwägen. „Von Beginn an war es der Landesregierung wichtig, alle Eingriffe in die Freiheit der Menschen auf das Notwendige zu beschränken und auf ihre Folgen hin zu hinterfragen, um unnötigen Schaden zu vermeiden“, betonte Nathanael Liminski.


In dem Konjunkturprogramm der Bundesregierung sieht der Staatssekretär grundsätzlich das richtige Signal. Allerdings zeige sich auch, dass es schwierig sei, einer weit verbreiteten „Vollkasko-Erwartung“ entgegenzutreten. Der Staat könne nicht alle Lasten übernehmen. Trotzdem mochte Liminski bei allen Einnahmeausfällen dauerhafte steuerliche Erleichterungen nicht ausschließen, zumal die Corona-Krise in vielen Fragen zu einem nachhaltigen Umdenken führe: „Die Steuerreform bleibt auf der Agenda!“ Statt einer Übernahme von kommunalen Altschulden durch den Bund die Beteiligung des Bundes an den Kosten der Unterkunft zu erhöhen, sei zielführend. „An die Stelle eines Einmal-Effektes ist so eine nachhaltige strukturelle Veränderung getreten. Dies bringt den Kommunen mehr, weil damit auch eine der Ursachen für die Verschuldung angegangen wird“, erklärte Nathanael Liminski.
Von entscheidender Bedeutung bei der Bewältigung der Krise in Nordrhein-Westfalen sind für den Chef der Staatskanzlei die industriepolitischen Leitlinien der Landesregierung, die mit Unternehmen und Gewerkschaften erarbeitet wurden und für alle Ministerien bindend seien. Impulse erhofft sich Liminski unter anderem durch weitere Schritte beim Bürokratieabbau. Dabei verwies er auf die bisherigen „Entfesselungspakete“. Auch in den Bereichen Verkehr und Digitalinfrastruktur könne sich die Bilanz der Landesregierung sehen lassen. Bei der Fachkräftesicherung sei mit dem Azubi-Ticket und dem Modernisierungspakt Berufliche Bildung ein Meilenstein erreicht worden. Lobende Worte fand der Staatssekretär für die regionalen Anstrengungen zur Einrichtung einer Internationalen Schule am Städtischen Gymnasium Olpe.


Der Fachbeitrag der heimischen Wirtschaft zum gemeinsamen Regionalplan für die Region (Märkischer Kreis, Kreis Olpe, Kreis Siegen-Wittgenstein) leiste seinen Teil für die Konzeption neuer Wirtschaftsflächen, lobte Nathanael Liminski. Walter Viegener (Viega Holding GmbH & Co. KG) warb dringend dafür, jetzt bei Gewerbeflächen „Tempo zu machen“: „Wir können und wollen nicht riskieren, dass die Frage ausreichender Gewerbeflächenversorgung und damit die Ansiedlungs- und Erweiterungsperspektiven der Unternehmen irgendwann wieder veränderten politischen Konstellationen auf Landesebene zum Opfer fallen.“ Der Vorsitzende des Industrie- und Verkehrsausschusses der IHK erinnerte beispielhaft an die umfangreichen Verzögerungen in der Entwicklung des Gewerbegebietes „Fernholte“ (Attendorn).


Christian F. Kocherscheidt (EJOT Holding GmbH & Co. KG) fand bei aller Anerkennung der verkehrspolitischen Anstrengungen des Landes auch kritische Worte mit Blick auf die immer wieder neuen Verzögerungen bei der Route 57. Derzeit verschiebe sich der Baubeginn der Südumgehung Kreuztal immer weiter. Offensichtlich sei es in Deutschland unabhängig von politischen Mehrheiten möglich, Infrastrukturprojekte in alle Ewigkeit zu verzögern. „Die bessere Verkehrsanbindung Wittgensteins begleitet mich schon seit meiner Kindheit. Ich hoffe, dass ich die Fertigstellung der Ortsumgehungskette noch erleben werde.“


Breiten Raum nahm in der Diskussion auch die Energiepolitik ein. IHK-Präsident Felix G. Hensel betonte, dass eine verlässliche Energieversorgung angesichts der klimapolitischen Maßnahmen keine Selbstverständlichkeit sei. „Die Frage ist angesichts des nach wie vor hohen Strompreises keineswegs nur für energieintensive Unternehmen drängend!“ Dr. Christopher Grünewald (Gebr. Grünewald GmbH& Co. KG) zeigte sich besorgt, dass der mühsam erzielte Kompromiss zum Ausstieg aus der Kohleverstromung erneut gefährdet werden könnte. „Hier muss sehr genau aufgepasst werden. Während die Industrie unablässig damit beschäftigt ist, die Herausforderungen der Corona-Pandemie zu stemmen, gibt es intensive Bestrebungen von anderer Seite, die Kompromisslinie zu verlassen und in dem aktuell entstehenden gesetzlichen Regelwerk nur die eigenen Ziele umzusetzen.“ Nathanael Liminski sagte zu, dass die Landesregierung die Entwicklungen aufmerksam verfolge. „Es ist erklärtes Ziel in Nordrhein-Westfalen, beim Klimaschutz durch die Abschaltung der ersten Kohlekraftwerke voranzugehen und gleichzeitig für eine sichere Energieversorgung zu kämpfen.“ Um frühzeitig ein objektives Bild darüber zu gewinnen, ob die Energieversorgung sicher ist, sollen „Stresstests“ von neutraler Stelle durchgeführt werden. Hierfür habe sich vor allem die nordrhein-westfälische Landesregierung eingesetzt.


Reinhard Quast (Otto Quast GmbH & Co. KG) sprach mit der Mantelverordnung Ersatzbaustoffe ein drängendes Problem der Bauwirtschaft an: „Demnach muss auch praktisch unbehandeltes Erdreich deponiert werden. Das treibt die Kosten in Höhen, die es der Industrie kaum möglich machen, weiterhin zu bauen. Hinzu kommt, dass Deponiekapazitäten ohnehin kaum noch zur Verfügung stehen.“ Nathanael Liminski sagte zu, die Verhandlungen dazu im Bundesrat eng zu begleiten.

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