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Nr. 049: Kunden verschieben Anschaffungen - IHK-Einzelhandelsausschuss: Shutdown hat erhebliche Auswirkungen auf die stationären Geschäfte

12.5.2021 | Die heimischen Konsumenten sind derzeit optimistisch, stellte Prof. Dr. Hanna Schramm-Klein fest. Das spiegele sich im Anstieg ihrer Konsumneigung wider. Allerdings sorgten die Corona-Schutzbeschränkungen dafür, dass die Kunden dieser gestiegenen Kauflaune nicht voll und ganz nachgehen könnten. „Wir erwarten, dass die Kunden gewisse Anschaffungen in eine Zeit nach Corona verschieben“, zeigte die Inhaberin des Lehrstuhls für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Marketing und Handel, der Universität Siegen jetzt im Einzelhandelsausschuss der IHK Siegen auf. „Nur so ist zu erklären, dass zwar Käufe getätigt, aber die finanziellen Möglichkeiten nicht voll ausgeschöpft werden.“ Das zeige auch, dass digitale Angebote wie Click & Collect kein Allheilmittel für den stationären Einzelhandel seien. „Insgesamt ist diese Entwicklung aber als ein gutes Signal für den stationären Einzelhandel zu bewerten.“

Grundsätzlich habe der Pandemieausbruch im vergangenen Jahr dazu geführt, dass die Einkaufshäufigkeit zurückgegangen sei, erklärte Hanna Schramm-Klein. Wie und ob diese Beobachtung Stadtteil- und Ortszentren verändern wird, könne noch nicht abschließend gesagt werden. Positiv stimme in jedem Fall, dass über alle Altersgruppen hinweg die Menschen immer noch am liebsten in stationären Geschäften einkauften. Allerdings haben sich laut der Handelsexpertin die Erwartungen an die ortsansässigen Händler verändert. Digitale Sichtbarkeit ist hier das entscheidende Schlagwort. Kleine und mittlere Handelsunternehmen verkaufen und kommunizieren aber oftmals über traditionelle Wege, was sich besonders in Pandemiezeiten zum Nachteil auswirken könne. „Im Laufe der Pandemie haben die Verbraucher eine deutliche Fokussierung in Bezug auf regionale Anbieter entwickelt“, so Hanna Schramm-Klein. „Nichtsdestotrotz wägen Kunden bereits zu Hause ab, ob sich die Anfahrt lohnt.“ Kunden, die beispielsweise keine Informationen online dazu fänden, zu welcher Uhrzeit ein Ladengeschäft geöffnet sei oder wie aufgrund der Corona-Schutzmaßnahmen dort eingekauft werden könne, tätigten ihre Besorgungen über andere Kanäle, warnte sie. Diese Basisinformationen über eine eigene Website, einen Suchmaschinenanbieter oder Social-Media-Kanäle zur Verfügung zu stellen, gehöre mittlerweile zum Standard und werde auch in Zukunft eine wichtige Rolle für die Auffindbarkeit spielen.

Hanna Schramm-Klein empfahl den Ausschussmitgliedern, am eigenen Standort mit allen Akteuren zusammenzuarbeiten. „Zentren sind für Menschen attraktiv, da sie dort eine räumliche Angebotsballung vorfinden, die viele Aktivitäten ermöglicht.“ Bezogen auf den stationären Einzelhandel bedeute dies, dass jeder ansässige Händler seinen Teil zu einer optimalen Handelsstruktur beitrage und das zur Verfügung stehende Standortsortiment erweitere. „Wettbewerber sind nicht in erster Linie auf der anderen Straßenseite zu finden, sondern verstärkt im Internet.“

Im Internet noch wenig repräsentiert ist der Lebensmitteleinzelhandel, wie Jörg Dornseifer, Inhaber der Friedhelm Dornseifer GmbH & Co. KG in Wenden, aufzeigte. Er setzt unter anderem auf einen Abholservice. Bemerkenswert: Der Einkaufswert eines Warenkorbs, der über dieses Serviceangebot bestellt werde, ist höher als der Wert eines normalen Durchschnittseinkaufs. „Trotzdem gehen die Kunden beim Abholen ihres Warenkorbs noch in den Markt, um weitere Artikel zu kaufen.“ Während des ersten Shutdowns im Frühjahr 2020 habe beispielsweise der Abholservice im Markt in Olpe ein Umsatzplus von etwa 500 % erwirtschaftet. Jörg Dornseifer: „Dennoch macht das Angebot nur 1,5 % des Gesamtumsatzes aus.“ Generell hänge es von der Komplexität eines Sortimentes ab, ob ein stationärer Händler dieses auch komplett online abbilden könne.

Thomas Weissner, Geschäftsführender Gesellschafter der Leder Jaeger GmbH in Siegen, pflichtete dieser Aussage bei. Seine Erfahrung zeige, dass Produkte wie Schulranzen mit entsprechenden Informationen durchaus gut online zu verkaufen seien. Allerdings büße der Non-Food-Handel derzeit einen Großteil seiner Umsätze ein, da es Spontankäufe im Internet seltener gebe. Echte Emotionen, die einen Kaufimpuls auslösen, könnten nicht eins zu eins digital vermittelt werden. Ausschussvorsitzender Wolfgang Keller, Inhaber der Autohaus Keller GmbH & Co. KG in Kreuztal, bestätigte die Zurückhaltung der Privatkunden auch in der Automobilbranche. Auch umfangreiche Social-Media-Aktivitäten könnten die Zurückhaltung der Konsumenten nur begrenzt reduzieren.

„Auffindbarkeit im Internet“ und „Online-Handel“ sind das eine. Wie aber steht es um das Thema „Einkaufserlebnis schaffen“? Alexander Kremer, Geschäftsführender Gesellschafter der Garten-Center Kremer GmbH in Lennestadt, stellte hierzu die Philosophie seines vor 13 Monaten eröffneten Naturgartencenters vor. Ziel sei es von Anfang an gewesen, „keinen weiteren Pflanzensupermarkt“ zu eröffnen, sondern „ein kleines, grünes Ausflugsziel“ zu erschaffen. Das gelte für das gesamte Naturgartencenter, das sich minimalistisch und reduziert als Tor zwischen Landstraße und Lenneaue einfüge. „Wir brauchen allein deutlich mehr Besucher von außerhalb, um überhaupt wirtschaftlich zu sein“, gab Alexander Kremer unumwunden zu. Zu dem Gesamtkonzept gehörten am Standort Altenhundem ein Café, ein Gartenmuseum, ein Naturspielplatz sowie ein Naturpfad, dessen 28 Stationen auf dem Gelände des Gartencenters von Groß und Klein entdeckt werden können. Die gesamte Ausstellungsfläche sei als „begehbares Instagram – jeder Meter ein Fotomotiv“ ausgelegt und wird von den „Naturtalenten“ für Social-Media-Aktivitäten genutzt. Alexander Kremer: „Das Thema ‚Natur‘ ist Unterhaltung und soll nicht als Belehrung vermittelt werden.“ Und eine Möglichkeit, die Kaufzurückhaltung in dieser Branche auf Strecke zu überwinden.

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