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Nr. 092: Digitaler Ausbau und schnellere Genehmigungsverfahren: Olpes Kreisdirektor Philipp Scharfenbaum stellt heimischen Unternehmen Agenda vor

12.11.2021 | „Wir können jeden Tag darauf warten, dass die Regierung Gesetze zur Beschleunigung von Genehmigungsverfahren auf den Weg bringt. Wirkungsvoller ist, dass wir selbst alles dafür tun, damit Anträge schneller bearbeitet werden können“, hob Philipp Scharfenbaum vor rund 40 Unternehmensvertretern beim Olper Stammtisch der IHK Siegen im Hotel Sangermann (Oberveischede) hervor. IHK-Präsident Felix G. Hensel, der die Veranstaltung moderierte, wünschte dem neuen Kreisdirektor im Namen der heimischen Wirtschaft ein erfolgreiches Wirken. Dieser hatte das Amt am 1. März von seinem Vorgänger Theo Melcher übernommen. In seinem Vortrag ging der 39-jährige Jurist auf die strategischen Schwerpunkte seiner Arbeit für den Kreis Olpe in den kommenden Jahren ein, zu denen neben den Herausforderungen des Klimawandels auch der demografische Wandel und der Ausbau der Digitalisierung gehörten.

Für den Kreis Olpe erläuterte der Kreisdirektor eine personelle Verstärkung im Genehmigungsbereich, unter anderem bei sogenannten Verfahren nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz. „Im Kreisgebiet gibt es 22 Windenergieanlagen im Bestand. Derzeit liegen Anträge für die Errichtung von 39 weiteren Anlagen vor. Wenn man bedenkt, dass im Laufe des Verfahrens jeweils rund 50 weitere öffentliche Stellen um Stellungnahme gebeten werden müssen, wird deutlich, warum es wichtig ist, den Aufgabenbereich personell zu stärken.“ Nur so könnten Verfahren im vorgegebenen Rahmen schneller und rechtssicher durchgeführt werden. Denn: Der gesetzliche Rahmen für viele Verfahren gehe häufig auf EU-Recht zurück, sodass die Bundesregierung unmittelbar gar nicht eingreifen könne, gab Philipp Scharfenbaum zu bedenken. Auch der Aufgabenbereich des Hochwasserschutzes solle gestärkt werden. Ziel sei zudem, die Emissionen der Kreisverwaltung, der Kreiswerke und der Deponien weiterhin nachhaltig zu reduzieren. Um eine Plattform für eine möglichst breite lokale Vernetzung beim Klimaschutz zu schaffen, werde derzeit gemeinsam mit den Kommunen die Einrichtung einer „Klimaagentur im Kreis Olpe“ geplant. Diese soll als Mitglieder auch die heimischen Energieversorger, die örtliche Wirtschaft und Handwerkerschaft sowie interessierte Bürger gewinnen.

Den digitalen Ausbau sieht der Kreisdirektor kreisweit in vollem Gange: Ziel sei es, bis 2024 alle kommunalen Gewerbegebiete mit Glasfaser zu versorgen. Innerhalb der Verwaltung sollen zudem die Möglichkeiten des e-Government weiter ausgeschöpft werden. Allerdings warnte Philipp Scharfenbaum auch vor allzu überzogenen Erwartungen: „Bei einigen Aufgaben verkomplizieren gesetzliche Rahmenbedingungen einen elektronischen Datenverkehr, bei wieder anderen ist die Verwaltung an vorgegebene Fachanwendungen gebunden. Um bestehende Systeme zu verändern, sind wir in diesen Fällen auf andere Akteure angewiesen.“ Für die Kreisverwaltung werde es zuweilen schwieriger, Fachkräfte zu gewinnen, insbesondere Ingenieure und Techniker. Auch aus diesem Grunde setze sich der Kreis für die Stärkung weicher Standortfaktoren ein und engagiere sich beispielsweise im heimischen Tourismus sowie bei der Errichtung entsprechender Infrastruktur vor Ort.

Mit den möglichen Auswirkungen des „Green Deals“ auf die Kreditvergabe für die mittelständische Wirtschaft stand ein weiteres wichtiges Thema auf der Tagesordnung des Unternehmergespräches. Wilhelm Rücker, Vorstand der Sparkasse Olpe-Wenden-Drolshagen, zeigte dabei auf, wo die Chancen und Gefahren des EU-Aktionsplanes für nachhaltige Finanzen liegen. Hintergrund ist das Ziel der EU, bis 2050 emissionsfrei zu werden. Mit einer Transformation des Wirtschaftens sollen die Lebensgrundlagen besser geschützt werden. „Hierzu bedarf es erheblicher Investitionen, um dringend notwendige Innovationen zu ermöglichen. Es werden völlig neue Marktchancen entstehen, aber auch eine zunehmende Transparenz über die Nachhaltigkeit von Unternehmen erforderlich werden“, erläuterte Wilhelm Rücker.

Konkret sollen die Gelder von Banken, Versicherungen und Fondgesellschaften daher an Nachhaltigkeitskriterien ausgerichtet werden. Das zentrale Instrument sind die „Taxonomie-Verordnung“ und die hierin festgelegten Umweltziele: Klimaschutz, Anpassung an den Klimawandel, nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressourcen, Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft, Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung sowie Schutz und Wiederherstellung der Biodiversität und Ökosysteme. „Im Grunde muss jegliche wirtschaftliche Tätigkeit auf diese Umweltziele überprüft werden. Wenn sie mindestens einem Ziel dient und kein anderes negativ beeinflusst, ist eine Nachhaltigkeit gegeben“, betonte der Finanzexperte. Bislang sei die Konzeption für den Aktionsplan noch nicht endgültig; erst zwei der sechs Umweltziele seien hinreichend definiert worden. Wichtig sei, dass die Wirtschaft in die Taxonomiegestaltung eingebunden werde, ausreichende Umsetzungsfristen vorgesehen, keine Wirtschaftszweige ausgeschlossen und Unterstützung für Banken und Unternehmen vorgesehen würden. Entscheidend sei zudem, dass die Umsetzung europaweit einheitlich erfolge.

Wilhelm Rücker: „Die Banken und Sparkassen sind vorbereitet. Aber: Die Vorgaben bringen umfangreiche Meldepflichten mit sich. Bei allen Chancen für eine nachhaltige Wirtschaft ist die Gefahr eines neuen ‚Bürokratie-Kraken‘ durchaus gegeben.“ Damit, so Felix G. Hensel, habe Wilhelm Rücker eines der Top-Themen für die neue Bundesregierung angesprochen. Jüngste Umfragen zeigten, dass die überbordende Bürokratie der größte Hemmschuh für wirtschaftliches Handeln sei: „Hier muss es zu einschneidenden Veränderungen kommen, denn die bisherigen Bemühungen im Kampf gegen die Überregulierung haben aus Sicht der heimischen Wirtschaft bislang nicht den erwünschten Erfolg gezeigt!“

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